Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
knetete ihre Finger wie eine Pianistin vor einem Konzert.
Ohne auf das Klingeln verschiedener Telefone, die Gespräche der Kollegen und das allgemeine Treiben um sich herum zu achten, saß sie vor ihrem metallenen Tisch und drosch auf die Tastatur ihres Computers ein. Sie wusste, am besten sähe sie sich erst einmal die Einträge im Grundbuch an. Wenn sie den Eigentümer des Theaters fände, könnte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn dann fände sie ganz sicher auch heraus, wer der geheimnisvolle Fremde war. Normalerweise hätte sie einen Namen finden müssen, indem sie Einsicht in die Unterlagen des Finanzamts nahm, in diesem Fall jedoch stieß sie einzig auf den Namen einer gemeinnützigen Gesellschaft, deren Ziel der Erhalt und die Restaurierung historischer Gebäude für kulturelle Zwecke war. Sie müsste also tiefer graben, damit sie den ursprünglichen Eigentümer fand.
Mehr zum Spaß gab sie die Worte Imperial Theater und San Antonio in eine Suchmaschine ein.
»Gott und Al Gore sei Dank fürs Internet.« Das fahle Licht ihres Computermonitors fiel auf ihr lächelndes Gesicht. Die Kiste zeigte sage und schreibe 360.000 Treffer an.
Becca versuchte es mit ein paar anderen Anfragen, grenzte ihre Suche langsam, aber sicher immer weiter ein, und schließlich machte ihre Beharrlichkeit sich tatsächlich bezahlt.
»Bingo.«
In einem alten Zeitungsarchiv fand sie einen Artikel über die Klassifizierung des Imperial als historisches Gebäude. Plötzlich konnte Becca sich daran erinnern, dass sie den Artikel schon gelesen hatte, als er erschienen war. Vor weniger als einem Jahr hatten der Bürgermeister und die Elite von San Antonio sich aus diesem Anlass dort versammelt, wie man auf einem der Fotos des sonnenbeschienenen Theaters sah. Während vorne auf der Treppe jede Menge lächelnder Gesichter abgebildet waren, entdeckte sie im Hintergrund einen Mann mit dunklen Augen, der allein im Schatten des Theatereingangs stand.
Er sah alles andere als glücklich aus.
Zwar wurde ihr geheimnisvoller Fremder nicht namentlich erwähnt, doch war das Foto eine erste Spur. Sie suchte in dem Artikel nach dem Namen eines Menschen, der als ›Gönner‹ des Theaters angesehen werden konnte, und nickte bereits nach den ersten Sätzen zufrieden mit dem Kopf.
»Hab ich dich erwischt. Ich würde sagen, dass der Eigentümer des Theaters ganz bestimmt eine besondere Beziehung zu dem Kasten hat.« Ihr Erfolg zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, das jedoch, als sie den Namen las, sofort wieder verschwand. »Hunter Cavanaugh. Danke für die Warnung, Kumpel. Als du behauptet hast, er wäre mächtig und gemein, hast du ganz eindeutig keinen Spaß gemacht.«
Cavanaugh hatte sowohl im Positiven wie im Negativen einen beachtlichen Ruf. Auf den ersten Blick erschien er wie ein einflussreiches Mitglied der Gemeinde mit weitreichenden politischen Beziehungen. Sie hatte keine Ahnung, wie weit diese Beziehungen tatsächlich reichten. Irgendwie hatte Cavanaugh altes Geld der Familie in ein internationales Konglomerat in der Reisebranche investiert.
Habe ich plötzlich etwa Glück? Becca starrte auf das archivierte Foto auf ihrem Computermonitor und sah in die Augen von Hunter Cavanaugh.
»Ich glaube nicht an Zufälle.«
Da Cavanaugh das Imperial einer gemeinnützigen Gesellschaft überlassen hatte und der Titel dadurch an diese Organisation übergegangen war, hatte sie es bei der Brandstiftung offenkundig nicht mit einem Versicherungsbetrug zu tun. Natürlich musste sie die Einzelheiten noch genauer überprüfen, aber der Mann hätte es gar nicht nötig, auf betrügerische Weise eine Versicherungssumme zu kassieren, da er bereits sehr wohlhabend war.
Als Nächstes gab Becca die Namen Cavanaugh und Global Enterprises in den Computer ein, landete mehrere Treffer und druckte diverse Pressemitteilungen, Steuerunterlagen und Zeitungsartikel über die drei Jahre zurückliegende Fusion zwischen Cavanaughs Reiseagentur und Global Enterprises aus.
»Was haben wir denn hier?«
Sie runzelte die Stirn, und ihr klappte die Kinnlade herunter, als sie auf den Bildschirm sah. Abermals entdeckte sie im Hintergrund eines Fotos aus einer Zeitung ein inzwischen bekanntes, schmollendes Gesicht. Die Augen hätte sie überall erkannt. Nur dass auf diesem Bild nicht Hunter Cavanaugh, sondern ein anderer eleganter Anzugträger im Vordergrund zu sehen war.
»Du kommst ganz schön rum, mein Freund.«
Nachdem sie den Artikel überflogen hatte,
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