Shakespeare, Katz & Co
der High-School. Sie war eine unscheinbare, aber nicht unattraktive Frau gewesen, die für ihre Studenten in die Kamera lächelte. Aber hinter der Fassade verbarg sich eine gequälte Frau, die geglaubt hatte, sie sei die Königin von England, eine Mrs. Hyde, die sich für die jeweiligen Festspiele ihre zukünftigen Liebhaber auswählte, bevor sie wieder zu dem seriösen Leben zurückkehrte, in dem sie ihre Liebe zur Geschichte denen weitergab, die das Glück hatten, an ihrem Unterricht teilzunehmen.
Und dann gab es da Sharon, die, obwohl sie scheinbar das ganze Ausmaß nicht begriff, hoffnungslos einen Mann liebte, den sie als ihren Lehrer und Mentor beschrieb, einen Mann in der Midlife-crisis, einen Mann, der in Liebe, Täuschung und Mord verwickelt war. Dennoch schien Bobby für Sharon viel zu empfinden, auch wenn er zu den Dirnen ging und sich erfolglos um die neue Königin bemüht hatte. Aber laut Sharon waren seine besten Freunde Frauen. Er hätte eine schlechtere Wahl treffen können. Sein bester Freund hätte ja auch dieser unbeliebte Inspizient oder dieser Widerling Marlowe sein können.
Penelope seufzte und kuschelte sich enger an Andy. Dabei ging ihr durch den Kopf, daß es mit der Suche nach Liebesgedichten angefangen hatte und sich mittlerweile auf einen Morast aus sexuellen Intrigen ausdehnte.
»Vielleicht solltest du mal über eine Miss-Lonelyhearts-Kolumne in der Zeitung nachdenken«, sagte Penelope. »Ich könnte den Liebeskranken Rat geben. ›Vergiß ihn oder sie. Reiß dich zusammen. Finde jemand neuen. Sei enthaltsam. Begib dich in ein Kloster. Nimm eine kalte Dusche.‹ Solide Ratschläge in der Art.«
»Ich bin sicher, deine Leser würde das sehr trösten. Was, wenn ich schriebe? Was würdest du mir sagen?«
»Daß du dir eine Hormonspritze abholen und deine Vitamine nehmen solltest.«
»Klingt sehr vernünftig.« Er küßte die Spitze ihrer Nase.
Als sie am nächsten Morgen nach Empty Creek fuhr, schien das elisabethanische Phantasiewochenende lange her und weit weg. Es war ein weiterer wolkenloser und wunderschöner Winter tag in der Wüste. Die Luft war trotz der späten Morgensonne immer noch frisch und klar.
In Mycrof & Co war Kathy im Hinterzimmer und packte die Tageslieferung aus, wobei sie die Warenliste Titel für Titel abhakte. Sie steckte den Kopf durch den Vorhang vor der Tür und sagte: »Oh, guten Morgen, Euer Majestät. Ihr seid aber früh hier.«
»Ich konnte nicht schlafen.«
»Du konntest nicht schlafen?«
Die Wahrheit war, daß Andy sie nicht nur in den Schlaf geliebt, sondern sie auch auf die gleiche Weise geweckt hatte. Aber Penelope hatte nicht vor, Kathy das zu erzählen. Statt dessen sagte sie: »Oh, das passiert schon mal.«
»Heißt das, daß du den ganzen Tag muffig sein wirst?«
»Natürlich nicht. Ich bin bester Laune.« Um das zu beweisen, lächelte Penelope und drehte sich um, als die Klingel einen Kunden ankündigte. Der ultimative Beweis war, daß es ihr gelang, das Lächeln beizubehalten, als sie sah, daß der potentielle Buchkäufer Mrs. Eleanor Burnham war. »Guten Morgen«, sagte Penelope fröhlich.
»Es ist beinah nach Mittag, und das wissen Sie auch, Penelope Warren. Ich warte schon seit Stunden darauf, daß Sie herkommen. Haben Sie schon gehört?«
»Was gehört?«
Mrs. Burnham schaute sich um, legte einen Finger an die Lippen und winkte Penelope näher zu sich. »Carolyn Lewis«, flüsterte sie, »Und?«
»Carolyn Lewis hat an der High-School Revolution, Aufruhr und Verrat gepredigt. Deshalb ist sie ermordet worden. Ich habe das dem netten Detective Burke schon gesagt. Er hatte Marmeladenflecken auf seinem Hemd.«
»Das glaube ich Ihnen gerne, aber Aufruhr und Verrat…«
»Es stimmt. Sie hat ihren Schülern gesagt, das Volk hätte das Recht, die Regierung abzuschaffen. Ich glaube nicht, daß sie Präsident Clinton sehr gemocht hat. Und diese nette Mrs. Clinton.«
»Lautete es ungefähr so?« fragte Penelope, schloß die Augen und rief sich lang vergessene Schulstunden in Erinnerung. »›Wenn es im Lauf menschlicher Begebenheiten für ein Volk nötig wird, die politischen Bande, wodurch es mit einem anderen verknüpft gewesen, zu trennen… Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen…‹«
»Ganz genau! Das ist es!« rief Mrs. Burnham. »Kommunismus!«
Penelope seufzte und wußte gar nicht, wo sie anfangen sollte. »Der Kommunismus ist tot, Mrs. Burnham. Lesen Sie keine Zeitung?«
»Nur die
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