Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
gern.«
    »Gib mir mal den Pullover da rüber.«
    Mark erzählt mir, daß die Regierung einen Güterzug ausgraben läßt, der einst neben den Anlagen verbuddelt wurde, ein Zug aus den 40ern, der so giftig war, daß man ihn nicht anders entsorgen konnte. Und jetzt ist das Militär dabei, diesen Güterzug wieder auszubuddeln, weil er nicht tief genug vergraben worden war. Sie werden ihn in kleine Teile auseinanderschweißen, ihn in die tiefsten Löcher werfen, die je geschaufelt wurden. Ich wünsche dem Militär viel Glück.
    »Oh, Lieblichkeit des Seins«, seufzte mir Jasmine vergangene Woche zu, als wir die zerstörte Bestecksammlung von Familie Johnson durchsortierten: Durch Erhitzen schwarz angelaufene Messer, durch die Mikrowelle schwarz angelaufene Gabeln, verbogene Löffel aus der Zeit, als Daisy mit dem Übersinnlichen flirtete und psychische Anstrengungen zum Löffelverbiegen unternahm, »es ist so viel leichter, das Leben eines anderen zu leben als dein eigenes.«
    »Das verstehe ich nicht, Jasmine. Wie kannst du das Leben eines anderen führen?« Meine Frage riß sie aus ihren Träumen.
    »Natürlich. Was rede ich?« Sie nahm eine Schere aus der Besteckschublade und beschnitt das Gras in KittyKats Kasten mit SoberPuss, dem noneuphorischen Weideland. »Ich erzähle dir nur Blödsinn. Natürlich kannst du nur dein eigenes Leben leben, Tyler.«
    »Natürlich.«
    Aber jetzt frage ich mich, ob Jasmine mir nicht einen Hinweis rübergefunkt hat. Ob sie sich nicht selbst einen Hinweis auf die am heutigen Abend eingeschlagene Bombe gab. Jasmine, warum hast du Dan wieder in dein Leben treten lassen? Schmeiß diesen Penner raus. Was brauchst du an Werkzeugen, um ihn zu entfernen? Ich sag' dir was: Ich gebe dir meine ganze Kraft - ich versiegele sie in einem kleinen grünen Umschlag und schicke sie dir voller Hoffnung und Frieden und mit ganz, ganz viel Liebe. Nimm davon, soviel du brauchst, und nimm es schnell.
     

40
     
    In Perioden rascher persönlicher Veränderungen gehen wir durchs Leben, als wären wir mit einem Zauberbann belegt. Wir sprechen in Sätzen, die enden, bevor sie zu Ende sind. Wir schlafen tief, weil sich uns so viele Fragen stellen, wenn wir allein träumen. Wir stoßen mit anderen zusammen und werden verlegen, wenn wir Seelen erkennen, die der unseren ähnlich sind.
    Im Old Decoy reden Stephanie und ich miteinander, als laste ein Bann auf uns - als seien wir beide verhext -, wobei wir diesen Bann im Laufe unseres Zusammenseins immer wieder brechen und neu auf uns ziehen.
    »Ich finde, jetzt ist ein guter Zeitpunkt, zu entscheiden, ob du nach Kalifornien gehen willst, Tyler.«
    »Jetzt?«
    »Jawohl, jetzt.« »Aber jetzt ist schon so bald.« »Das Leben ist so bald.« »Aber...«
    »Was sollen wir viele Worte darüber verlieren, Tyler? Ruf mich morgen an - wenn du ausgeschlafen und geträumt hast.« »Kann ich nicht heute nacht bei dir bleiben?« »Nein.«
    »Du bist ein Hund.« »Du bist kein Hund.« »Bell mal.«
    »Steig in deinen Wagen und fahr los.«
     
    Daisy und Mark und ich schlafen heute nacht in meinem Zimmer- auf dem Fußboden inmitten einer Schlafsack- und-Decken-Lasagne - im Lichte des Mondes, während schwache Schwaden süß-sauren Stinktierdufts durch das Fenster eindringen. Dan ist in Jasmines Zimmer.
    Es ist weit nach Mitternacht, Daisy und Mark schlagen in ihrem leichten Schlaf um sich und strecken im gemeinsamem Traum gelegentlich den Arm nach mir und nach dem andern aus. Vor dem Fenster bemerke ich eine unnatürliche Helligkeit unterhalb der Wolken, die am frühen Abend vom Pazifik her rübergezogen sind. Diese Helligkeit unterhalb der Wolken ist verträumt und warm und schimmert wie Perlen - lebendig und einladend -, als würde die Erde auf der anderen Seite der Berge vor Licht phosphoreszieren.
    Als gäbe es auf der anderen Seite eine Stadt.
     

TEIL DREI
41
     
    Flucht.
    Eine Möwe gleitet neben mir, während ich auf dem Deck der Fähre an der Reling stehe. Sie hält die Geschwindigkeit der Fähre und wirkt reglos - scheint einfach in der Luft zu schweben - wie eine gute Idee.
    Der Kapitän des Schiffes verkündet, daß wir gerade eine unsichtbare Linie überquert haben - die Grenze zu Kanada. Stephanie und ich starren stumm ins Kielwasser, in der Erwartung, eine gepunktete Linie ausmachen zu können. Wir befinden uns an Bord einer Fähre von Port Angeles, Washington, nach Vancouver Island. Meine Vergangenheit liegt hinter mr wie ein in einem Freudenfeuer aufgegangener

Weitere Kostenlose Bücher