Shadows Lost (Vampirkurzgeschichte)
zu ihrem Auto und verschwinden, egal wohin, nur weit weg von diesem Ort.
Gerade als sie die hohe Umzäunung zur Landstraße passiert hatte, meldete sich die Stimme wieder. Eigentlich hätte Cathrine sie ignoriert. Aber dieses Mal erklang sie nicht in ihrem Kopf, sondern sie flüsterte ihr ins Ohr. Erschrocken zuckte sie zusammen und wirbelte herum. Der Sprecher weilte nicht auf der Schattenebene, dennoch wusste er genau, wo sie stand. Das konnten nur Schattenvampire. Sie starrte ihn mit klopfendem Herzen an.
»Cathrine, kommt mit. Schnell. Ich erkläre dir später alles, aber zuerst müssen wir …«
»Was soll das? Warum spielst du mit mir?« Sie flüsterte so leise, dass sie sich wunderte, dass ihr Gegenüber sie überhaupt verstand, während ihr Herz nun bis zum Hals schlug.
»Ich bin es leibhaftig«, antwortete die männliche Stimme, ohne dass sie ihn fragen musste. Sorge und Mitgefühl vermischten sich mit Freude auf seinem Gesicht. »Bitte komme aus dem Schatten. Mein Auto steht einen Kilometer von hier. Ich bringe dich in Sicherheit. Du musst mir nur vertrauen.«
Cathrine seufzte und gewann nur langsam ihre Contenance zurück. Schließlich glitt sie aus dem Schatten heraus, aber nicht, weil er sie darum gebeten hatte, sondern sie wollte ihm Auge in Auge gegenüberstehen.
»Was tust du hier, Josua?«, giftete Cathrine ihn an und verpasste dem Schattenvampir eine schallende Ohrfeige. »Ist das nur eine weitere Falle von Annicius? Welches kranke Spiel spielt ihr mit mir?«
Josua fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Wange, wo sie ihn getroffen hatte. Dabei lächelte er. »Unser Wiedersehen beginnt an der Stelle, als wir uns verabschiedeten. Lass uns jetzt nicht streiten. Wir müssen los. Oder willst du wieder zurück? Wenn ja, dann schrei noch ein bisschen lauter.«
Ihr lag bereits ein bissiger Kommentar auf der Zunge, den sie nur widerwillig herunterschluckte. Da sie ihn kannte und er sie, aber vor allem , weil sie so viele Meter wie möglich hinter sich wissen wollte, blieb ihr keine große Wahl. Auf die Erklärung war sie bereits sehr neugierig. Also riss Cathrine sich zusammen und nickte.
»Vernünftige Entscheidung. Wir müssen in diese Richtung.«
Gemeinsam liefen sie los. Ihre Aufmerksamkeit galt Josua, der sich dessen bewusst war, aber schwieg. In Cathrines Augen hatte sich ihr früherer Liebhaber kein bisschen verändert, nicht nur äußerlich. Josua war groß, besaß einen durchtrainierten Körper, und seine langen, dunklen Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er wusste genau, auf welchen Knopf er bei Cathrine drücken musste, damit sie ihm folgte. Genau das hasste sie so sehr an ihm. Aber sie durfte sich jetzt nicht davon beeinflussen lassen und versuchte, ihre widersprüchlichen Gefühle für ihn im Zaum zu halten.
Josua war Josua, wie Cathrine ihn kannte und geliebt hatte. Wenn sie jedoch ehrlich zu sich war, hatte sie nie aufgehört ihn zu lieben. Sie wusste, dass er auch noch immer dieselben Gefühle für sie empfand.
»Ich mag es, wenn du mich so anschaust«, unterbrach er die Stille, während sie ihren Fußmarsch fortsetzten und gut vorankamen.
»Wie denn?«
»So wie immer.« Er lachte.
Ihr war nicht nach Lachen zumute. Doch sie wurde sich einer Tatsache plötzlich bewusst: Auf Josua hatte sie sich schon immer verlassen können. Er hatte sie nie angelogen.
»Du hast mir einen großen Schrecken eingejagt, meine Liebe. Weißt du das?«
»Wie sollte ich denn wissen, dass du auch hier bist?«
»Hat er es dir nicht gesagt?« Er blieb überrascht stehen und sah sie aus seinen dunklen Augen an.
Bei Sonnenlicht glänzten sie stets wie Honig, in denen sie sich immer verloren hatte. Sie unterdrückte den Wunsch, sich an seine Brust zu schmiegen und von ihm in die Arme genommen zu werden. Momentan stand viel zu viel auf dem Spiel, um zu flirten.
»Von welchem er redest du?« Misstrauisch erwiderte sie Josuas Blick.
»Von Shamash.«
Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, sprang sie zurück und war bereit, augenblicklich in den Schatten einzutauchen. Hatte sie sich so in Josua getäuscht? War sie in eine weitere Falle getappt?
»Ganz ruhig, Cathrine. Ich werde dir nichts tun.« Sein Tonfall klang ruhig, dennoch verwirrt. »Also hat Shamash dir nicht alles erzählt«, fuhr er fort und ließ die Schultern hängen. »Ich bin gekommen, um dir zu helfen … und auch Shamash. Ich dachte nur, er hätte dich in den ganzen Plan eingeweiht.«
»Hat er nicht«, blaffte sie ihn an. »Er ist ein
Weitere Kostenlose Bücher