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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Gleich hinter den Straßenbaustellen.«
    »Was ist Hazelford?« fragt Stephanie.
    »Nur die berühmteste Entzugsanstalt der Welt«, sagt der Verkäufer voller Stolz. »Weiter nichts.«
    Ich reagiere sofort. »Komm, die sehen wir uns an.«
    Den Räucherlachs im Gepäck, donnern wir den Arbutus Boulevard im Comfortmobile hoch, vorbei an den Baustellen, auf das niedrige, mattschwarze, architektonisch unauffällige Gebäude zu, das zweifellos Dutzende meiner Lieblingsstars birgt, die im Keller lendengeschürzt und schmutzstrotzend an Pfosten gekettet nach Opium schreien. Stephanie übernimmt das Steuer, und ich mache meine Kamera schußbereit. »Vielleicht sehen wir Heather-Jo Lockheed«, sage ich. »Sie geht in Kliniken aus und ein. Weißt du, was das Tollste wäre?«
    »Was?«
    »Zu erleben, wie Heather-Jo schreiend, mit blutunterlaufenen Augen und nackt unter einem blauen chinesischen Morgenrock aus der Klinik rennt, sich auf die Kühlerhaube des Comfortmobiles wirft, wobei ihre Titten hervorquellen und sich mit dem Staub des Wagens bedecken, während sie erbärmlich um Drogen und die Mitnahme in die Freiheit bettelt. Das wäre einem Star angemessen. ›Heather-Jo‹, würde ich sagen, ›du hörst jetzt sofort auf so verdammt berühmt zu sein, und, Heather-Jo, mach dir keine Sorgen, wir werden einen Star finden, der berühmt genug ist, daß du es mit ihm aushältst. Hör jetzt nur auf, diese Pillen zu nehmen. Schluß damit. ‹«
    Leider erblicken wir weder Heather-Jo noch irgendeinen anderen Star. Ein Trio Schlägertypen mit Fliegerbrillen hält uns sogar davon ab, der Einrichtung auch nur zu nahe zu kommen. Insofern kann ich annehmen, daß Hazelford tatsächlich eine gute Zuflucht für die Berühmten ist. »Also ich weiß, welches Institut ich aufsuchen werde, wenn ich mit Entzug dran bin.«
    »Da hättest du aber Glück.«
    »Keine Besucher wie Dan an einem Ort wie Hazelford.« »Am besten, du reservierst jetzt schon.«
     
    Der Zwischenfall mit Heather-Jo, oder vielmehr der nicht erfolgte Zwischenfall, hat Stephanie neugierig auf das hiesige Fernsehen gemacht. Wir suchen Unterschlupf für die Nacht im zur Zeit motelhaftesten Motel, Mel's Anchor View in Astoria, Oregon, und wir haben Lust, alles, was in unserem Zimmer steht, zu klauen: Telefonisch georderte Kunstwerke (kleine, miteinander verschweißte Metallvierecke), ausgeblichene 1962er Vorhänge mit Madras-Muster und Goldfäden, zudem Nachttische, die geformt sind wie in Linoleum gepinkeltes Pipi. Während wir auf Heather-Jos Auftritt in ihrem neuesten Fernsehhit »Designer-Dezernat« warten, schalten wir uns durch die siebenunddreißig möglichen Kabelprogramme auf der Suche nach heißen Szenen. Das Leben ist so reich.
    »Dies hier ist wunderbar«, sagt Stephanie.
    »Fernsehen wird es mindestens zehntausend Jahre lang hier geben«, sage ich. »Es wird uns niemals verlassen.«
    Bevor wir uns an dem Abend schlafen legen, essen wir Brot aus dem Yuppie-Feinkostgeschäft. Es duftet schwach nach Rosen. Wir trinken Wasser aus der Leitung des Motels. Es schmeckt wie geschmolzener Schnee.
     

43
     
    Halloween, und wir sind Gefangene der The Lariat Motor Lodge in Mount Shasta, Kalifornien - Jasmines Heimatstadt. Das Comfortmobile wird in der hiesigen Werkstatt einem CAT-Check unterzogen und bekommt Thorazine injiziert. Mein armes Baby ist krank - erst hustete es, dann brach es auf der Chevron-Tankstelle an der Interstate 5 vor einigen Stunden zusammen.
    Um uns die Beine zu vertreten, spazieren Stephanie und ich in Pullover gehüllt durch gemütliche Vororte und sehen kleinen Kindern bei ihren Bettelgängen von Haus zu Haus zu. Wir erfreuen uns an Zwergpunks und Ballerinen und Bettlerinnen und Supermännern, während Feuerwerkskörper an den unmöglichsten Stellen zur unmöglichsten Zeit hochgehen und die Bäume verätzen; verschreckt auffliegende Vögel halte ich fälschlicherweise für Sternschnuppen. Inmitten trockenen braunen Herbstlaubs finde ich eine verkehrssichere Kapsel grün phosphoreszierender Marsmaterie, die wir im Gehen hin und her werfen.
    »Sieh dich mal um«, sagt Stephanie, und ich lasse das Glitzerding fallen. »Was für ein raffiniertes Kostüm.«
    Hinter uns geht ein kleiner Junge in schwarzen Jeans, einem schwarzen Rolli und einer kleinen weißen Perücke mit zu Berge stehendem Haar. Ein kleines Mädchen mit einer ähnlichen Perücke und in einem schwarzen Kleid ist bei ihm, und sie spazieren Hand in Hand in der Mitte der ruhigen Straße, ihre

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