Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
ausgeschenkt, als ich dich von dieser Bar geholt habe – da war niemand, auf den deine Beschreibung passt.«
Ich zucke mit den Schultern. »Der springende Punkt ist, dass die erste Prophezeiung nicht eintreten kann – dazu ist es zu spät!« Ich gebe ihm die Seite. »Darroc war überzeugt, dass er derjenige ist, der das Amulett benutzen kann. Aber nach seiner Übersetzung könnte auch Dageus oder du gemeint sein. Oder eine ganze Reihe anderer.«
Barrons überfliegt den altirischen Text. »Wie ist er auf die Idee gekommen, dass hier von ihm die Rede ist?«
»Weil da steht: Der, der nicht ist, was er war. Und er war früher ein Feenwesen.«
Er dreht das Blatt um und liest Darrocs Übersetzung, ehe er erneut das Original studiert.
»Darroc hat kein Altirisch gesprochen, als ich ihn unterrichtete, und offensichtlich hat er es nicht besonders gut gelernt. SeineÜbersetzung ist falsch. Es ist ein seltener Dialekt. Da steht: der Besessene. Es kann auch heißen die Besessene. «
»Genau wie in der ersten Prophezeiung.«
Er sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an. Ich brauche einen Moment, um zu verstehen.
»Du denkst, ich bin das?« Irgendwie überrascht mich das nicht. Als hätte ich die ganze Zeit gewusst, dass es letzten Endes darauf hinausläuft: ich gegen das Sinsar Dubh – der Gewinner bekommt alles. Das schmeckt nach Schicksal. Ich hasse das Schicksal. Ich glaube ihm nicht. Unglücklicherweise scheint das Schicksal an mich zu glauben.
Barrons geht zu einem Gewölbe hinter dem Gemälde, das ich vorhin im flackernden Kerzenschein gesehen habe, und holt das Amulett. Es ist dunkel in seiner Hand. Als er sich mir nähert, fängt es an, schwach zu pulsieren.
Ich strecke die Hand danach aus. Bei der ersten Berührung leuchtet es hell auf. Es fühlt sich gut an. Ich wollte es, seit ich es zum ersten Mal gesehen habe.
»Du bist die Wildcard, Mac. Das dachte ich schon von Anfang an. Das Ding hält dich für etwas ganz Besonderes. Genau wie ich.«
Was für ein Kompliment. Ich schließe die Hand um das Schmuckstück. Ich kenne es. Ich gehe in mich, suche. Ich habe heute Nacht so viel gelernt – über ihn und über mich selbst. An diesem Ort fühle ich mich furchtlos. Nichts kann mich erreichen, nichts kann mir großes Leid zufügen. Ich bin ruhiger als seit langem. Ich kann das Amulett einsetzen und den Zauber finden, den Barrons sucht. Ich kann die Qualen seines Sohnes beenden.
Zeig mir, was wahr ist , sage ich und schüttle meine Scheuklappen ab. Ich höre auf, die Wahrheit umformen zu wollen, und lasse sie auf mich zukommen. Wovor wollte ich mich verstecken? Welche Dämonen haben mich belauert und gewartet, dass ich sie in Augenschein nehme?
Ich öffne meinen Geist. Bruchstücke aus einer längst vergessenen Vergangenheit fliegen so schnell an meinem geistigen Auge vorbei,dass ich nur verschwommene Farben sehe. Ich vertraue meinem Herzen – es wird mich dorthin führen, wohin ich muss, und mir sagen, wann ich das Bild anhalten soll.
Der Film verlangsamt sich, wird statisch, und ich bin an einem anderen Ort in einer anderen Zeit. Es ist ganz real, und ich habe würzigen Rosenduft in der Nase. Ich liebe den Geruch, weil er mich an sie erinnert. Ich habe überall Rosen. Ich sehe mich um.
Ich bin in einem Laboratorium.
Cruce ist gegangen.
Ich habe ihm nachgesehen.
Er liebt mich, aber sich selbst liebt er mehr.
Ich fertige das vierte Amulett ohne ihn an. Die ersten drei waren unvollkommen. Dieses ist so, wie ich es haben will.
Es gleicht die Waagschalen zwischen uns aus.
Sie wird so hell am Nachthimmel leuchten wie ich. Giganten paaren sich mit Giganten oder gar nicht.
Ich werde es selbst zu meiner Geliebten bringen.
Ich kann sie nicht zu einem Feenwesen machen, dafür schenke ich ihr all unsere Macht auf andere Weise.
Möglicherweise bin ich ein Narr, weil ich ihr ein Amulett überlasse, mit dessen Hilfe sie Illusionen weben kann, die sogar mich täuschen, aber mein Vertrauen in sie ist grenzenlos.
Meine Flügel streifen den Boden, als ich mich umdrehe. Ich bin riesig. Ich bin einzigartig. Ich bin ewig.
Ich bin der Unseelie-König.
44
D ie Dämmerung kommt kontrastreich und violett.
Das gefällt Dancer. Er ist ein Poet und echt cool mit Worten. Neulich hat er ein Gedicht geschrieben – über mörderische Uhren,die uns tyrannisieren, in der Vergangenheit festhalten und uns daran hindern, das Heute zu leben. Bis vor kurzem hat mich diese Sache aus meiner Vergangenheit die ganze Zeit
Weitere Kostenlose Bücher