Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
eisigen Unseelie-Hölle gab, die er niemals freilassen wollte, dann interessiert mich der Grund dafür, und ich will wissen, was das für ein Geschöpf ist und wie man es töten kann. Wenn es ihm Sorgen bereitet, dann erschreckt es mich zu Tode.
»Achte auf die Böden, MacKayla.«
Ich sehe ihn an. Er hat nicht vor, mir eine Antwort zu geben. Und ich würde nur Schwäche zeigen, wenn ich ihn bedrängte.
Wir setzen unsere gemeinsame Suche fort. Er ist nicht bereit, mich allein zu lassen, und ich habe es nicht eilig, ihn loszuwerden. Von den Ereignissen im schwarzen Flügel habe ich mich immer noch nicht erholt. Ich war unter Erinnerungen verschüttet, und wenn mich Darroc nicht herausgeholt hätte, wäre ich wahrscheinlich niemals imstande gewesen, mich freizukämpfen.
Auf der Jagd nach Barrons hätte ich vermutlich gar nicht entkommen wollen. Ich erinnere mich an die Knochen in der Hall of All Days und an den Strand im Reich der Feen mit Alina. Hätte ich mich damals entschlossen, bei ihr zu bleiben, wäre ich dann letzten Endes verhungert, weil die Speisen und das Wasser dort genauso wenig Substanz haben wie meine Schwester?
Verdammtes Feenvolk mit den teuflischen Illusionen.
Ich verdränge die Erinnerungen an den Sex mit dem König und vor allem mit Barrons. Ich lenke mich mit dem Hass auf den Mann ab, der meine Schwester getötet hat.
War Alina glücklich? Wieder liegt mir die Frage auf der Zunge.
»Sehr«, antwortet er unfreundlich, und ich begreife nicht nur, dass ich meinen Gedanken laut ausgesprochen habe, sondern auch dass er darauf gewartet zu haben schien.
Ich bin entsetzt, dass ich so schwach war und meinem Feind die Gelegenheit geboten habe, mich zu belügen! »Blödsinn!«
»Du bist unmöglich.« Verachtung zeichnet seine hübschen Züge. »Sie war ganz anders als du. Sie war offen und hat ihr Herz nicht eingemauert.«
»Und sieh dir an, was ihr das gebracht hat. Sie ist tot.«
Ich gehe durch den strahlendgelben Korridor voraus. Die Fenster geben den Blick auf einen Sommertag frei, wie ihn Alina und ich geliebt haben. Ich werde ihren Geist nicht los. Ich beschleunige meine Schritte.
Wir laufen durch einen mintgrünen Flur, dann durch einen tiefblauen mit Verandatüren, die sich zu einer stürmischen Nacht öffnen, und schließlich durch einen blassrosafarbenen Flur, ehe wir vor einem hohen Bogendurchgang zu einem schneeweißen Marmorkorridor stehen. Durch die Fenster sieht man einen blendenden Wintertag mit Bäumen, deren dünne Eisschichten wie Diamanten funkeln.
Ein Gefühl des Friedens erfasst mich. Hier war ich in meinen Träumen. Ich liebe diesen Flügel.
Einmal, vor langer Zeit in ihrer Welt war ihr ein sonniger Frühlingstag am liebsten, doch inzwischen macht ihr ein schöner Tag im Winter mehr Freude. Das ist die perfekte Metapher für ihre Liebe.
Sonne und Eis.
Sie wärmt seine Kälte. Er kühlt ihr Fieber.
»Du sagst, Alina hätte dich angerufen«, sagt Darroc hinter mir. »Sie hat geweint am Telefon und sich vor mir versteckt. Hat dieser Anruf an ihrem Todestag stattgefunden?«
Er reißt mich aus meinen Tagträumen, und, ohne vorher nachzudenken, nicke ich.
»Was genau hat sie gesagt?«
Ich werfe ihm einen Blick über die Schulter zu, der ausdrückt: Glaubst du allen Ernstes, dass ich dir das verrate? Wenn jemand Fragen nach meiner Schwester beantwortet, dann ist er das. Ich betrete den weißen Marmorboden.
Er folgt mir. »Wenn du weiterhin an dem absurden Glauben festhältst, ich hätte Alina umgebracht, wirst du den wahren Mörder garantiert nicht finden. Bei euch Menschen gibt es ein Tier, an das du mich erinnerst. Den Vogel Strauß.«
»Ich stecke den Kopf nicht in den Sand.«
»Du kannst mich mal«, knurrt er.
Ich wirble zu ihm herum, und wir blitzen uns an. Aber sein Vergleich gibt mir zu denken. Bin ich ein Vogel Strauß? Beraube ich mich der Möglichkeit, meine Schwester zu rächen, weil ich einen Weg eingeschlagen habe, den ich nicht mehr verlassen will? Lasse ich Alinas wahren Mörder ungeschoren davonkommen, weil mir meine Vorurteile den Blick verstellen? Barrons hat mich von Anfang an davor gewarnt, definitiv anzunehmen, dass Darroc ihr Mörder war.
Ein Muskel an meinem Kiefer zuckt. Jedes Mal, wenn mich etwas an Barrons erinnert, hasse ich Darroc nur noch mehr, weil er ihn mir genommen hat. Aber ich rufe mir ins Gedächtnis, weshalb ich hier bin, und warum ich ihn nicht schon längst getötet habe. Um mein Ziel zu erreichen, brauche ich Antworten auf
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