Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
fragte sie nach meinem Gepäck. Nun, man kann ja nicht an alles denken, wenn man in aller Eile eine Mission vorbereitet.
»Das ist bei meinen Freunden«, log ich aalglatt. »Die kommen später.«
»Und wie lange wollen Sie bleiben, Sir?«
»Zwei, drei Tage«, erwiderte ich. »Sind Sie derzeit knapp an Zimmern?«
»Oh nein, Sir. Wir haben viel Platz zu dieser Jahreszeit, verstehen Sie? Wenn hier nicht gerade die Convention stattfinden würde ...«
»Fans der Filme?«
»Oh ja, wir haben eine Menge solcher Veranstaltungen hier, Sir. Die Leute lieben diese alten Geschichten und die Legenden. Diese Woche haben wir ...«, sie hielt inne und suchte auf der Theke nach einem Prospekt. »Es sind so viele! Ah ja, Frankensteins Brut. Keine Gruppe, die ich kenne, und ich kenne die meisten von ihnen. Das gehört zum Service des Hotels, wissen Sie. Schon den ganzen Tag kommen hier Leute an; nette Leute, hervorragende Kostüme. Hier sind Ihre Schlüssel, Sir. Wir haben ein traditionelles Frühstück, ab pünktlich halb acht. Bitte scheuen Sie sich nicht, sich zu melden, falls Sie noch etwas benötigen. Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?«
Sie warf mir einen bestimmten Blick zu. Ich lächelte leer zurück und ging schnell in Richtung Treppe.
Ich musste alle fünf Stockwerke zu Fuß hinaufgehen, denn das Hotel besaß keinen Lift. Das Burghotel mochte vielleicht die meisten modernen Annehmlichkeiten übernommen haben, aber offenbar gingen Aufzüge einen Schritt zu weit. Hatte zweifellos was mit Authentizität zu tun. Ich war ernsthaft außer Atem, als ich ganz oben ankam. Es war nicht allzu lange her, dass ich im Park des Herrenhauses um mein Leben gekämpft hatte, und meine Kräfte regenerierten sich nur langsam wieder. Ein echter Metallschlüssel öffnete ein echtes Metallschloss, ganz ohne elektronische Erkennung, und ich betrat den Raum. Und verschloss die Tür hinter mir sehr gründlich.
Ich ging hinüber zum Fenster und sah hinaus. Dort in der Ferne waren die Ruinen von Burg Frankenstein gegen den dunkler werdenden Himmel als halbe Silhouette zu erkennen. Die Illusion sah völlig überzeugend aus. Ich wandte ihr den Rücken zu und betrachtete mein Zimmer. Es war wirklich gut, ausreichend groß, gemütlich und bequem. Ich setzte mich aufs Bett, sank in die Gänsefedermatratze und hopste fröhlich auf und ab. Kleine Freuden. Ich fragte mich, ob es Zimmerservice gab. Ich hätte einen Happen vertragen können.
Aber ich entschied mich, es besser nicht zu riskieren. Eine Rezeptionistin, die vor meiner Tür auftauchte und fragte, ob ich etwas Deftiges haben wollte, war das Letzte, was ich jetzt brauchen konnte. Plötzlich sehr müde saß ich still auf dem Bett. Das wäre die Art Witz gewesen, die ich mit Molly hätte teilen wollen. Verzweifelt wünschte ich mir, mich einfach nur aufs Bett legen und schlafen zu können, ohne nachdenken zu müssen. Aber ich hatte eine Aufgabe zu erledigen.
Ich stand auf und hielt dann nachdenklich inne. Ich hatte das deutliche Gefühl, beobachtet zu werden. Ich hob meine Sicht und sah mich beiläufig im Zimmer um. Sofort enthüllte sich ein halbes Dutzend Überwachungskameras vor mir, alle gekonnt versteckt, zusammen mit einem ganzen Dutzend traditioneller Abhörmikrofone. Sie waren so angebracht, dass sie den ganzen Raum abdeckten, Audio und Video, ohne einen toten Winkel. Ich musste abwägen. War das ganze Hotel verwanzt, damit die Unsterblichen die Leute im Auge behielten, die hier abstiegen, oder war das nur eines von ein paar Zimmern für Leute, die überraschend und ohne Gepäck kamen? Ich hatte mich schon gefragt, warum ich ein Zimmer im obersten Stock bekommen hatte, wo doch angeblich so viele Räume frei waren.
Wie paranoid waren die Unsterblichen wirklich?
Natürlich machte das keinen Unterschied. Mein Torques konnte sich selbst vor den meisten raffinierten Geräten verstecken, und meine Verkleidung als alltäglicher Tourist wurde aufrechterhalten. Trotzdem musste ich vorsichtig sein, was ich in diesem Zimmer tat oder sagte. Vielleicht sollte ich ein paar Sachen klauen, nur um normal zu wirken. Ich konnte ein paar flauschige Handtücher gebrauchen. Später vielleicht.
Ich wusch mich, pinkelte ausgiebig - unter dem Aspekt, dass es Ewigkeiten dauern konnte, bis ich wieder eine Toilette fand - und nahm mir Zeit, die fünf Stockwerke wieder hinunterzugehen, damit ich nicht außer Atem war, wenn ich unten ankam. Man hat seinen Stolz. Am Fuß der Treppe war ein neues Schild, das auf
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