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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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wann verkaufen die Vertreter denn nun diese Dosen ...«
    Mir wird das Wort abgeschnitten: »Daisy! Was hältst du von diesem Produkt? Eindrucksvoll, hä?«
    Daisy gibt anerkennende Geräusche von sich. »Ich finde diese kleinen mäuseförmigen Croutons einfach süß.«
    »Ich mag dieses KittyPump, Großpapa«, sagt Mark. »Darf ich es einmal probieren?«
    »Natürlich, mein Sohn. Nur ran.«
    Mark wirft eine kleine Tasse mit lauwarmem chinesischen Tee um, als er einen dünnen, verchromten Hebel an einem kleinen espressomaschinenähnlichen Gerät herunterdrückt und damit bewirkt, daß eine schwabbelige, gebogene braune Säule aus Fleischnebenprodukten aus dem grinsenden Maul der Plastikkatze auf der Vorderseite der Maschine hervorquillt. Diese sepiafarbene Masse windet sich wie bei der Abfüllung eines Eisbechers in ein Glasschälchen, auf dessen Boden ein farbenfrohes KittyWhip-Logo eingeprägt ist.
    Großmama nimmt diesen entsetzlichen Eisbecher, streut Mäusecroutons darüber und schwenkt ihn unter unseren Nasen. »Ist das nicht einfach entzückend?« fragt sie. »Sag hallo zu deiner ersten Million. Es sieht so gut aus, daß man es fast selbst essen möchte. Warum - warum sollte ich eigentlich nicht?«
    Die Besitzer des Restaurants sehen voller Entsetzen zu, ebenso wie wir alle. »Großmutter!« rufen wir. »Tu's nicht!«
    »Los jetzt, Doris«, kichert Großvater.
    Doris lacht scheppernd. Die beiden haben ihr ureigenes eingespieltes Verkaufs-Geplänkel wie ein Karnevals-Duo von der Straße. Anna-Louise, Murray, Jasmine, Daisy und ich müssen währenddessen würgen, denn Katzenfutter ist wahrscheinlich die ekelhafteste Substanz dieses Universums, dieses gesamten Raum/Zeit-Kontinuums.
     
    Arbeit und Geld; Geld und Arbeit - seltsam, aber wahr. Fünfzig Jahre davon liegen vor mir - ein Wunder, daß ich mich nicht sofort einfach von der Brücke im Stadtzentrum stürze. Wie konnten wir bloß zulassen, daß die Welt diesen Zustand erreichte? Ich meine, ging es darum? Und worin genau soll die Erholung in diesem fiesen Kreislauf liegen? Hat etwa niemand daran gedacht? Bin ich wahnsinnig?
    Vielleicht sollte ich eher wie diese älteren Burschen da unten von der Free Clinic sein, dieser Klinik in der Nähe von Anna-Louises Apartment auf der Franklin Street. Manchmal beobachte ich sie - die meisten von ihnen sind Ende Zwanzig -, weil ich noch nicht ganz imstande bin, die Tatsache abzutun, daß das, was sie mit ihrem Leben anfangen, nicht völlig daneben ist. Ich spreche von diesen hoffnungslosen Drogen-Freaks, deren Lunch aus Methadon und Orangensaft, Tranquilizern und Placebos, Dilaudids und Tuinals besteht, die sich angesichts ihrer ekstatischen Augen überraschend sanftmütig benehmen, durch die Straßen schlurfen und mit den Bäumen sprechen, Telefonzellen nach Kleingeld abklappern, sich mit Mohawk-Frisuren versehen und nach der Hälfte der Prozedur alles Interesse verlieren.
    Ich seh' diesen Burschen zu.
    Sie wirken nicht gerade todunglücklich. Einige Male bin ich sogar zu Fuß um die Free Clinic gestrichen und habe versucht, einen Blick aus nächster Nähe auf sie und ihr Leben zu werfen, wie sie so in dem heruntergekommenen Klinikgebäude aus der Sputnik-Ära ein und aus gehen - Lancasters zukünftige Trolle und Popeyes, die vor der Tür herumlungern und gedämpfte, paranoide Gespräche miteinander führen. Und einmal bin ich sogar zu einem ihrer Haupttreffpunkte gegangen, hinten beim Lieferantenparkplatz hinter der jetzt geschlossenen Donut Hut, der Fußboden in dem höhlenartigen Lieferanteneingang glitschig vor Taubenscheiße, Kaugummi, Zigarettenasche und Rotzfeucht und schattig. Einmal habe ich diesen Platz aufgesucht, als alle Drogen-Freaks weg waren, irgendwo in der Innenstadt ihrem Drogenleben nachgingen und in ihrem Drogenwahn bestimmt alles mögliche taten: parkende Autos anschrien und sich mit gelben Lichtern unterhielten. Ich sah mir also den Treffpunkt an und war verwirrt, verwirrt und gleichzeitig angezogen. Was glauben denn diese Leute, wer sie sind? Wieso ist ihnen die Zukunft egal oder fließend heißes Wasser oder saubere Laken oder Kabelfernsehen? Was sind das bloß für Leute? Und weißt du, was sie an die Wände des Lieferanteneingangs geschrieben hatten? In riesengroßen Buchstaben aus Spritzenkanülen, die sie mit gebrauchten Verbänden und Kaugummi auf dem Zement befestigt hatten? Die Worte: Wir mögen es.
     

15
     
    Um einen Teil ihrer Miete selbst bezahlen zu können, arbeitet Anna-Louise

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