Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
verachtete meine Familie und missbilligte sie und alles, wofür sie stand. Sie war ein freier Geist, und den Droods war es immer um Kontrolle gegangen. In der Vergangenheit war sie nur damit einverstanden gewesen, mit uns zusammenzuarbeiten, weil die Alternativen so viel schlimmer gewesen wären. Sie hatte sich mit ihnen mir zuliebe arrangiert, aber wir wussten beide, dass das nicht anhalten würde. Ich hatte vielleicht Probleme damit, wie meine Familie die Dinge handhabte, aber ich glaubte dennoch, dass die Welt uns brauchte. Wir kämpften den guten Kampf, weil das jemand tun musste. Molly und ich mussten eine gemeinsame Basis finden, etwas, in dem wir einer Meinung sein konnten, oder unsere Überzeugungen und unser Gewissen würden uns auseinanderbringen.
Würde ich meine Liebe zu Molly vor meine Pflicht stellen, meine Verantwortlichkeiten - meine Familie? Das hoffte ich. Aber solcher Dinge kann man sich nie sicher sein. Ich könnt nicht heißer lieben dich, mein Lieb', liebt ich die Ehr nicht mehr 1 .
Ich stand auf und aktivierte das Portal. Merlins Spiegel hing vor mir in der Luft, meine Wohnung in Kensington war klar und deutlich dahinter zu sehen. Ich seufzte still, hob meine Last wieder auf und ging nach Hause. Hinter mir konnte ich hören, wie der Wald wieder lebendig wurde, als die Bedrohung seines Friedens verschwand.
Ich schloss den Spiegel, schob ihn wieder in die Subraumtasche und nahm schnell eine Dusche. Normalerweise weiche ich mich lieber lange in einem heißen Dampfbad ein, um zu entspannen, aber in der Not backt der Teufel kleine Brötchen. Ich zog ein paar frische Klamotten an, ging auf meine Wohnungstür zu - und zögerte. Ich fiel in meinen Lieblingssessel und starrte in die Luft. Der Poltergeist spürte meine Laune und dimmte vorsorglich das Licht. Es lässt sich am besten in Gesellschaft von langen Schatten grübeln.
In letzter Zeit hatte ich mehr und mehr darüber nachgedacht, wer ich war und wo ich einmal enden würde. Im Gegensatz zu dem Mann, der ich früher immer hatte sein wollen. Oder der zu sein ich zumindest beabsichtigt hatte. So hatte ich nicht enden wollen. Ich war nie glücklich gewesen, die Familie zu führen. Ich hatte es nur getan, weil es mir auferlegt worden war. Die erste Gelegenheit, wieder ein Agent im Feld zu werden, die sich geboten hatte, hatte ich mit beiden Händen ergriffen und hatte nie zurückgesehen. Aber jetzt ... nachdem ich einmal die Verantwortung für meine Familie übernommen hatte, fand ich es schwer, wieder loszulassen.
Ich hatte nie wichtig oder bedeutend sein wollen. Nie für jemand anderen verantwortlich sein wollen als für mich selbst. Das war der Grund, aus dem ich das Herrenhaus überhaupt erst verlassen hatte: um ein Feldagent zu werden. Aber jetzt machte ich mir Sorgen um die Matriarchin und die Familie, weil ich nicht da war, um ein Auge auf sie zu haben. Es wäre so einfach für sie, wieder in die alten Fehler zu fallen; immer einen ganz vernünftigen Schritt nach dem anderen. Das Abkommen mit dem schrecklichen Herzen war nichtig, zerstört, aber die Matriarchin, die liebe Großmama, war mit Eisen in der Seele geboren worden. Wenn sie entschied, dass es für die Welt das Beste wäre, dass sie wieder von Droods regiert würde, würde ich sie aufhalten können? Hatte ich das Recht, einen frei gewählten Führer zu überstimmen?
Ich brauchte meine Freiheit und meine Privatsphäre, und ich liebte meine Molly, aber wie konnte ich aus der Entfernung das Gewissen meiner Familie sein?
Und konnte ich die Familie und die Matriarchin wirklich ein zweites Mal voneinander trennen? Beim ersten Mal hatte ich das Glück und das Überraschungsmoment auf meiner Seite gehabt. Jetzt würde sie alle möglichen Arten von neuen Verteidigungen installiert haben, speziell für mich. Aber wenn die Matriarchin wieder in ihre alten Fehler zurückfiel, würde Ethel das überhaupt zulassen? Ich mochte den Gedanken, dass Ethel meine Freundin war, aber wer weiß schon, was eine andersdimensionale Entität tun will oder denkt oder wie sie entscheidet?
Ich zwang mich selbst, aufzustehen und den Sessel zu verlassen, und ging wieder in Richtung Wohnungstür. Ich kann nur eine bestimmte Menge von Grübeleien und Existenzangst ertragen, bevor ich aufstehe und etwas dagegen unternehme. Wenn man zweifelt, dann sollte man sich seinen Problemen stellen. Und sie vor den Kopf stoßen. Ich rief Merlins Spiegel wieder in meine Hand und öffnete ein spezielles Tor nach Drood Hall.
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