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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Großpapa, die beide jovial und angesäuselt dreinschauen. Jasmine steht am Spülbecken. Ich kann sie durch das beschlagene Küchenfenster ausmachen, während unter meinen Basketballschuhen die gefrorenen, welken Ringelblumen knacken wie Cornflakes.
    Dan nimmt einen Schluck alkoholfreies Bier aus einer Flasche der Marke DesignatedDriver und schlemmt von dem ansehnlich mit nahrhaften Dingen beladenen Teller vor sich: Cheezie Nuggies, nitritgeladene Schinkenrollmöpse und mit Käse überbackene Maisklumpen. Mein Magen fühlt sich an wie ein luftloser Ballon.
    »Dan ist da«, teile ich Stephanie mit, als ich wieder ins Comfortmobile steige.
    »Dann fahr mich zum Old Decoy. Ich bleibe nicht hier.«
    »Also wirklich, Steph ...«
    »Nein.«
    Beim Old Decoy steigt Stephanie aus dem Wagen. »Bring mir meine Sachen hierher, Tyler. Ich werde wieder in meinem alten Zimmer unterkriechen und mir Filme auf HBO ansehen. Ciao.«
    Schöner Schlamassel.
     
    Nachdem ich Stephanie am Old Decoy abgesetzt habe, fahre ich zurück und gehe in die Küche, wo ein Strom verbogener psychischer Energien über mich hereinstürzt, als Großvater mir ohne jede Ironie verkündet: »Hey, Tyler, schau, dein Paps ist wieder da!«
    Jasmine wendet mir den Rücken zu, unfähig, mir in die Augen zu sehen, und wird dann zu RoboWife, dem vollautomatisierten Hausfrauchen, das Dans Tablett neu auffüllt, an der Spüle herumwerkelt und die kleinen schwarzen Knötchen von ihrem Kleid zupft, die sie kurz zuvor hineingezwirbelt hat. Ich wünschte, Jasmine würde mich nicht mit diesem glasigherzigen Ausdruck ansehen, den sie aufgesetzt hat, aber sie tut's dennoch. Ich fürchte, jeder Versuch meinerseits, sie dazu zu bringen, mich anders anzusehen, würde ebenso scheitern wie der Versuch, Vögel nach Sonnenuntergang zu füttern.
    »Ich bin jetzt von der Flasche weg, Tyler«, sagt Dan, »und ich möchte, daß du und ich wieder Freunde werden.« (Wieder?) »Ich möchte, daß du die Vergangenheit begräbst und wir alle eine Familie werden.«
    Meint er das etwa ernst? Großmama und Großpapa sitzen da und warten darauf, daß ich einwillige, aber das tue ich nicht. Die einzige Antwort ist der leise Klang von Jasmines New-Age-Musik, die von der Stereoanlage im Wohnzimmer herüberwabert. Dan furzt. Er ergreift eine Hyazinthe und schwenkt sie hin und her, um den Geruch zu überdecken, und Großmama und Großpapa finden ihn zum Schreien komisch.
    »Also, Jaz«, beginnt Dan wieder, jetzt ganz auf der Lustspiel-Schiene, »wie nennt sich eigentlich deine neue Frisur? Zeitvertreib?« Erneutes Glucksen von Großmama und Großpapa. Ich fange an, mich wie ein Ei in der Mikrowelle zu fühlen, das sofort explodieren wird, wenn es auch nur jemand anhauchen sollte. Neben Dan in der Küche zu sitzen löst in mir eine Flut von Erinnerungen aus an die Zeit, als ich noch kleiner war - und immer wieder vergeblich vorherzusagen versuchte, was Dan nach seinem fünften Scotch und drei Häppchen vom Abendessen zur Weißglut bringen würde. Ich erinnere mich, wie Daisy und Mark und ich einfach aufhörten, Meinungen zu äußern oder die Spur eines Gefühls zu zeigen, und uns so weigerten, ihm zur Vervollständigung seines Feuerwaffen-Auffüll-Schemas die Abzugshähne zu liefern. Und ich erinnere mich, wie wir in seiner Gegenwart zu gefühllosen Robotern wurden.
    Das Gesprächsthema wechselt über zu Lancasters Wirtschaft. »Vielleicht solltest du einfach deine Erwartungen herunterschrauben, Tyler«, sagt Dan, woraufhin Großvater zustimmend nickt. Natürlich. Begreifen die denn nicht, daß ihre Aufforderung, meine Erwartungen herunterzuschrauben, genauso ist, als würde man mich auffordern, die Farbe meiner Augen zu ändern?
    Ich entschuldige mich und gehe nach oben, um Stephanies Sachen zu packen. Im Flur steht Mark mit einem Mikrowellen-Milchshake in der Hand, den er eigentlich in der Küche zubereiten wollte; wegen Dan traut er sich aber nicht hinein. Ich nehme Mark mit hinauf, und er kann sich kaum halten vor Kichern und schreit mir dauernd Gesteh's! Gesteh's! ins Gesicht, und sieht dann zu, wie ich packe.
    »Kann ich mitkommen, wenn du das Zeug Stephanie ins Hotel bringst?«
    »Lieber nicht, Mark.«
    »Wohnt sie nicht mehr in deinem Zimmer?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    »Weil Dan hier wieder einzieht?«
    »Ja, ich glaube.«
    »Kann ich zu ihr ziehen?«
    »Du, Daisy und ich, wir sollten alle zu ihr ziehen.«
    »Wirst du Anna-Louise jemals wiedersehen? Ich mochte sie

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