Shampoo Planet
zeitweise im Eightplex-Theater im Ridgecrest-Einkaufszentrum. Sie tut das nun schon seit Jahren und sagt, der schönste Moment sei, wenn die Nachtvorstellung gegen 23.30 Uhr endet und sie das Theater ausfegt und all die guten Dinge einsammelt, die den Leuten aus der Tasche gefallen sind: Münzen, Anti-Baby-Pillen, Fotos, Tranquilizer, Schlüssel, Bonbons, Terminkalender. »Eine komprimierte Version des Lebens. Chinos sind die schlimmsten. Wenn jemand um Mitternacht gegen die Türen bollert auf der Suche nach seinem Schlüssel, dann sie. Schlechte Taschen. Nicht beutelig genug.«
Jasmine macht Dateneingaben von Dokumenten in den Produktionsanlagen, eine Beschäftigung, die nicht so ganz zu ihrem sonstigen Hippietum paßt. »Ich darf in meinem Kabuff einen Spinnenfarn stehen haben«, sagt sie, »also macht es mir nichts aus.« Jasmine mag die Freiheit und die Vollmachten, die mit dem Job verbunden sind (und, widerwillig, auch das Geld, das wir nötiger als je zuvor brauchen). Also nehme ich an, daß der Job alles in allem okay ist. Jasmine gibt Daten, die niemand je lesen wird, in ein System ein, dem das völlig gleichgültig ist, wie in Rußland um 1940.
Anna-Louise und ich faxten ihr einmal einen Lippenstift-Kuß auf einem weißen Blatt Papier durch, und sie wurde von ihrem Boß wegen Frivolität gemaßregelt. »Soll man dem die Füße küssen, oder was?« kommentierte Anna-Louise angewidert.
Ich habe inoffiziell Zutrittsverbot zu Jasmines Büro wegen eines Vorfalls vor zwei Jahren. Ich hatte Jasmine begleitet, die an einem Samstagnachmittag für das Elektrizitätswerk eine Bestandsaufnahme vorzunehmen hatte. Die erste halbe Stunde verbrachte ich damit, aus dem Reißwolf Dokumentenschnipsel zusammenzupacken, um damit einen Knautschsessel für Mark auszustopfen. Danach verbrachte ich eine Stunde damit, von Schreibtisch zu Schreibtisch zu hüpfen, mit den Strahlendosierungs-Meßgeräten zu spielen und fortlaufende Kommentare abzugeben, die, wie ich vermutete, die anderen Mitarbeiter fast dazu brachten, auszurasten; Bemerkungen über die herzergreifend wenigen Ego-Fragmente auf den Schreibtischen in den Kabinen, für die das Management Erlaubnis erteilt hatte.
»Ooh ... ein Gneissplitter. Was für ein Spaßvogel. Und was ist denn das? Ein motivierendes Puzzle? Hier glimmt Manager-Ehrgeiz. Wollen wir mal einen Blick in das Taschenbuch von Daniel E. Feingold ›Gewinner durch Denken‹ werfen - nicht so toll. Ich habe es gelesen. Und was steht da hinter dem gerahmten Schnappschuß von diesen Bastarden... aha! Valium. Da müßte man doch gleich die Leute von der Sicherheitsabteilung rufen.«
Natürlich saßen zwei Angestellte der Anlagen in der Cafeteria, tranken flüssigen Tod aus der Kaffeemaschine und hörten all mein Geplapper mit an. So viel zur Psychoanalyse an Ort und Stelle.
Aber immerhin hat Jasmine eine Stellung; ihr jetziger Halbtagsjob gehört zu den wenigen Arbeitsplätzen in den Anlagen, die noch nicht gestrichen wurden. Also kommt Bares ins Haus. Nur Mark war verärgert, weil er gern einen Sozialfürsorger gehabt hätte, wie alle anderen in seiner Schulklasse.
Jeder geht in irgendeiner Weise einer Arbeit nach.
Skye war im Einzelhandel tätig, in der Saint Yuppie Boutique im Ridgecrest-Einkaufszentrum, damals, bevor der Laden Kapitel Elf beantragte und dann einem mysteriösen Feuer zum Opfer fiel wie so viele andere Geschäfte im Ridgecrest-Einkaufszentrum. Jetzt betreibt Skye für eine Telemarketing-Firma Zuhälterei. Sie ruft Leute an und fragt sie nach Dingen wie, ob sie kürzlich Latex-Farben gekauft oder ihr Haustier gebürstet haben. Sie muß arbeiten, denn sie hat ihre Kreditkarten, die sie damals in der High School beantragt hat, um ungefähr neuntausend Dollar überzogen.
Harmony berät über Computer-System-Vernetzung und verdient bereits mehr Geld als alle zusammengenommen, die ich kenne. Er ist reich. Ich sage ihm, er soll sich mit Skye verabreden, aber er hat panische Angst.
Mark will in einer Jahrmarktsbude arbeiten.
Ich selbst habe mich, nachdem mein Geschäft mit den nachgemachten Rolex und Chaneis aufgeflogen war, um keinen anderen Job bemüht - aber vielleicht muß ich das bald. Traumjob? Ich würde gern in einem Fotogeschäft arbeiten, wo ich mir die Schnappschüsse von Leuten ansehen kann, wenn sie aus dem Entwicklungsautomaten kommen. Du weißt schon, die aufs Geratewohl geknipsten, traurigen Pornoaufnahmen armer Leute und Perserkatzen, die mit blutroten Augen von warmen
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