Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Wüste – nicht weil er mich hingeführt hat, sondern weil mir das Gesicht seines Sohnes nicht aus dem Kopf geht.
Seine Augen sagen: Ich weiß, dass du den Schmerz aufhältst.
Barrons ist das nie geglückt. Das Leid endet nie – für keinen von beiden.
Das Kind, dessen Tod ihn tief erschüttert hat, richtet ihn seither tagtäglich zugrunde, indem es lebt.
Sterben , hat Barrons gesagt, ist leicht. Ein Sterbender entkommt schlicht und einfach.
Mit einem Mal bin ich froh, dass Alina tot ist. Wenn das Licht für alle kommt, dann kam es auch für sie. Sie ruht irgendwo.
Aber nicht sein Sohn. Und nicht dieser Mann.
Ich drücke meine Wange an seine Brust, um seinem Herzschlag zu lauschen. »Ich hab in letzter Zeit nicht gegessen.«
»Und dein Herz hört dann auf zu schlagen?«
»Es wird schmerzhaft. Irgendwann werde ich mich verwandeln.«
»Was isst du?«, erkundige ich mich vorsichtig.
»Das geht dich nichts an«, erwidert er leise.
Ich nicke. Damit kann ich leben.
Hier unten bewegt sich Barrons anders. Er bemüht sich nicht, irgendwas zu verbergen. Er ist er selbst, scheint eins mit dem Universum zu sein und schwebt förmlich lautlos von Raum zu Raum. Wenn ich nicht genau aufpasse, weiß ich nicht, wo er ist. Er lehnt mit verschränkten Armen an einer Säule und beobachtet mich, und ich denke, er ist die Säule.
Ich erkunde seinen unterirdischen Bau. Ich weiß zwar nicht, wie lange er schon lebt, aber er hat es immer gut gehabt. In eineranderen Zeit an einem anderen Ort war er ein Söldner – wer weiß, vor wie vielen Jahren. Schon damals mochte er schöne Dinge, und sein Geschmack hat sich nicht geändert.
Ich finde seine Küche. Sie ist der Traum eines jeden Gourmetchefs – rostfreier Stahl und alles vom Feinsten. Jede Menge Marmor und wunderschöne Schränke. Der Kühlschrank mit Tiefkühlabteilung ist gut gefüllt. Erstklassige Weine. Ich vertilge Brot mit Käse und stelle mir vor, wie Barrons hier all seine Nächte verbracht hat, während ich mich in mein Zimmer in einer der oberen Etagen des Barrons, Books and Baubles schleppte und allein schlief. Hat er sich hier ein Abendessen gekocht, oder bevorzugt er rohes Fleisch?
Hat er schwarze Magie betrieben, sich tätowiert, oder ist er mit einem seiner vielen Autos weggefahren? Die ganze Zeit war er mir so nahe! Hier unten, nackt in seinem seidenen Bett. Hätte ich das gewusst, wäre ich verrückt geworden.
Er schält eine Mango, und ich frage mich, wie er hier im Nach-Mauern-Einsturz-Dublin an frische Früchte gekommen ist. Die Mango ist so reif, dass ihm der Saft über Hände und Arme läuft. Ich lecke seine Finger ab. Schließlich dränge ich ihn zurück, lege die Frucht auf seinen Bauch und fange an zu essen. Irgendwann sitze ich mit dem blanken Hintern auf dem kalten Marmor der Kochinsel, fühle sein Glied in mir und schlinge die Beine um seine Hüften. Ich bin rasend vor Begierde. Er starrt mich an, als könne er nicht fassen, dass ich hier bin.
Ich sitze auf der Insel, während er ein Omelett zubereitet. Mein Herz und meine Seele sind am Verhungern. Ich verbrenne mehr Kalorien, als ich zu mir nehmen kann.
Er kocht nackt. Ich bewundere seinen Rücken, Schultern und Beine. »Ich habe die zweite Prophezeiung gefunden«, sage ich.
Er lacht. »Warum dauert es immer so lange, bis du mir die wichtigen Dinge erzählst?«
»Das sagt der Richtige«, gebe ich trocken zurück.
Er schiebt den Teller zu mir und drückt mir eine Gabel in die Hand. »Iss.«
Als ich fertig bin, sage ich: »Du hast das Amulett, hab ich recht?«
Er beißt sich auf die Zunge und grinst. Ich bin der größte Schurke und hab alle Spielsachen.
Wir gehen zurück ins Schlafzimmer, und ich hole die Seite aus Mad Morrys Buch und die Tarotkarte aus meiner Jeanstasche.
Er betrachtet die Karte. »Wo hast du die gekriegt?«
»Im Chester’s. Der Junge mit den verträumten Augen hat sie mir gegeben.«
»Wer?«
»Der gutaussehende College-Junge, der hinter der Bar steht.«
Sein Kopf bewegt sich wie der einer Schlange, die gleich zubeißt. »Wie gut aussehend?«
Sein eisiger Blick sagt: Wenn du so ein Leben haben willst, dann verschwinde sofort aus meinem Haus.
»Er ist nichts im Vergleich zu dir, Barrons.«
Er entspannt sich. »Wer ist er? Bin ich ihm schon mal begegnet?«
Ich erkläre ihm, wann und wo, und beschreibe, wie der Junge aussieht. Barrons schüttelt verwirrt den Kopf. »Den habe ich noch nie gesehen. Ein älterer Mann mit starkem irischen Akzent hat Drinks
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