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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Steuer herum und verkünde: »Dreißig Sekunden Schönheitspause«, aber Stephanie will lieber im Auto sitzen bleiben und eine verhedderte Kassette neu aufspulen. Sie schmollt, weil sie mich gebeten hat, sie zu heiraten, und ich geantwortet habe, kommt gar nicht in Frage - es wird noch Jahre dauern, ehe ich sie oder irgendeine andere Frau heirate.
    Ich laufe los, um die Aussicht vom Kliff zu inspizieren - den Pazifik-Blick, das Ende der Welt -, und ich bin überwältigt, wie wenig dieser Blick Europa ähnelt; Europas überhistorisierte Landschaften, überzogen mit Kohlenstaub und durchsetzt von den reglosen Erosionsrissen einer breiigen Raucherlunge.
    Und während ich auf dem Kliff stehe, lasse ich instinktiv meine Augen über den schönen Ausblick wandern - aber nicht allzulange. Ich verspüre den Drang, mich umzudrehen, um sicher zu sein, daß man mich nicht hinunterstoßen will. Aber natürlich sehe ich dabei nur Stephanie im Wagen, die mir durch Handbewegungen zu verstehen gibt: Können-wir-jetzt-endlich-weiterfahren?
     
    Unsere Diät stinkt zum Himmel: Putenbrustfetzen, Kohlendioxyd-Brausedrops und Imbißfraß. Zu Mittag essen wir enthäutetes Huhn aus dem Imbiß. »Himmel«, sage ich, »nur weil die Rentner keine Hühnerhaut essen wollen, gibt es für niemanden mehr Hühnerhaut. Großmutter und Großvater regieren die Welt. Und sag mir bitte eins - wofür verwendet man all die entfernte Hühnerhaut?«
    Wir lassen uns die Frage eine Sekunde lang durch den Kopf gehen und schließen dann simultan: »Fürs KittyWhip!«
    An einem Strand finden wir Venusmuscheln. Unidentifizierbare violette Beeren wachsen im Gestrüpp neben dem Strand. Höchst seltsam, Nahrung einfach so herumliegen zu sehen - unreguliert, haushaltsungebunden - uneffizient. Wir sehen uns diese Dinge an und machen die Erfahrung, daß wir große Schwierigkeiten haben, eine Verbindung zwischen uns und ihnen herzustellen. »Nicht im geringsten modern«, entscheiden wir.
    Weiter unten trippeln kleine Scharen leichtsinniger Strandläufer und anderer winziger Meeresvögel, eiförmig wie Christbaumschmuck und von der Größe eines Cocktailhäppchens, durch die sandige Spülung zurückfließender Wellen und picken nahrhafte Winzigkeiten auf, die ihnen die See zurückläßt. »Sieh nur«, rufe ich, »wie vollkommen!«
    Später inhalieren wir in einer Bauerngenossenschaft den lieblichen, malzigen Geruch eines Getreideladens. Regale voller Saatgut und die scharfen Dämpfe von Pestiziden erinnern uns daran, daß trotz des polyvalenten Zustands unseres Lebens der Anbau von Nahrung weitergeht wie eh und je.
     
    Bei meinem Abgang aus Lancaster hatte ich mich gegen sechs Uhr früh leise aus dem Haus geschlichen. Daisy und Mark lagen noch groggy am Boden, wußten aber, was ich vorhatte, als ich meine notwendigsten Klamotten und Shampoos in meinen Koffer stopfte.
    »Nach Kalifornien, hm? Wirst du mal anrufen?« fragte Daisy.
    »In einem Monat werde ich anrufen«, sagte ich, »wenn ich 'ne Bleibe habe. Ich rufe dich auf deinem Prinzessinnen-Telefon an.«
    »Was sollen wir Mama sagen?«
    »Daß ich weg bin.«
    »Hast du 'ne Adresse?«
    »Sie soll sich an American Express wenden, wenn's unbedingt sein muß. Sag' ihr, im Moment will ich sie nicht sprechen.«
    »Kann ich dein Zimmer haben?« fragte Mark.
    »Mann, die Leiche ist noch nicht mal kalt. Okay, ihr könnt euch meine Sachen ausborgen, sooft ihr wollt, aber vielleicht werde ich sie irgendwann noch einmal brauchen.«
     
    Die Sonne steht auf der anderen Seite des Himmels, als Stephanie und ich uns für das Abendessen in einem Anfall von diätetischen Schuldgefühlen gleich hinter der Grenze nach Oregon in einen Yuppie-Feinkostladen schleichen.
    Ein Verkäufer in meinem Alter tastet unser Päckchen Räucherlachs per Laser ab. Er nörgelt über die ClassicRock-Musik, die aus der Musik-Anlage hämmert. »Gerade wenn du glaubst, du hättest die letzte Handvoll Erde auf das Grab eines dieser alten Rockstars geworfen, buuummml Ihr Sarg explodiert, und sie sind wieder da mit noch einem Album.«
    »Tyler...«, sagt Stephanie halblaut. »Schau, ist das da drüben nicht ein berühmter Mann?«
    Antennen ausgefahren. »Wo?«
    »Bei den Baguettes. Mit dem berühmt wirkenden Haar.«
    Stephanie hat recht: Berühmtes Haar.
    Der Verkäufer sieht hoch. »Oh, Lee Simpson - er kommt jeden Tag. Die Hazelford-Klinik ist gleich oben an der Straße.«
    »Die Hazelford-Klinik ist gleich oben an der Straße? Kann nicht wahr sein.«
    »Kann.

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