Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
habe ich tatsächlich im Finanzbereich gewirkt. Ich habe für Joe nach Investitionsmöglichkeiten gesucht. Nach Wegen, auf denen er sein Geld ausgeben kann.«
»Geldwäsche?«
»Ich habe immer nur nach legitimen Unternehmen oder Immobilien gesucht, die er kaufen oder verkaufen kann. Davon abgesehen weiß ich nicht, wie seine Finanzen geregelt sind. Ich habe lediglich sein Nettovermögen optimiert.«
»Dabei hast du dich anscheinend auf feindliche Übernahmen spezialisiert. Weshalb solltest du sonst eine versteckte Waffen tragen?«, erwiderte sie halb im Scherz.
»Das kann ich erklären. Das war Joes Idee. Er sagt immer, dass ein Mann sich verteidigen können muss. Was man angesichts seiner beruflichen Karriere gut verstehen kann.« Diego grinste und schüttelte den Kopf. »Joe hat mein Training organisiert und dafür gesorgt, dass ich mit Waffen umgehen kann. Ein paar von seinen Männern haben mir den Nahkampf beigebracht. Verdammt, eine Zeit lang haben Joe und ich sogar zusammen trainiert, bis der Wohlstand seinen Bauch anschwellen lassen hat. Bisher war dieses Training für mich nichts als eine gute Übung, eine Art zu lernen, meinen Geist und meinen Körper zu beherrschen. Ich hätte nie gedacht …« Er brach ab und sah sie an. »Macht es dir etwas aus, wenn ich dir eine Frage stelle?«
Plötzlich hatte sich das Blatt gewendet. Sie räusperte sich leise und setzte ein, wenn auch gezwungenes, Lächeln auf. »Ich glaube, damit komme ich zurecht.«
»Vertrauen ist ein Geschenk, das man sich gegenseitig machen muss. Vertraust du mir, Rebecca? Wenn ja, würde ich gern mehr von deiner Schwester hören.«
Becca musste schlucken. In der Hoffnung, dass er sie noch mal vom Haken ließe, blickte sie ihn flehend an. Doch er wartete einfach weiter schweigend ab.
Sie hatte keine Ahnung, womit sie beginnen sollte, und so fing sie einfach ohne nachzudenken an. Was ein Zeugnis ihres neu entwickelten Vertrauens zu ihm war.
»Als sie noch ein kleines Mädchen war, hat Dani zu mir aufgeblickt. Was irgendwann vorbei war. Ich habe ihre Liebe immer als gegeben genommen und sie nicht weiter beachtet, als wäre sie egal. Ich war immer zu beschäftigt, um auf meine Schwester einzugehen.«
Sie stand auf, und trat mit ihrem Glas und der halbvollen Flasche vor die Couch. Als sie Diego winkte, kam er ebenfalls herüber und setzte sich neben sie.
»Jetzt wünschte ich, ich hätte viel mehr Zeit mit ihr verbracht. Ich hatte niemals eine Chance, die Dinge zwischen uns geradezurücken, und jetzt ist sie tot.«
»Was würdest du anders machen, wenn du eine zweite Chance bekämst?«
»Ich würde meine Welt an der Sache ausrichten, die wirklich wichtig ist … nämlich meiner Familie. Dabei würden Momma und Dani ganz oben auf der Liste stehen.« Eine Träne rollte über ihre Wange, und sie starrte reglos in ihren Wein. »Ich fühle mich so verloren ohne sie. Meine Mutter ist innerlich tot, sie ist vor Trauer wie gelähmt, ich finde einfach keinen Zugang mehr zu ihr. Sie braucht oder sie will mich nicht. Ich schäme mich entsetzlich für meine Rolle in dem ganzen Spiel. Und jetzt finde ich noch nicht mal Danis Mörder.«
»Du darfst dir deshalb keine Vorwürfe machen. Denn wie solltest du ihn finden, während du von den Ermittlungen ausgeschlossen bist?« Er hob ihre Hand an seinen Mund, küsste zärtlich ihren Handballen und bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. »Aber ich glaube daran, dass man immer eine zweite Chance bekommt. Und die Menschen, die wir lieben? Wir tragen sie in unseren Herzen. Sie sind ein Teil von uns und machen uns zu denen, die wir sind.«
Er drückte ihre Hand, wodurch sich ein Teil von seiner Stärke auf sie übertrug. Becca schloss die Augen und atmete getröstet ein. Einen Augenblick spürte sie die Liebe ihrer kleinen Schwester und sah sogar ihr lächelndes Gesicht. Gott, es fühlt sich gut an, nicht mehr vollkommen allein zu sein.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie ihn in einem völlig neuen Licht. Wie könnte ein Mensch, der sie betrügen wollte, solche Worte finden? Er hatte ihr sein Innerstes gezeigt, hatte ihr freimütig von sich erzählt. Sein ganzes Leben war auf der Familie aufgebaut, etwas, worum sie ihn beneidete. So, wie er es formulierte, klang es furchtbar leicht.
»Du bist eine starke Frau, Rebecca«, stellte er mit ruhiger Stimme fest. »Aber diese Stärke wird dadurch definiert, wie du die Lasten deines Lebens trägst. Du solltest dich niemals dafür schämen, dass du
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