Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
bewegten.
Hinter dem See lagen die Wälder und Haine, die die äußeren Grenzen unseres Besitzes kennzeichneten. Schöne Orte, um spazierenzugehen oder ein Picknick zu machen, vorausgesetzt, man war einer von uns. Jeder andere betraf die Wälder auf eigene Gefahr. Nicht alle diese Bäume schliefen. Pfauen und Greifen staksten über die Rasenflächen, hüpften in die Strahlen und Wassernebel der Sprinkler, die diese in die Luft spieen und wieder hinaus. Für einen so hübschen Vogel hat der Pfau einen wirklich grässlichen Schrei. Greifen sehen von vornherein hässlich aus. Und ihr Benehmen grenzt ans Eklige, aber weil sie eine kleine Weile in die Zukunft sehen können, sind sie hervorragende Wachhunde. Wenn man ihnen genug rohes Fleisch und anderes hinwirft, das sie in sich hineinschlingen können, dann sind sie völlig glücklich.
Ich rümpfte die Nase, als ich an das große Heckenlabyrinth dachte. Es war vor geraumer Zeit konstruiert worden, um irgendetwas oder irgendjemanden einzusperren, der schleunigst eingesperrt werden musste, aber das war alles schon so lange her, dass niemand sich mehr daran erinnerte, wer oder warum. Wenn eine Familie ständig so beschäftigt ist wie unsere, fallen erwartungsgemäß einige Dinge durch die Maschen. Von oben konnte ich ein seltsames metallisches Konstrukt sehen, direkt in der Mitte des Labyrinths, aber absolut kein Lebenszeichen. Oder eine Bewegung. Wenn man nur den Kopf in die Öffnung des Labyrinths steckte, passierte nichts. Aber das Nichts passiert in einer doch recht bedrohlichen Weise. Leute, die sich dort hineinwagten, kamen nicht wieder raus. Hin und wieder zwang die Familie jemanden hinein, den wir nicht besonders mochten, nur um zu sehen, was dann passierte. Manchmal hörten wir einen Schrei, manchmal nicht. Also ließen wir das Labyrinth meist allein.
Der Waffenmeister würde es gern in Brand stecken, nur um zu sehen, was dann passiert. Aber so ist der Waffenmeister nun mal.
Ich genoss den Blick, solange ich es rechtfertigen konnte, aber ich wusste, dass ich meinen Bericht nur vor mir herschob. Also seufzte ich schließlich schwer und ging über die hintere Wendeltreppe ins Haus. Die Matriarchin wartete auf mich, ebenso wie der Ratszirkel. In dem ich Mitglied war. Was sich ja auch immer so gelohnt hatte.
Durchs Droodsche Herrenhaus zu gehen ist, als ginge man durch lebendige Geschichte, quer durch die Jahrhunderte. Die langen Korridore sind mit Tributen (und/oder Beutegut) aus allen Zeitaltern der Menschheit vollgestopft. Wir haben wichtige und wertvolle Gegenstände aus jeder Epoche der menschlichen Zivilisation, die Sie sich nur vorstellen können, zuzüglich einiger, die offiziell nie stattgefunden haben. Wir haben Sir Gawains Rüstung vom Hof König Arthurs, den letzten Teil des Teppichs von Bayeux, weil er einen Drood in Aktion zeigt (Harold hätte den Krieg gewonnen, wenn nicht so viele Familienmitglieder mit einem außerdimensionalen Überfall beschäftigt gewesen wären) und eine erkleckliche Anzahl Familien-Porträts, hingeschmiert von bedeutenden Meistern. Für die Droods nur das Beste. Wir haben auch den Koh-i-noor-Diamanten, den echten »Berg des Lichts« aus Indien. Und ganz sicher nicht den, den Prinz Albert durch ständiges Neuschleifen ruinierte. Das war nur ein Duplikat. Der echte war bei Weitem zu wertvoll, um ihn den Royals zu überlassen. Die letzten paar Matriarchinnen haben den Diamanten als Briefbeschwerer benutzt und um damit nach Leuten zu werfen. Ich habe mich mehrere Male unter ihm weggeduckt.
Ich schickte meine Gedanken durch meinen Torques und kontaktierte Ethel. Meinen Verstand mit ihrem zu verbinden ist, als tauche man in einen kristallklaren See - beruhigend und einschüchternd zur selben Zeit. Ethel operiert nicht auf derselben Skala wie die Menschheit, auch wenn sie gerne so tut als ob. Sie ist die beste Freundin, die es immer besser weiß, oder vielleicht auch eine etwas geistesabwesende Gottheit. Ich denke, so sind außerdimensionale Entitäten nun einmal.
Hallooo! Hallohallohallo! Willkommen zurück, Eddie! Eine Schande mit dem Hotel. Wie geht's dir? Hast du mir ein Geschenk mitgebracht?
»Ich weiß nie, was ich dir mitbringen soll«, sagte ich. »Was schenkt man einer unsichtbaren und immateriellen Entität aus Seltsamer Materie, die alles hat?«
Sie schnüffelte laut, was sich im eigenen Geiste seltsam anhört. Es ist doch der Gedanke, der zählt.
»Wie geht's Großmutter? Und dem Rat?«
Die diskutieren
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