Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
gewisse Fragen.
Und andere will ich einfach haben, füge ich im Stillen hinzu und beäuge Darroc skeptisch.
Und sobald ich das Buch in die Hände bekomme und die Dinge verändere, werde ich keine Chance mehr haben, ihn zu fragen. Er wird dann nicht mehr sein, weil ich ihn töten werde. Auf der Stelle – das ist meine einzige Gelegenheit.
»Sie sagte, dass sie versuchen würde, nach Hause zu kommen. Sie hatte jedoch Angst, dass du sie nicht aus dem Land ausreisen lässt«, antworte ich steif. »Sie beschwor mich, das Sinsar Dubh zu finden. Plötzlich klang sie verängstigt und sagte, du würdest auf sie zukommen.«
»Ich? Sie hat meinen Namen genannt? Sie hat gesagt: Darroc kommt?«
»Das brauchte sie nicht. Was sie vorher erzählt hat, deutete darauf hin.«
»Und was war das? Womit hat sie mich so schwer belastet?«
Ich weiß ihre Nachricht nach wie vor auswendig. Manchmal träume ich sie Wort für Wort. »Sie sagte: Ich dachte, er hilft mir, aber – Gott, ich kann nicht fassen, dass ich so dumm war. Ich dachte, er würde mir helfen, aber … Ich hab mir eingebildet, ihn zu lieben, und war überzeugt, dass er nicht einer von ihnen ist, Mac! Er ist einer von denen! Wen hätte sie sonst meinen sollen? Du hast gesagt, dass sie dich liebte. Oder kam da noch jemand infrage, in den sie verliebt zu sein glaubte?«
»Nein! Es gab nur mich. Sie hätte sich nie mit einem anderen abgegeben. Ich hab ihr alles gegeben.«
»Dann verstehst du, warum ich glaube, dass du sie umgebracht hast.«
»Ja, das tue ich – und doch wieder nicht. In deiner erbärmlichen menschlichen Logik gibt es Löcher so groß wie die Jäger.«
Er dreht sich um, geht zu einem Fenster und schaut in den blendendweißen Wintertag. Vereiste Bäume glitzern, als wären sie mit Diamanten beschichtet. Der Pulverschnee funkelt in der Sonne. Die Szene scheint von innen zu leuchten wie die Konkubine selbst.
Aber in mir ist nur Dunkelheit. Ich spüre, wie sie anwächst.
»Bist du ganz sicher, dass dieses Telefongespräch an ihrem Todestag stattgefunden hat?«
Es war kein »Gespräch«, aber das verschweige ich ihm. Obwohl die Garda ihre Leiche erst zwei Tage später gefunden hat, schätzen sie, dass sie etwa vier Stunden nach ihrem Anruf auf meiner Mailbox getötet wurde. Die Rechtsmedizinerin in Ashford meinte, es sei möglich, dass Alina acht oder zehn Stunden nach dem Anruf gestorben ist. Sie sagte, der genaue Todeszeitpunkt sei wegen der Verstümmelungen schwer zu bestimmen. Ich weigere mich, davon zu sprechen, dass sie »angefressen« worden war.
Mit dem Rücken zu mir sagt Darroc: »Eines Morgens folgte sie mir zu dem Haus in der LaRuhe.«
Ich halte die Luft an. Auf diese Worte habe ich gewartet, seit ich meine Schwester identifiziert habe. Ich will wissen, was sie an ihrem letzten Tag gemacht hat. Wo sie war. Wie es zu einem so schlimmen Ende gekommen sein konnte.
»Wusstest du davon?«, hake ich nach.
»Ich esse Unseelie.«
Er wusste es. Natürlich. Unseelie-Fleisch schärft alle Sinne –Hören, Sehen, Schmecken, Tasten. Deshalb macht es so süchtig – und die übermenschliche Kraft ist das Sahnehäubchen oben drauf. Man fühlt sich lebendig, unglaublich lebendig. Alles ist so klar und deutlich.
»Wir waren die ganze Nacht im Bett zugange …«
»ZvI«, knurre ich.
»Du denkst, ich weiß nicht, was das heißt? Alina hat das auch immer gesagt. Zu viele Informationen. Du willst nicht hören, welche Leidenschaft mich und deine Schwester verbunden hat.«
»Es bereitet mir Übelkeit.«
Als er sich umdreht, ist sein Blick eisig. »Ich habe sie glücklich gemacht.«
»Du hast nicht genug auf sie aufgepasst. Selbst wenn du sie nicht eigenhändig ermordet hast – sie ist in deiner Obhut ums Leben gekommen.«
Er zuckt kaum merklich zusammen.
Ich denke: Nett, echt nett – er hat’s echt drauf, diese Emotion vorzutäuschen.
»Ich dachte, sie sei bereit. Ich glaubte, ihre Gefühle für mich würden in einem eurer idiotischen moralischen Konflikte gewinnen. Ich habe mich getäuscht.«
»Also ist sie dir gefolgt. Hat sie dich angesprochen?«
Er schüttelt den Kopf. »Sie hat mich durch ein Fenster im Haus in der LaRuhe gesehen …«
»Die sind schwarz angemalt.«
»Damals waren sie das noch nicht. Das hab ich später gemacht. Sie hat beobachtet, wie ich mich mit meiner Unseelie-Mannschaft getroffen habe, und unser Gespräch belauscht. Es ging darum, dass noch mehr Unseelie freikommen würden. Und sie hörte, dass mich meine
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