Shakespeare, Katz & Co
das wissen Sie auch. Wen verdächtigen Sie?«
Penelope war versucht, eine schnodderige Antwort zu geben, aber sie wußte, daß sich alles, was sie sagte, bis spätestens zur Abenddämmerung in der ganzen Stadt herumgesprochen haben würde. Nach dem Motto: »Ich darf ja eigentlich nicht darüber sprechen, also erzähl es niemandem, aber Penelope glaubt, es war der Briefträger.« Statt dessen sagte Penelope: »Jemand mit einem Dolch.«
»Genau!« rief Mrs. Burnham. Sie drehte sich abrupt um und marschierte aus dem Buchladen, sehr zur Enttäuschung von Mycroft, der bei seiner Pirsch noch nicht einmal dazu gekommen war, die Ohren anzulegen und langsam mit dem Schwanz hin und her zu schlagen. Und diese braunen Gesundheitsschuhe waren solch ein verlockendes Angriffsziel.
»Soviel zum Thema Narren…«
Den restlichen Nachmittag verbrachte Penelope damit, königliche Bekanntmachungen an die verschiedenen Delegationen abzugeben. Sie erklärte jeder einzelnen das elisabethanische Bedürfnis nach einer friedlichen Thronfolge, womit sie rechtfertigen wollte, daß sie keinerlei Änderungen vornahm. Dies schien jedermann zufriedenzustellen, abgesehen von den Narren. Aber wie Narren nun einmal sind, fand Penelope nicht einmal heraus, was sie eigentlich gewollt hatten.
Das Geschäft lief jedoch gut, und das war von Vorteil für die örtliche Konjunktur, ganz zu schweigen von der königlichen Staatskasse. Aber der stete Strom von Delegationen, Neugierigen, Gratulanten und vereinzelten Kunden hielt Penelope davon ab, vor dem Abendessen in die Akte von Carolyn Lewis zu schauen.
Da Andy mittwochs abends Redaktionsschluß hatte und er damit beschäftigt war, sich um die letzten Details der Donnerstagsausgabe des Empty Creek News Journal zu kümmern, waren Penelope und Mycroft allein, als sie schließlich die Unterlagen Seite für Seite durchgingen und nichts fanden.
Absolut nichts.
So endete der Tag, wie er begonnen hatte. Penelope lag im Bett. Mycroft schlief auf ihren Beinen, die genauso schnell eingeschlafen waren wie er, und sie blieb hellwach zurück und dachte über die eine besagte Frage nach.
Wer hatte die Königin umgebracht?
Da das Empty Creek News Journal nur an Donnerstagen und Samstagen herauskam, war die kleine Lokalzeitung bei der Berichterstattung über das Ableben von Carolyn Lewis ins Hintertreffen geraten. Andy haßte es, wenn ihm die großen Zeitungen zuvorkamen, aber wenn er das News Journal in eine Tageszeitung verwandeln wollte, mußte er jede Nachricht veröffentlichen, die auf seinen Tisch kam, um die Zeitung zu füllen. Seiner Meinung nach wurden im ganzen Land schon genug Wälder massakriert, um irgendwelche albernen Sachen breitzutreten, und außerdem würde er dabei sehr wahrscheinlich pleite gehen. Empty Creek produzierte einfach nicht genug Nachrichten und Werbung, um sieben Zeitungsausgaben pro Woche zu füllen. Und Andy gab bereitwillig zu, daß es kaum genug Material gab, um zwei bescheidene Ausgaben pro Woche zu füllen. Normalerweise.
Carolyn Lewis’ Tod mochte zwar für die größeren Zeitungen Schnee von gestern sein, aber in Empty Creek war es immer noch die Neuigkeit des Tages, und Andy mußte seine unersättlichen und neugierigen Leser befriedigen. Und der lange Zeitraum zwischen Ereignis und Veröffentlichung erlaubte es ihm, die Angelegenheit unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten und darüber ausführlicher und persönlicher zu berichten.
Als Penelope ihre dritte Tasse Kaffee nach draußen trug, um das Empty Creek News Journal hereinzuholen, freute sie sich schon darauf, Andys Bericht über den Mord zu lesen. Sie wußte, daß er der Tragödie eine menschliche Dimension gegeben hatte, und obwohl Andys Story immer noch schrecklich sein würde, war sie besser als der gefühllose und unpersönliche Polizeibericht.
Es war natürlich eine Titelstory, die sich über alle sechs Spalten erstreckte. Es gab Bilder von Carolyn. Eins zeigte sie in ihrer Rolle als Königin Elisabeth, ein anderes stammte wahrscheinlich aus dem Gila Monster, dem Jahrbuch der Empty Creek High School, an der Carolyn Geschichte unterrichtet hatte.
Penelope saß im blassen Morgenlicht und las, während sich Mycroft an ihrer Seite niederließ und ungerührt in die Wüste hinausstarrte, wie ein Lehnsherr aufsein Reich.
»Die ersten Feierlichkeiten der alljährlichen Elisabethanischen Frühlingsfestspiele von Empty Creek fanden letzte Samstagnacht ein tragisches Ende, als ein Unbekannter Carolyn Lewis das
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