Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
jeder Beziehung die ältere Frau bin«, sagte sie heiter. »Und die Narben sind überhaupt kein Problem. Er mag sie! Und ich war immer eine fürs Große, also ...«
»Moment mal«, sagte ich. »Wir erreichen hier mit halsbrecherischer Geschwindigkeit den Punkt, an dem ich zu viel Information bekomme. Wo ist Jack?«
»Er schaut sich die Sehenswürdigkeiten an«, erwiderte sie. »Diese Versammlungen sind nichts für Außenseiter. Sie sind für die reserviert, die von den Wohltaten des Barons in irgendeiner Weise profitiert haben, um es mal so auszudrücken. Für die, die eigentlich tot sein sollten.«
»Hab ich verstanden«, sagte ich, »Frankensteins Brut.«
»Eine Versammlung all der verschiedenen Kreationen, Kreaturen und Nebenprodukte der zugegebenermaßen erstaunlichen chirurgischen Fähigkeiten des Barons. Wir mögen es, uns einmal im Jahr zu treffen, in Selbsthilfegruppen, um Gemeinsamkeiten zu pflegen oder einfach mal unter uns zu sein. Wir alle haben schließlich Probleme mit Verlustängsten. Jedes Treffen endet damit, dass wir den Baron in seiner Abwesenheit verfluchen, wo auch immer er sein mag.«
»Ich hörte, er sei tot.«
Die Braut schnaubte laut. »Er hat seinen Tod so oft inszeniert, dass sich keiner mehr die Mühe macht, den Sargdeckel zuzuschrauben. Nein, nein, er ist noch irgendwo da draußen und erweitert seine gottlosen Künste an denen, die sich nicht verteidigen können, und bringt immer neues und schreckliches Leben in die Welt. Und er versteckt sich vor uns, seinen verlassenen Kindern.«
»Was würdet ihr tun, wenn ihr ihn jemals fändet?«
»Keine Ahnung. Ihn Papa nennen. Mit ihm Sex haben. Ihn töten. Es ist eine schwierige Beziehung. Kompliziert! Was würdest du sagen, wenn du je von Angesicht zu Angesicht vor deinem Schöpfer stündest? Ihn fragen, warum du so viel zu leiden hattest? Ich glaube, ich habe eher eine Chance, eine direkte Antwort von meinem Schöpfer zu bekommen als du von deinem.«
»Vielleicht hatte meiner ein besseres Motiv.«
»Aber kannst du dir da sicher sein?« Die Braut kicherte leise. »Tut mir leid, wenn ich dich nicht hereinbitten kann, Shaman, mein Lieber. Du weißt ja, wie das ist.«
»Natürlich«, sagte ich. »Nur Familienmitglieder.«
Ich warf einen schnellen Blick durch die offene Tür. Die Braut erhob keinen Einwand. Es waren genug, um den großen Ballsaal zu füllen. Sie standen herum, wie man das bei einer Versammlung so tut, unterhielten sich, tranken und knabberten zweifelnd an kleinen Snacks, die vom Hotel gestellt worden waren. Aus versteckten Lautsprechern kam unauffällige klassische Musik, das Sicherste, wenn die Anwesenden aus so vielen Zeiten und Kulturen stammten. Es gab alle möglichen Arten von Teilnehmern, angefangen bei denen, die mit ein wenig Hilfe als normal durchgegangen wären, bis hin zu anderen, bei denen das nie geklappt hätte. Nicht alle von des Barons Kindern waren Monster, aber sie alle waren von den Obsessionen ihres Schöpfers gezeichnet. Jeder im Raum hatte als Toter angefangen, und das sah man. In den Augen, in den Stimmen und in ihrem Aussehen, das man verstecken, aber nie vergessen konnte. Ein paar der extremeren Fälle zeigten offen ihre Makel, hier unter denen, die das verstanden. Männer und Frauen mit zwei Paar Armen oder Beinen mit zu vielen Gelenken. Kiemen auf dem Hals, vorspringende Stirn, gewölbter Brustkorb, der spezielle, neu designte Organe enthielt. Federn, Fell und sogar Schuppen. Der Baron war wohl abenteuerlicher geworden, je weiter sein Werk fortgeschritten war. Sie sprachen oberflächlich miteinander, Bastard-Abkommen einer Bastard-Wissenschaft. Alles, was sie gemeinsam hatten, waren ihre Narben und ihr Schmerz, aber manchmal war das genug.
Ich sah gedankenvoll durch den Raum. Etwas nagte an mir. Etwas, das ich gesehen oder gespürt hatte, aber nicht verstand. Also hob ich meine Sicht und sah noch einmal hin. Und da sah ich die eine Person, die nicht in diese Gruppe gehörte. Oh, er hatte es gut drauf: ein großer, bulliger Kerl in schwarzem Leder mit Piercings und klirrenden Ketten, mit auffallenden Narben an den Handgelenken und einer gezackten Linie auf der Stirn. Aber er hatte eine Aura. Alle anderen im Raum hatten keine. Sie waren Überbleibsel aller Arten von Geist oder gar einer Seele, aber sie hatten keine Aura. Die besaßen ausschließlich die Lebenden, und wer zu Frankensteins Brut gehörte, der gehörte zu den lebenden Toten. Also, wer immer dieser Kerl auch war, er war definitiv
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