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Shakespeares ruhelose Welt

Shakespeares ruhelose Welt

Titel: Shakespeares ruhelose Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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durch deinen Odem sei gebannt die Pest].»
    Wie immer es um seine Fähigkeiten als Liebhaber bestellt sein mochte, wie immer unglücklich er als Jäger agiert, in Seuchenzeiten scheint Adonis eine glückliche Wahl.
    Der Beginn von Shakespeares Aufstieg bleibt weitgehend rätselhaft: Einzelheiten zu seinem Leben am Theater, bevor die playhouses 1592 geschlossen wurden, sind weitgehend verloren. Doch aus dieser Unterbrechung und der anschließenden Neuordnung des Theaterwesens ging er als leitendes Mitglied und fest bestallter Dramatiker der neuen Truppe Lord Chamberlain’s Men hervor, einer der zwei damals autorisierten Theatergesellschaften. Für den Rest der 1590er Jahre hielt schlechtes Wetter – die kühlen feuchten Sommer, die für Missernten und die anschließenden Hungerunruhen verantwortlich waren – die Stadt mehr oder weniger frei von der Pest: Versammlungen waren wieder erlaubt, und die Theater florierten; Shakespeare konnte sich wieder dem Stückeschreiben zuwenden und sein Glück machen.
    All das änderte sich mit der Pest von 1603 erneut. Schon als die Königin im Sterben lag, im März, starben auch die ersten Pestopfer. Kurz nach Elisabeths Beerdigung am 28. April dann ließ sich nicht mehr leugnen, dass London von einem neuen schweren Ausbruch heimgesucht wurde. Am 7. Mai zog König Jakob in der Hauptstadt ein, am 29. befahl er Gentry und Adel, die sich bereits in der Hauptstadt zu seiner Krönung im Juli zu versammeln begannen, sich bis kurz vor dem festgesetzten Tag wieder nachHause zu begeben. Den Sommer über kam das Leben in der Stadt weitgehend zum Erliegen:

    «Der siegreiche Tod jagt die Londoner aus ihrer Stadt, das Landvolk aber, die Seuche fürchtend, treibt sie zurück», aus: Thomas Dekker, A Rod for Runawayes , Flugschrift 1625.
«11. Juli 1603: Die Sorge, die Wir daran nehmen, dass alle Gelegenheiten zur Verbreitung der Seuche unter Unserem Volk vermieden werden, kommt in Unseren früheren Proklamationen zureichend zum Ausdruck, und aus eben diesem Grund sind Wir entschlossen, bei Unserer Krönung von allen Zeremonien der Ehrung und des Prunks, wie sie Unsere Vorgänger pflegten, abzusehen, die Menschen zu einem großen Zusammenströmen in Unsere Stadt ziehen könnten.»
    Der Ausbruch von 1603 machte sich zuerst im Theaterviertel Southwark bemerkbar, und die Behörden griffen, um die Ausbreitung zu verhindern, zu den bewährten Mitteln. Infizierte Häuser sollten leicht zu erkennen sein, wie Hazel Forsyth vom Museum of London erläutert:
«Familien, die von der Pest betroffen waren, wurden unter Quarantäne gestellt, in der Regel für die Dauer eines Monats. Es wurden Maßnahmen ergriffen, die Anwesen zu kennzeichnen, die Kranke beherbergten: Eine Stange mit einem Bündel Stroh daran musste über die Tür oder aus einem Fenster gehängt werden. Dann ging man dazu über, gedruckte oder gemalte Papierschilder mit den Worten «Gott erbarme dich unser» an Stangen, manchmal direkt an Türsturz oder Türblatt zu befestigen. Manchmal benutzte man auch ein auf Papier gemaltes Kreuz, schließlich wurde das Zeichen üblich, das wir am engsten mit der Pest verbinden, ein rotes Kreuz. Seine Größe war vorgeschrieben: 35 Zentimeter, also recht auffällig; es wurde mit Ölfarbe gemalt, vermutlich, weil es sich dann schwieriger entfernen ließ.»
    Isolation, Quarantäne und solche abschreckenden großen roten Kreuze waren etwas, das jeder kannte, und vielen werden sie begegnet sein.
«OTHELLO: Bei Gott! mit Freuden hätt’ ich das vergessen: –
Du sagtest, – oh, es schwebt um mein Gedächtnis,
So wie der Rab’ um ein verpestet Haus,
Verderben dräu’nd, – er habe jenes Tuch.»
    Um die Quarantänepolitik durchzusetzen, wurden neue Arbeitsfelder geschaffen: «Zwei ehrenwerte und verschwiegene ältere Frauen», die alleine lebten, erhielten für jede Leiche eine Zahlung von 4 oder 6 Pence. Den Gemeindebezirk ablaufen sollten sie, nach Hinweisen auf neue Krankheitsfälle suchen. Auch sogenannte searcher (Späher) wurden benannt, sie suchten die unter Quarantäne stehenden Häuser auf und forderten, die Leichen derer herauszugeben, die der Pest zum Opfer gefallen waren. An einem dramatischen Wendepunkt in Romeo und Julia erfährt Lorenzo, warum sein Brief Romeo nicht zugestellt werden konnte:
«MARKUS: Und da ich ihn fand,
Argwöhnten die dazu bestellten Späher,
Wir wären beid’ in einem Haus, in welchem
Die böse Seuche herrschte, siegelten
Die Türen zu und ließen uns nicht

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