Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
keine der Schöpfungen des Barons. Ich wies die Braut auf ihn hin und erklärte, warum ich das tat, und sie fluchte wie ein Droschkenkutscher.
»Ich hätte es wissen sollen! Er sagte das Richtige und ließ die richtigen Namen fallen, aber die Narbe auf seiner Stirn ist einfach zu unregelmäßig! Bei all seinen Fehlern hat der Baron immer sauber gearbeitet. Wie kann er es wagen! Wie kann er es wagen, in so ein strikt privates Treffen einzudringen? Der eine Ort, an dem wir ehrlich und aufrichtig sein können, ohne Angst vor Achtung haben zu müssen. Das könnte einige Leute um Monate in der Therapie zurückwerfen! Er ist wahrscheinlich Reporter, von einem miesen kleinen Schmierblatt. Ich werde seine versteckte Kamera nehmen und sie ihm so tief in den Arsch schieben, dass er durch seine Nase fotografieren kann!«
Und damit stapfte sie vorwärts, bevor ich sie aufhalten konnte. Ich hatte eine Idee, wer oder was er war - sicher kein Journalist irgendeiner Art. Ich sah von der Tür aus zu, als die Braut geradewegs auf den einzigen Lebenden im Ballsaal zustampfte, ihn herumwirbelte und ihm mit einem langen, knochigen Finger in die Brust stieß. Ich zuckte zusammen, er allerdings nicht.
»Wer bist du, und was machst du hier?«, verlangte die Braut zu wissen und überragte dabei den Eindringling. »Du bist keiner von uns.«
Im Raum wurde es still, und die Unterhaltungen hörten auf der Stelle auf. Jeder sah sich nach dem Eindringling um, und ihre Mienen hätten jedem anderen eine Heidenangst eingejagt. Tod lag im Raum, kalt und wütend. Der Mann, den ich gefunden hatte, erkannte sofort, dass es keinen Sinn hatte, die Illusion aufrechtzuerhalten, und er lächelte heiter um sich herum, mit ruhiger und gepflegter Arroganz.
»Ich bin ein Unsterblicher«, sagte er. »Ein echter, nicht so schiefgelaufene wissenschaftliche Experimente wie ihr. Und ich bin hier, weil Unsterbliche überall sind, wo sie hingehen wollen, damit sie alles erfahren, was sie wissen müssen. Macht weiter mit eurer kleinen Party. Ich finde selbst hinaus.«
Doch die Braut trat ihm in den Weg. Sie bohrte ihm wieder einen langen, dünnen Finger in die Brust, fest genug, um ihn schwanken zu lassen, und diesmal zuckte er zusammen.
»Das ist ein privates Treffen von Göttern und Monstern, Männern und Frauen, die geschworen haben, nie wieder Opfer zu sein. Du beleidigst uns durch deine schiere Anwesenheit, und wir werden eine Entschuldigung bekommen.«
»Ich denke nicht«, sagte der Unsterbliche, und der Ton seiner Stimme war ein Schlag ins Gesicht jedes Anwesenden.
Alle Züge seines Gesichts begannen zu zerlaufen wie schmelzendes Wachs. Die Knochenstruktur hob und senkte sich, dann fand alles plötzlich wieder seinen Platz, und der Eindringling hatte ein ganz anderes Gesicht. Er war nun ein Mann mittleren Alters mit einem breiten, eckigen Gesicht, dunklen, stechenden Augen und einem grausamen Mund. Es war ein Gesicht, das ich schon einmal gesehen hatte, auf einer ganzen Reihe von Porträts aus dem neunzehnten Jahrhundert. Die Braut wich einen Schritt zurück, dann lief ein Murmeln durch den Ballsaal.
Der Baron. Es ist der Baron.
»Kniet nieder vor eurem Schöpfer«, sagte der Unsterbliche.
In meinem Türrahmen musste ich mich zusammennehmen, um nicht die Hände vors Gesicht zu schlagen. Miese Idee, lieber Unsterblicher, ausgesprochen miese Idee. Die Braut versetzte dem Unsterblichen einen so harten Kinnhaken, dass ich fast erwartete, ihre Faust käme an seinem Hinterkopf wieder zum Vorschein. Der falsche Baron stolperte nach hinten, seine Züge veränderten sich schon wieder, und er versuchte, jemand anders zu werden. Die Braut kam ihm nach, und jeder der lebenden Toten im Ballsaal tat das Gleiche; alle suchten nach ihrem eigenen kleinen Stück Rache und Vergeltung, wenn auch nur in Vertretung.
»Wir sind Frankensteins Brut, kleiner Mann«, sagte die Braut. »Und du hättest nicht herkommen sollen.«
Die Menge fiel über den Unsterblichen her wie eine Horde wildgewordener Tiere. Sie hämmerten mit übergroßen Fäusten auf ihn ein, schlitzten ihn mit klauenbewehrten Händen auf und zerhackten ihn mit allen Arten von Messern. Der Unsterbliche bekam eine schreckliche Strafe, die einen normalen Mann auf der Stelle getötet hätte, aber er saugte alles einfach nur auf und weigerte sich stur, zu Boden zu gehen. Seine Züge gingen wieder in ein anderes Gesicht über, stolz und verächtlich, und er hieb mit mehr als menschlicher Kraft auf die
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