Shaman Bond 03 - Der Spion, der mich jagte
töten, ihn mit massiver elektrischer Energie geradezu grillen sollen, aber noch war er nicht bereit, alles loszulassen. Große Funken erschienen, flogen in die Luft und breiteten sich bis zu den Geräten um den Stuhl herum aus. Ludmilla griff nach einer Feueraxt an der Wand und schlug mit hysterischer Kraft auf Grigor in seinem Stuhl ein. Die schwere Stahlklinge biss sich wieder und wieder in sein Fleisch, aber er schrie nicht auf und er starb auch nicht.
Sergei versuchte zu entkommen, aber die Tür öffnete sich nicht. Sicherheitspersonal pochte von außen gegen die Tür, aber sie gab nicht nach. Ludmilla wich vor der blutigen Masse im Stuhl zurück, die sie immer noch anlächelte, und sie lachte schrill durch das aufgelöste Haar, das ihr ins leichenblasse Gesicht fiel. Die Schneide der Axt hinterließ eine blutige Spur auf dem Boden, als sei es ihr zu schwer geworden, sie anzuheben.
Schließlich kamen sie durch die Wände, aus dem Boden und von der Decke herab. Wirklich und real; nicht lebendig, und immer noch mit den Wunden, an denen sie gestorben waren. All die Versuchsobjekte, mit denen man experimentiert hatte, die in dem Stuhl gelitten hatten und gestorben waren, die um Hilfe geschrien hatten, um Gnade und einfaches Mitleid, das nie jemand gehabt hatte. Sie kamen wegen Sergei und Ludmilla, die langsam starben, schreiend unter den Händen derer, denen sie das alles angetan hatten. Und als die Toten endlich mit ihnen fertig waren, ließen sie nur eine blutige Masse auf dem Boden zurück. Sie gingen hinaus aus dem Raum, in die Stadt und taten noch schlimmere Dinge.
Das Band hielt an. Ich sah mich verwirrt um. Ich hatte vergessen, wer ich war und wann ich war. Das Zimmer, in dem alles passiert war, hatte mich völlig eingenommen. Ich holte tief Luft und wischte mir mit dem Handrücken den Schweiß vom Mund. Honey hatte den Recorder abgeschaltet. Sie atmete schwer. Ich fragte mich, ob sie das Gleiche gesehen hatte wie ich. Walker sah auf den Boden. Peter hatte uns den Rücken zugewandt. Ich sah durch den Einwegspiegel in den anderen Raum. Er war leer und der Stuhl auch.
»Wie viel davon habt ihr mitbekommen?«, fragte ich nach einer Weile. Es klang nicht wie meine eigene Stimme. Es klang … schockiert und unsicher. Verloren.
»Genug«, sagte Walker. »Monster des ›Es‹. Das ›Es‹ der Stadt.«
»Er hat eine Stadt mit ihren eigenen Albträumen getötet«, sagte Honey. »Eine ganze Stadt …«
»Das eine, dem niemand ins Gesicht sehen kann«, sagte Peter. Er wandte sich um, aber er sah an uns vorbei in den anderen Raum.
»Gut immerhin, dass der verrückte Bastard tot und verschwunden ist«, meinte Honey und versuchte einen flotten, professionellen Ton anzuschlagen, was ihr aber nicht richtig gelang. »Wer weiß, was er sonst noch angestellt hätte. Kein Wunder, dass die Sowjets damit nicht fertig wurden.«
»Sie wollten eine Waffe«, sagte Walker. »Und sie haben eine gekriegt.«
»Ich glaube, er ist tot«, sagte ich. »Keiner könnte sehnen, was er gesehen hat, und das überleben. Aber ich glaube nicht, dass er weg ist. Was er getan hat, war so machtvoll, dass die psychischen Energien sich selbst in die materielle Umgebung eingeprägt haben. Bereit, jederzeit wieder hervorzutreten. Warum befindet sich Grigors Leiche nicht noch in dem Stuhl? Warum sind die Leichen der Forscher nicht mehr auf dem Boden oder wenigstens das, was von ihnen noch übrig war? Warum haben wir nicht eine einzige Leiche in der ganzen verdammten Stadt gefunden? Weil die Albträume immer noch hier sind. Immer noch aktiv. Immer noch hungrig.«
»Ich kann’s fühlen«, sagte Walker. »Wie Spannung in der Luft, bevor ein Gewitter losbricht. Wie das Innehalten, bevor das Beil niedersaust …«
»Hören Sie damit auf!«, sagte Honey. »Ihr alle, nehmt euch zusammen! Wir sind Profis, wir können damit umgehen.«
»Bist du verrückt?«, Peters Stimme war schrill, beinahe hysterisch, alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Es war das erste Mal, dass ich ihn wirklich ängstlich sah. »Wir müssen hier raus! Die Stadt wird lebendig, und die Albträume kehren zurück! Alle schlechten Träume, die du jemals hattest. In Träumen gibt es Dinge, denen man nicht gegenübertreten kann!«
»Reißen Sie sich zusammen, Peter«, sagte Walker, aber seiner Stimme fehlten die übliche Überzeugung und Autorität.
»Still«, sagte Honey, und etwas in ihrer Stimme ließ uns sofort erstarren. »Ich glaube … es ist hier.«
Der Videorecorder
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