Shadowdwellers: Magnus (German Edition)
Daenaira, und er hatte es kommen sehen.
Sachte, Liebling, sachte , dachte er verzweifelt, während sie die Schwertspitze der Gegnerin mit dem Sai abfing. Sie trat mit dem Fuß gegen die flache Seite des Schwerts und riss es so ihrer Gegnerin aus der Hand. Dann trat sie knurrend auf diese zu, während sie die Sai mit nach außen gerichteten Zacken herumwirbelte. Sie stürzte sich auf Nicoya, warf sie rücklings zu Boden, sodass diese mit dem Kopf aufschlug, was ein unangenehmes Geräusch verursachte. Breitbeinig stand sie über ihr, kniete sich mit voller Wucht auf deren Brust und presste die Schienbeine gegen deren Hände und Arme, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Sie hob beide Sai , bereit, sie ihr in die Kehle zu stoßen.
Sachte!, schrie es in seinem Kopf, weil seine religiösen Regeln es so verlangten und weil die Schüler, die das Drama mitansahen, von dem beeinflusst wurden, was sie als Nächstes tun würde, und auch wegen der Gefahr für ihren eigenen Seelenfrieden.
Daenaira zuckte leicht zusammen, als Magnus’ Stimme in ihrem Kopf brüllte und ihr befahl, innezuhalten. Eine Flut von Dingen, die sie bedenken musste, überlagerten den Blutrausch, von dem sie so vollkommen besessen gewesen war. Wütend darüber, dass sich das Bewusstsein und damit auch Gefühle meldeten, stieß sie einen Kampfschrei aus und ließ die Sai niedersausen. Sie stieß sie links und rechts neben Nicoyas Hals in den Boden, und die gekreuzten Zacken ließen ihr kaum noch Raum zum Atmen, weil sie gegen ihre Kehle drückten.
»Bereue«, presste sie mit nur mühsam bezähmter Wildheit zwischen den Zähnen hervor.
Irgendetwas in Magnus löste sich, als er sie sprechen hörte, und sein ganzer Körper entspannte sich, dass er sich beinahe schwach anfühlte – und das, weil er dieses eine Wort gehört hatte, das ihr über die Lippen gekommen war.
»Fick dich«, erwiderte Nicoya krächzend und spuckte ihrer Gegnerin Blut ins Gesicht.
Das war nicht sehr klug, weil Magnus sicher war, dass Daenaira nicht so gelassen auf eine solche Unverschämtheit reagieren würde wie er.
Doch sie reagierte gelassen.
Einigermaßen jedenfalls.
Sie zog die scharfen Spitzen der Sai aus den Fliesen und stach sie links und rechts neben der Luftröhre schmerzhaft in Nicoyas Kehle. Mit einem kleinen boshaften Lächeln sagte sie: »Ich glaube, du bist diejenige, die hier gefickt ist, du falsche K’ypruti . Jetzt schau in dein dunkles Herz, bevor es ein letztes Mal schlägt, und sieh nach, ob du ein Fünkchen Reue findest, dann können wir vielleicht versuchen, es zu retten. Bereue.«
»Ich bin wehrlos. Wenn du mich tötest, bist du nach dem Gesetz eine Mörderin – schon wieder«, betonte Nicoya. Sie hob absichtlich die Stimme. »So wie du Brendan getötet hast, nachdem du ihn verführt hast und bis zur Erschöpfung auf ihm geritten bist!« Ihre Augen leuchteten triumphierend auf, als sie ein erschrockenes Keuchen hörte. »Du bist die Verräterin. Du hast kein Recht, von mir Reue zu verlangen. Du bist kein Bußpriester!«
»Aber ich bin einer.«
Magnus trat vor, und die schweren Schritte hallten in dem plötzlich so stillen Gang wider. Alle waren gespannt, wie er auf diese verfahrene Situation und auf Nicoyas Anschuldigungen reagieren würde; das konnte er in den Blicken lesen, die auf ihn gerichtet waren. Es kümmerte ihn nicht besonders, was andere in diesem Augenblick über ihn dachten, er hatte andere Sorgen. Sorgen wegen Daenaira. An seinen Händen und an seinen Kleidern war Blut, und er wusste, dass man es trotz der dunkelvioletten Farbe sehen und dass man es riechen konnte, und diejenigen, die den Geruch des jungen Priesters kannten, würden wissen, dass es Brendans Blut war.
Einen Moment lang bemerkte Nicoya Angst, und dann leuchteten ihre Augen triumphierend vor Schadenfreude, als sie das Blut seines Freundes auf seiner Kleidung sah und keine Waffe.
»Daenaira«, sagte er mit rauer Stimme, »ist meine Dienerin und hat die Macht, in meinem Namen Reue zu verlangen.«
Der triumphierende Ausdruck verschwand aus Nicoyas Gesicht, und sie bekam Panik. »Du blinder Idiot! Riechst du es denn nicht?«, kreischte sie. »Den Samen eines anderen Mannes? Sie hat ihn in sich! Ich habe es gesehen! Und dann hat sie ihn mit einem von diesen Sai getötet!«
Magnus ging auf sie zu und spürte, wie Dae bebte, doch er bemerkte auch, dass sie nicht zu ihm aufblicken würde. Sie war ganz auf ihr Opfer konzentriert. Langsam trat er hinter sie und kniete
Weitere Kostenlose Bücher