Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
das gemütliche Beisammensein nur von kurzer Dauer war. Diego war aus völlig anderen Gründen hier. Und auch wenn er offensichtlich ausnehmend geduldig war, war Becca das nicht. Und das merkte er ihr überdeutlich an.
»Deine Neugier bringt dich beinahe um, nicht wahr?«, wollte er lächelnd von ihr wissen, bevor sie eine Antwort geben konnte, bot er an: »Also los. Frag mich alles, was du fragen willst.«
»Ist Diego Galvan dein richtiger Name?«
Er starrte sie durchdringend an. »Ja. Oder, um genau zu sein, der Mädchenname meiner Mutter.«
»Warum machst du ein solches Geheimnis um deine Vergangenheit? Man könnte fast den Eindruck kriegen, du hättest nie eine Vergangenheit gehabt.«
»Das mache ich wegen Cavanaugh, für den Fall, dass er mich überprüft. Ich wollte nicht, dass er herausfindet, welcher Art meine Beziehung zu Joseph Rivera ist.«
»Zu dem Typ, dem Global Enterprises gehört? Du arbeitest für ihn, nicht wahr?«
»Nicht ganz.« Er stand auf, nahm sein Weinglas in die Hand und trat damit ans Fenster. »Er ist eher so etwas wie ein Vaterersatz für mich.«
Becca lehnte sich verblüfft auf ihrem Stuhl zurück. »Das musst du mir erklären.«
Diego blickte über seine Schulter und bedachte sie mit einem ernsten Blick. Er sah aus, als überlege er, wo er beginnen sollte, und sie wartete schweigend ab.
»Joe hat mich adoptiert, nachdem meine Mutter an Krebs gestorben war. Ich war damals gerade zwölf. Meinen richtigen Vater habe ich nie kennengelernt, und eine andere Familie als meine Mutter hatte ich niemals.«
Er kam wieder an den Tisch, setzte sich neben sie und strich mit seinen Fingerspitzen über ihre Hand.
»Joe hatte sich in meine Mutter Aurelia verliebt. Die beiden wollten heiraten, aber bevor es dazu kam, wurde sie furchtbar krank. Eierstockkrebs.« Er drückte Beccas Hand und atmete tief durch, bevor er weitersprach. »Er hat jede Menge Geld für ihre Behandlung ausgegeben, denn er hat bis zuletzt gehofft, dass eine Heilung möglich war. Aber am Ende hat der Krebs gesiegt. Ohne irgendwelche Verwandten, die mich aufgenommen hätten, wäre ich im Kinderheim gelandet. Aber Joe und ich standen uns damals schon sehr nahe, deswegen hat er mich adoptiert. Er hat mich bei sich aufgenommen, großgezogen und mir eine gute Ausbildung bezahlt. Deshalb würde ich alles für ihn tun.«
»Das mit deiner Mutter tut mir leid, Diego.« Becca konnte seine Trauer nachempfinden. Trotzdem meinte sie, und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme bissig klang: »Ich nehme an, nach ihrem Tod hat Joe dich in die Familiengeschäfte eingeführt.«
»So war es nicht«, fuhr er sie zornig an und zog seine Hand zurück. »Er hat alles getan, um mich aus diesen Dingen rauszuhalten. Bis Draper auf der Bildfläche erschien.«
»Draper? Was hat er getan? Wie konnte er dich als Spitzel rekrutieren, wenn du nicht in Riveras kriminelle Machenschaften verwickelt warst?«
»Ungefähr zu der Zeit, als es zur Fusion zwischen Global Enterprises und Cavanaughs Reiseunternehmen kam, stand eine Anklage gegen Joe wegen organisierter Kriminalität im Raum. Draper hat die Chance genutzt, um eine Organisation, die er des Menschenhandels verdächtigt, zu infiltrieren. Er will Cavanaugh um jeden Preis erwischen. Deshalb hat er mir damit gedroht, Joe bis an sein Lebensende in den Knast zu bringen, wenn ich nicht tue, was er sagt.«
Becca konnte sich daran erinnern, dass sie, als sie Diego überprüfen wollte, auf einen Artikel über die Anklageerhebung gegen seinen Ziehvater gestoßen war. Sie war davon ausgegangen, dass Rivera freigesprochen worden war, denn so hatte es die Zeitung formuliert. Nun aber sah es mit einem Mal so aus, als schwebe diese Anklage wie eine Guillotine über seinem Kopf.
»Er hat dich erpresst? Hatte er denn wirklich etwas gegen Rivera in der Hand?«
»Wohl kaum. Ich glaube nicht, dass Draper sich die Zeit genommen hat, ordentlich zu ermitteln. Er hat einfach Beweise fabriziert und Zeugenaussagen bezahlt. Joe ist ein äußerst vorsichtiger Mann. Natürlich ist er nicht gerade ein vorbildlicher Bürger. Aber es hätte Jahre gedauert, um genug Beweise gegen ihn zu sammeln, damit es für eine Verurteilung reicht. Weshalb Draper offenbar die Abkürzung genommen hat.«
»Warum wollte er gerade dich? Du warst doch nicht mal Teil von Riveras Organisation. Warum hat Draper ausgerechnet dich in die Sache reingezogen?«
»Ich habe keine echten familiären Bindungen, und er wusste ganz genau, wie sehr ich
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