Shakespeare, Katz & Co
Gesellschaftsseiten des Empty Creek News Journal.«
»Und was ist mit Fernsehen?«
»Ich mag die Golden Girls.«
»Natürlich.«
»Aber der Kommunismus ist nicht tot«, insistierte Mrs. Burnham, »nicht in Empty Creek, nicht, wenn an unserer High-School so etwas unterrichtet wird.«
»Carolyn Lewis hat Geschichte unterrichtet. Sie hat nur die Unabhängigkeitserklärung zitiert.«
»Wessen Erklärung?«
»Unsere. Die der Vereinigten Staaten. Thomas Jefferson hat sie geschrieben.«
»Na, dann war er bestimmt auch ein Kommunist. Was werden Sie dagegen unternehmen?«
Als Mrs. Burnham gegangen war, schüttelte Penelope hilflos den Kopf. Verrat, also wirklich. Sie schüttelte immer noch den Kopf, als Kathy verkündete, daß sie zum Postamt gehen würde. Es liegt am Wasser. Es liegt ganz bestimmt am Wasser, dachte sie. Andy muß es untersuchen, eine Serie darüber schreiben. Dabei wird bestimmt herauskommen, daß wir alle von einer unbekannten Chemikalie vergiftet werden, die unheilbare Exzentrik verursacht.
Penelope hatte sich gerade geschworen, nie wieder das Wasser zu trinken, als das aufrüttelnde Kampflied der University of Southern California die eher indiskrete Ankunft von Discreet Investigations ankündigte. Ein strahlender Justin Beamish saß hinter dem Steuer seines roten Cabriolets mit den riesigen Hörnern auf der Motorhaube und winkte Penelope fröhlich zu Er betätigte die Hupe, und ein weiterer Refrain von »Fight On« ertönte. Hinter dem winzigen Beamish hockten die Zwillingsriesen Ralph und Russell, die sie schüchtern angrinsten.
»Rufst du niemals vorher an?« fragte Penelope, als Just Beamish – in seiner vollen Größe von ein Meter achtundfünfzig – in den Buchladen gepoltert kam. Er trug wie üblich einen Cowboyhut, ein kariertes Westernhemd, Jeans und Cowboystiefel aus Schlangenleder. Er schaffte es gerade, die lange schwarze, unangezündete Zigarre aus dem Mund zu nehmen, bevor ihn Penelope in den Arm nahm und ihm einen Kuß auf die Wange drückte.
Nachdem sie wieder losgelassen hatte, strahlte Beamish und sagte: »Nicht, wenn wir Eure Gesellschaft genießen können, verehrte Dame.«
Und dann war Penelope an der Reihe, in der bärigen Umarmung von Ralph und Russell zu verschwinden, oder umgekehrt – es war schwierig, die beiden auseinanderzuhalten. »Hallo, Penelope«, sagten sie jeweils schüchtern. »Wo ist Laney?«
Da Penelope wußte, daß sich sowohl Ralph als auch Russell in unerwiderter Liebe nach dem verführerischen Rotschopf verzehrte, wertete sie diese Frage nicht als Beleidigung. »Warum ruft ihr sie nicht an?« schlug Penelope vor, während sie vorsichtig tastete, ob sie sich keine Rippe gebrochen hatte. »Fragt sie, ob sie nicht zum Mittagessen kommen will.«
Ein Zwilling ging schwerfällig zum Telefon hinter der Theke, während sich der andere im Schneidersitz auf dem Boden niederließ und Mycroft zu sich lockte. »Hey, Big Mike«, sagte er, »was geht ab?«
Big Mike, der, würde er plötzlich menschliche Gestalt annehmen, ohne Zweifel auf Ralphs – oder Russells – zwei Meter drei und beinah hundertvierzig Kilo kommen würde, schlenderte herüber und erhielt einen überraschend sanften Kinnkrauler.
»Sie trifft uns im Double B«, verkündete der telefonierende Zwilling.
»Cool«, antwortete sein Bruder.
»Kathy ist auf der Post«, sagte Penelope. »Wir können gehen, sobald sie zurück ist.«
»Wer kümmert sich um den Laden?« fügte sie hinzu. Die Frage war an die Zwillinge gerichtet. Ralph betrieb einen Postfachverleih, hinter dem sich Discreet Investigations verbarg, und Russell kümmerte sich um einen Sexshop, in dem es Unmengen an Lesematerial, Magazinen, Videos, Spielzeug für Erwachsene und Hilfen für Ehepaare gab.
»Mutter«, sagten die Zwillinge gleichzeitig. Beide hatten das Wort »Mutter« in einem roten Herz auf den massiven Bizeps tätowiert.
»Ich muß eure Mutter wirklich mal kennenlernen«, sagte Penelope.
Schließlich wurde Mycroft & Co für eine Stunde geschlossen – Kathy wollte den Spaß nicht versäumen –, und das Gefolge marschierte über die Straße ins Double B. Falls einer der Touristen oder Zugvögel die kleine Truppe, bestehend aus zwei Riesen, einem Zwerg, zwei hübschen jungen Frauen und einem zwölf Kilo schweren Kater, ein wenig seltsam fand, so hatte er zumindest so gute Manieren, es nicht zu sagen.
Sie schoben zwei Tische zusammen, setzten sich hin und reservierten einen Stuhl zwischen Ralph und Russell für Laney.
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