Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
wiederzuerlangen, stiegen in ihren Augen heiße Tränen auf.
Becca war von dieser plötzlichen Veränderung der bisher so zähen jungen Frau vollkommen überrascht.
»In einen Mercedes? Ich kenne niemanden mit einem solchen Wagen und habe auch noch nie jemanden gekannt. Was hat das alles zu bedeuten, Detective?« Eine Träne kullerte ihr über das Gesicht, doch sie wischte sie eilig fort. »Hören Sie, ich sage die Wahrheit. Ich weiß nichts von Isabel und einem Mercedes.«
So schnell gab sich Becca nicht geschlagen. Sie setzte den Bluff fort.
»Und Ihr Freund, der mit der Vorliebe für teure Schlitten? Ich nehme an, auch der hat nie einen so teuren Wagen gefahren.«
»Ich weiß nicht, mit wem Sie geredet haben, aber ich habe niemals einen Freund gehabt, der so viel Kohle hat. Sehen Sie mich an … sehen Sie sich diese Bude an. Ergibt das für Sie vielleicht irgendeinen Sinn?«
Sonja ließ die Schultern hängen, schlurfte wieder Richtung Couch, ließ sich in die Polster sinken und vergrub den Kopf zwischen den Händen.
Das Mädchen hatte recht. Hatte Rudy sie vielleicht belogen, als er behauptet hatte, dass es eine Verbindung zwischen Cavanaugh und seiner Schwester gab? Aber was hätte er damit bezweckt?
»Damals bin ich ab und zu mit irgendwelchen Jungen ausgegangen, aber ich hatte keinen festen Freund. Ich war nicht gerade der extrovertierte Typ. Ich verstehe das alles nicht. Was hat das alles mit Isabel zu tun?«
Ihr zuvor hartes Gesicht drückte ehrliche Besorgnis aus. Sie sah vollkommen verloren aus, und so nahm Becca abermals neben ihr auf dem Sofa Platz.
»Ich versuche herauszufinden, was vor ihrem Verschwinden geschehen ist. Worum ging es bei dem Streit zwischen Isabel und Ihnen?«
»Bei was für einem Streit?«
»Sie haben gesagt, dass Sie sich auseinanderentwickelt hätten, so etwas ist meistens Folge eines Streits.« Becca sah sie lächelnd an. »Meine Schwester und ich haben uns …« Eilig brach sie wieder ab. »Erzählen Sie mir, was zwischen Ihnen beiden vorgefallen ist.«
»Da gibt's nichts zu erzählen, außer …« Sie sah Becca nicht an, doch ihr Make-up und ihre Tränen hinterließen schwarze Spuren in ihrem Gesicht.
»Ich höre.« Becca rückte noch ein wenig näher an die junge Frau heran.
»Hören Sie. Isabel und ich waren Freundinnen, bis sie …« Sonja nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette, blies den Rauch in Richtung Decke und fuhr sich mit ihren schlanken Fingern durchs Gesicht. »Ihre Mutter ist echt lieb. Ich will nicht, dass sie was davon erfährt.«
»Wovon?«
Sonja beugte sich ruckartig vor, drückte ihre Zigarette auf einem schmutzigen Teller aus, ließ sich wieder gegen die Kissen sinken und setzte mit unglücklicher Stimme an: »Sie müssen das verstehen. Kids wie wir sehen nur selten mal ein bisschen Kohle. Der Gedanke an das Geld war einfach verführerisch. Ich dachte sogar, dass ich vielleicht aufs College gehen kann. Was war ich damals doch für eine naive Träumerin«, fügte sie im Ton größter Verbitterung hinzu.
»Wofür hätten Sie Geld bekommen sollen oder wofür haben Sie es bekommen?«
»Ich will keinen Ärger kriegen.« Sonja wandte sich ab, wieder strömten Tränen über ihr Gesicht. »Niemand darf jemals etwas davon erfahren.«
Becca griff spontan nach ihrer Hand. »Sprechen Sie mit mir. Erzählen Sie mir, was passiert ist, Sonja«, sprach sie die junge Frau absichtlich beim Vornamen an.
Lautes Donnergrollen mischte sich mit leisem Schluchzen. Sonja entzog ihr ihre Hand und sah plötzlich zart und zerbrechlich aus.
Sie schlang sich die Arme um den Bauch und kehrte in die Vergangenheit zurück.
»Hat jemand versucht, Sie als Prostituierte anzuheuern, Sonja?«
Becca ging ein Wagnis ein, denn eine derart suggestive Frage war bei einem Gespräch mit einer Zeugin nicht erlaubt. Doch um herauszufinden, was geschehen war, legte sie der jungen Frau die mögliche Antwort in den Mund.
Schließlich nickte Sonja, fuhr sich mit dem Ärmel ihres Hemdes über das Gesicht und sah Becca aus roten, verquollenen Augen an.
»Wer?« Gespannt beugte sich Becca vor. »Wer hat Ihnen das angetan?«
Sicher fiele gleich der Name Hunter Cavanaugh.
Becca hielt erwartungsvoll den Atem an.
Sie hatte das Gefühl, dass die Zeit sich endlos in die Länge zog.
Schließlich aber holte Sonja krächzend Luft und stieß flüsternd aus: »Isabel Marquez.«
Hinter der Jalousie zuckte ein greller Blitz, gefolgt von einem neuerlichen lauten Donnerschlag. Becca
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