Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
eine Weissagung glaubst, die irgendeine verrückte Wäscherin der Abtei verfasst hat. Dabei hast du keine Ahnung, was du machen musst, und vertraust darauf, dass das Amulett dir hilft, das Buch zur Unterwerfung zu verleiten. Es ist die ultimative Verführungskunst, und du möchtest improvisieren. Der Plan ist faul. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich vertraue Rowena nicht. Ich vertraue …«
»… niemandem«, ergänzte ich. »Du vertraust keinem, nur dir selbst. Und das ist kein Vertrauen, sondern Selbstgefälligkeit.«
»Keine Selbstgefälligkeit – ich bin mir nur meiner Fähigkeiten bewusst. Und auch meiner Grenzen.«
»Du wurdest von Ryodan und mir auf einem Felsen getötet. Ein klassischer Fall – mit ein bisschen mehr Vertrauen zu mir wäre das nicht passiert.«
Seine Augen wurden schwarz und unergründlich. Ich wollte mich schon wegdrehen, doch dann las ich etwas in diesen Augen: Ich vertraue dir.
Ich kam mir vor, als hätte er mir den Schlüssel zu seinem Königreich geschenkt. Das besiegelte es: Ich konnte alles. »Beweis es mir. Du hast mich seit meiner Ankunft trainiert, um mich stark, klug und robust genug für das zu machen, was getan werden muss. Ich bin durch die Hölle und zurück gegangen und habe überlebt. Sieh mich an. Was hast du gesagt? Sieh mich an. Du hast mich zu einer Kämpferin gemacht. Jetzt lass mich kämpfen.«
» Ich schlage die Schlachten.«
»Du schlägst auch diese Schlacht. Wir ziehen gemeinsam los.«
»Ich soll den Beobachter spielen. Wer fährt das Motorrad, und wer sitzt im Beiwagen? Ich besitze nicht mal eine Maschine mit Beiwagen.« Er blickte traurig in die Tiefen seiner Seele.
»Du bist mehr als ein Beobachter. Du hältst mich im Zaum und führst mich wie damals, als ich als Pri-ya meinen Weg zurück nicht finden konnte. Ohne dich hätte ich es niemals geschafft, Jericho. Ich war verloren, aber dich habe ich immer gespürt. Du hast michgeerdet und meine Drachenschnur festgehalten.« Er hatte sich auf meinen Wahnsinn eingelassen und verhindert, dass ich bis in alle Ewigkeit in geistiger Umnachtung verharrte. Durch reine Willenskraft war es ihm gelungen, mich zu befreien. So würde es immer sein. »Ich brauche dich«, sagte ich schlicht.
Ein Hauch von Rot überschattete seine Augen. Er zog einen Pullover an. »Es ist nicht zu spät«, sagte er rau. »Noch können wir die Welt zur Hölle schicken. Es gibt andere Welten. Viele. Wir nehmen deine Eltern, und wen du sonst noch um dich haben willst, mit.«
Ich musterte ihn. Er meinte es ernst. Er würde mit mir durch die Spiegel gehen und irgendwo anders leben. »Ich mag diese Welt.«
»Manchmal ist der Preis zu hoch. Du bist nicht unbesiegbar. Nur schwer umzubringen.«
»Du kannst mich nicht ewig beschützen.«
Er sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Bist du verrückt? Selbstverständlich kann ich das.
Du bittest mich, so zu leben?
Das Schlüsselwort ist: leben.
Steck mich nicht in einen Käfig. Von dir erwarte ich Besseres.
Er lächelte matt. Touché.
»Wir könnten testen, ob es mit Dageus klappt«, schlug ich vor. »Er ist auch besessen, zumindest sagt man das.«
»Sehr lustig. Nur über meine Leiche.«
»Dann hör auf, gegen Windmühlen zu kämpfen. Du kannst das Amulett nicht benutzen. Bleibe nur noch ich – mit dir an meiner Seite. Das ist die einzige Möglichkeit. Du kannst nicht sterben – ich meine, du kannst es, aber du kommst immer wieder zurück. Und wir wissen, dass das Buch mich nicht töten wird. Wir sind perfekt für diese Aufgabe geeignet.«
»Niemand ist perfekt für den Kampf gegen das Böse. Es ist verführerisch. Wenn wir es finden, wird es dich nach allen Regeln der Kunst umgarnen.«
Dagegen war ich gewappnet. Ich wusste, was mir bevorstand. Ich holte tief Luft und straffte die Schultern. »Jericho, ich habe dasGefühl, als hätte mein ganzes Leben nur zu diesem einen Moment geführt.«
»Das reicht. Das Schicksal ist eine launische Hure. Wir gehen nicht. Zieh dich aus und dann ab ins Bett.«
Ich lachte. »Komm schon, Barrons. Wann bist du jemals vor einem Kampf davongelaufen?«
»Nie. Und andere haben dafür bezahlt. Ich möchte nicht, dass das auch mit dir geschieht.«
»Ich glaube das nicht«, rief ich mit gespieltem Entsetzen. »Jericho Barrons schwankt. Es gibt noch Wunder.«
Die Klapperschlange rasselt in seiner Brust. »Ich schwanke nicht. Ich … äh … verdammt.«
Barrons belügt sich nie. Er schwankte und wusste es. »Schon als ich dich das erste
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