Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Männer mit ›Lord Master‹ ansprachen. Nachdem die Wachmannschaft gegangen und ich allein war, wartete ich, um zu sehen, was sie tun würde, ob sie hereinkommen und uns noch eine Chance geben wollte. Das hat sie nicht getan. Sie flüchtete, und ich folgte ihr mit einigem Abstand. Sie lief stundenlang im Temple-Bar-Bezirk durch den Regen und weinte. Ich wartete, ließ ihr Zeit, um ihre Gedanken zu klären. Menschen denken nicht so schnell wie Feenwesen. Sie haben mit den simpelsten Konzepten die größten Mühen. Es ist erstaunlich, dass ihr nicht …«
»Erspar mir deine überheblichen Sprüche, und ich erspare dir meine«, schnitt ich ihm das Wort ab. Ich habe keine Lust, mir anzuhören, wie er meine Artgenossen verdammt. Das haben seine Leute bereits besorgt – Milliarden Tote. Und das alles nur wegen ihrer kindischen Machtspiele.
Er neigt gebieterisch den Kopf. »Ich ging später zu ihrem Apartment. Ich ertappte sie dabei, wie sie aus ihrem Schlafzimmerfenster auf die Feuertreppe kletterte.«
»Siehst du? Sie hatte Angst vor dir.«
»Sie war verängstigt, ja. Und das machte mich wütend. Ich hatte ihr keinen Grund gegeben, sich vor mir zu fürchten. Ich zog sie zurück in die Wohnung. Wir stritten und kämpften. Ich hielt ihr vor, dass sie ein kleiner, dummer Mensch sei. Sie beschimpfte mich als Monster. Sie behauptete, ich hätte sie reingelegt. Dass alles eine Lüge war. Das stimmt nicht – oder vielmehr am Anfang war es eine Lüge, aber dann nicht mehr. Ich hätte sie zu meiner Königin gemacht. Das hab ich ihr auch gesagt. Und das würde ich auch immer noch machen. Aber sie hat mir nicht zugehört. Sie wollte mich nicht einmal ansehen. Schließlich bin ich gegangen. Aber ich habe sie nicht getötet, MacKayla. Ich weiß genauso wenig wie du, wer das getan hat.«
»Und wer hat ihre Wohnung verwüstet?«
»Ich hab doch gesagt, dass wir gekämpft haben. Unsere Wut war so intensiv wie unsere Lust.«
»Hast du ihr Tagebuch mitgenommen?«
»Ich war dort, um es zu holen, nachdem ich von ihrem Tod erfahren habe. Es war nicht da. Dafür habe ich die Fotoalben mitgenommen. Dabei fand ich ihren Terminkalender und erfuhr, dass ihre ›Freundin‹ Mac in Wirklichkeit ihre Schwester ist. Sie hat mich belogen. Ich bin nicht der Einzige, der ein doppeltes Spiel gespielthat. Ich habe lange genug unter euch Menschen gelebt, um zu wissen, was das heißt: Sie hat von Anfang an gewusst, dass mit mir etwas nicht stimmt. Und trotzdem wollte sie mich. Ich glaube, sie wäre, hätte man sie nicht umgebracht, irgendwann zu mir gekommen und hätte mich aus freien Stücken gewählt.«
Ja , denke ich, sie wäre zu dir gekommen. Mit einer Waffe in der Hand – genau wie ich zu dir kommen werde.
»Ich musste wissen, ob du dieselben Talente hast wie sie. Wärst du nicht nach Dublin gekommen, hätte ich dich zu mir bringen lassen.«
Ich verdaue das und bin wütend. Mir ist es ausgesprochen wichtig, den exakten Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem mein Leben in die falsche Richtung lief. Gerade jetzt möchte ich es wissen.
Er liegt weiter zurück, als ich gedacht habe.
Von dem Moment an, in dem Alina in das Flugzeug nach Dublin gestiegen ist und dem Tag entgegenstrebte, an dem sie Darroc begegnete, gab es keine Hoffnung mehr, dass mein Leben eine andere Wendung nehmen könnte. Die Ereignisse, die mich gefangen nahmen, waren bereits in Gang gesetzt. Ich wäre in jedem Fall auf demselben Weg gelandet, wenn auch vielleicht durch ein anderes Tor. Hätte ich das Verbot meiner Eltern eingehalten und wäre nicht nach Irland geflogen, um den Mord an meiner Schwester zu untersuchen, hätte Darroc dann die Jäger zu mir geschickt? Die Prinzen? Vielleicht hätte er auch Schatten freigelassen, damit sie meine Stadt verschlingen und mich vertreiben?
So oder so wäre ich hier gelandet, in diesem Chaos mit ihm.
»Wegen deiner Schwester habe ich Abstand davon genommen, dir etwas anzutun.«
Mehr als alles andere verblüffen mich diese Worte. Ich stehe wie betäubt da, als sie in meinem Kopf widerhallen, sich widersprechende Gefühle wachrütteln und so hin- und herschieben, bis sie sich nicht mehr widersprechen. Ohne Vorwarnung verlagern sich meine Überzeugungen und nehmen eine andere Position ein. Ihre neuen Standorte erschrecken mich, aber sie bewegen sich mit einersolchen Logik und Selbstverständlichkeit, dass ich erkenne, wie richtig das ist.
Darroc hatte Alina gern.
Ich glaube ihm.
Da war etwas, was ich bisher nie zu meiner
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