Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
warst in deiner Waffenmeisterei immer so beschäftigt, und ich musste die Familie leiten. Die Welt kam ständig dazwischen. Man glaubt immer, man hätte mehr Zeit, um zu sagen, was man sagen will. Bis es auf einmal keine mehr gibt.
Seneschall, tu deine Pflicht. Schütze die Familie. Und wenn ich von der Hand eines Attentäters gestorben bin, dann lass nicht zu, dass etwas zwischen dir und der Wahrheit steht. Ich glaube, das war's. Ich kann mir nicht denken, was es noch zu sagen gibt. Ich bedauere nichts. Ich bitte nicht um Verzeihung. Alles, was ich tat, tat ich für die Familie. Alles andere spielt keine Rolle.«
Sie stand noch einen Moment da und schien uns alle mit ihrem kalten Blick zu durchbohren, dann war sie verschwunden. Ich blickte auf die Leiche auf dem Bett hinunter. Es war schwer, sich vorzustellen, dass das die gleiche Person war.
»Also«, sagte der Seneschall. »Eine Art Testament. Wie praktisch. Eine Schande, dass sie keine Nachfolgerin genannt hat. Wir haben keine Zeit für Wahlen; die Familie wäre verletzlich.«
»Wer wäre denn die nächste Matriarchin gewesen?«, fragte Molly.
»Das ist irrelevant«, sagte der Waffenmeister. Er hielt die tote Hand seiner Mutter in seinen beiden, drückte sie kurz und ließ sie dann los. Er stand auf und sah uns andere ernst an. »Die alten Wege sind dahin. Niemand kann die Führung erben, wir haben gesehen, wohin das führt. Wir sind jetzt eine Demokratie, zum Wohl unserer Seelen.«
»Die Familie hat Martha wieder an die Spitze gewählt«, meinte der Seneschall.
»Als Anführerin«, sagte der Waffenmeister fest. »Der Titel Matriarchin war rein ehrenhalber. Die Familie fühlte sich so einfach sicherer. Nein, der Ratszirkel wird fürs Erste die Dinge leiten.«
»Die Erblinie ist sowieso unterbrochen«, sagte Howard. Er stand immer noch in der Tür, immer noch nicht fähig, weiter ins Zimmer hereinzukommen. »Die einzige Tochter der Matriarchin, Emily, ist ...«
»Tot«, sagte ich. »Meine Mutter ist tot.«
Der Waffenmeister trat vor, und wir sahen uns ins Gesicht. Dann öffnete er seine Arme, und wir drückten uns. Zwei Söhne, die ihre Mutter verloren hatten. Wir ließen uns los, der Waffenmeister trat zurück und nickte mir kurz zu.
»Ich habe alle Arrangements getroffen. Ich weiß, was sie gewollt hätte.«
»Ein Begräbnis wird warten müssen«, sagte der Seneschall. »Die Leiche muss untersucht werden, der Raum ebenfalls. Das ganze Herrenhaus muss durchsucht werden. Gründlich.« Er sah Molly wieder an. »Aber die Hexe - die muss von unseren Diskussionen ausgeschlossen werden. Sie gehört nicht zur Familie. Edwin muss wegen seiner Beziehung zu dieser Hexe ebenfalls ausgeschlossen werden. Beide müssen sicher verwahrt werden, bis ihre Schuld oder Unschuld bewiesen ist.«
»Das wird nicht passieren, Cedric«, sagte ich.
»Du hast die letzten Anweisungen deiner Großmutter gehört«, sagte der Seneschall. Die klare Drohung in meinen Worten beeindruckte ihn nicht. »Zwischen mir und der Wahrheit wird nichts stehen. Sicher kein undankbarer Enkel und eine berüchtigte Hexe.«
Der Waffenmeister gab plötzlich einen schockierten Laut von sich. Wir alle fuhren herum. Er lehnte sich über die Leiche seiner Mutter und wies auf ihren nackten Hals.
»Ihr Torques ist verschwunden! Wie konnten wir das übersehen? Ist das überhaupt möglich? Jeder Torques ist genetisch an seinen Träger gebunden!«
Wir alle versammelten uns um das Bett. Es gab keinen Torques. Marthas Nacken sah beinahe obszön nackt ohne ihn aus.
»Ging es vielleicht nur darum?«, fragte Molly. »Wurde sie getötet, damit sich jemand ihren Torques nehmen konnte?«
»Nein«, sagte der Seneschall sofort. »Es ist wesentlich leichter, einen Agenten im Feld zu töten, außerhalb der Schutzsysteme des Herrenhauses, und sich dessen Torques zu nehmen. Aber es gibt eine sehr alte und schreckliche Waffe, direkt hier im Herrenhaus, die man dafür hätte benutzen können. Waffenmeister, wo ist der Torquesschneider?«
»Immer noch sicher im Armageddon-Kodex verschlossen, zusammen mit all den anderen verbotenen Waffen«, sagte der Waffenmeister. »Und nein, der Kodex wurde nicht geöffnet. Das wüsste ich. Was auch immer das war, der Torquesschneider kann es nicht gewesen sein.«
»Hätte irgendjemand den Torques aus dem Herrenhaus bringen können, ohne die Alarmsysteme auszulösen?«, fragte Molly.
»Nein«, sagte der Seneschall. »Was bedeutet, dass er immer noch hier sein muss. Irgendwo im
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