Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Heiligtümer erschaffen, die Konkubine geliebt und den Unseelie Leben eingehaucht. Das war alles ich.
Möglicherweise können Barrons und ich deshalb nicht voneinander lassen. Wir haben beide unsere inneren Monster. »Glaubst du ehrlich, dass das Böse eine Sache der Entscheidung ist?«, frage ich.
»Alles ist eine Sache der Entscheidung. Jeder Moment. Jeder Tag.«
»Ich habe nicht mit Darroc geschlafen. Aber ich hätte es getan.«
»Unwichtig.« Er bewegt sich in mir. »Jetzt bin ich hier.«
»Ich hatte vor, aus ihm herauszulocken, welche einfache Methode er kennt, um mir dann selbst das Buch zu schnappen, weil ich die Welt vernichten und durch eine andere ersetzen wollte; so hätte ich dich zurückbekommen können.«
Er erstarrt. Ich kann sein Gesicht nicht sehen. Er ist hinter mir. Aus diesem Grund bin ich imstande, dieses Geständnis abzulegen. Ich glaube kaum, dass ich das alles hätte sagen können, wenn ich eine Reflexion von mir in seinen Augen gesehen hätte.
Für meine Schwester wollte ich die Welt nicht neu erschaffen. Ich habe sie mein Leben lang geliebt. Ihn kenne ich erst seit wenigen Monaten.
»Hätte ein bisschen anstrengend werden können für deinen ersten Schöpfungsversuch«, sagt er schließlich. Er verbeißt sich das Lachen. Ich gestehe ihm, dass ich die Menschheit für ihn ins Verderben gebracht hätte, und er muss sich zusammennehmen, um nicht zu lachen.
»Es wäre nicht mein erster Versuch. Ich bin ein Profi. Du hast dich geirrt. Ich bin der Unseelie-König«, erkläre ich.
Er bewegt sich wieder. Nach einer Weile dreht er mich zu sich und küsst mich. »Du bist Mac«, sagt er. »Und ich bin Jericho. Nichts anderes zählt. Jetzt nicht und nie wieder. Für mich existierst du an einem Platz jenseits aller Regeln. Verstehst du das?«
Ja.
Jericho Barrons hat mir gerade gesagt, dass er mich liebt.
»Wie sieht dein Plan aus?«, fragte ich viel später. »Wie willst du an den Zauber, den du suchst, herankommen, wenn wir das Buch versiegelt und eingekerkert haben?«
»Die Unseelie haben nie aus dem Kelch getrunken. Alle kennen die erste Sprache. Ich habe ein paar Abmachungen getroffen und einiges in die Wege geleitet.«
Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Manchmal entgingen mir die offensichtlichsten Dinge.
»Aber jetzt habe ich dich.«
»Ich werde das Buch lesen können.« Das war gruselig. Jetzt wusste ich wenigstens, weshalb ich so negativ auf das Sinsar Dubh reagierte. All meine Sünden waren zwischen den beiden Buchdeckeln festgehalten. Und das verdammte Ding verschwand einfach nicht. Ich hatte mich bemüht, meiner Schuldhaftigkeit zu entkommen, und meine Schuldhaftigkeit besaß die Frechheit, ein eigenes Leben anzunehmen und mich zu jagen.
Ich verstand, warum es hinter mir her war. Es musste abgrundtiefen Hass auf mich entwickelt haben, sobald es zu einem fühlenden Wesen ohne Füße, ohne Flügel und Fortbewegungsmittel wurde. Es hatte niemanden – nur mich, und ich verabscheute es. Und da es ich war, liebte es mich auch. Das Buch, das ich geschrieben hatte, war besessen von mir. Es wollte mich verletzen, nicht töten.
Weil es meine Aufmerksamkeit suchte.
Jetzt, da ich mich damit abgefunden hatte, der König zu sein, ergab vieles Sinn.
Ich hatte mich gewundert, dass es mir manche Spiegel so schwer machten, durch sie hindurchzugehen. »Cruces« Fluch, der in Wahrheit von den anderen Unseelie-Prinzen verhängt wurde, hatte mich erkannt und versucht, mich abzustoßen. Logisch, dass ich mich in der schwarzen Festung und der Unseelie-Hölle zurechtgefunden hatte. Dort war ich zu Hause gewesen. Jeder Schritt war instinktiv, weil ich Millionen Mal über diese eisigen Pfade gewandelt war, die Felsen begrüßt und wegen der grausamen Haft meiner Söhne und Töchter geweint hatte. Mir war klar, warum sich dieErinnerungen der Konkubine vor meinen Augen abgespult hatten, während sich der König in eine Nische in meinem Kopf zurückgezogen hatte. Natürlich kannte ich den Befehl, mit dem ich die Tore der Festung öffnen konnte.
Ich mochte der König sein, doch ich war wenigstens der »gute« König. Ich sah mich lieber als König der Seelie, denn ich hatte meine böse Seite ausgelöscht. Der besessene Irre, der mit allem und jedem experimentiert hatte, um seine Ziele zu erreichen, war da draußen in Buchform, nicht in mir, und das war kein kleiner Trost. Ich war das Böse losgeworden – ich hatte eine Entscheidung getroffen, wie Barrons gesagt hatte. Und seither versuchte
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