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Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Titel: Shane - Das erste Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia von Rein-Hrubesch
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Shane rannte los.
    Wieder ein Scheppern, ein klirrendes Geräusch. Es hörte sich an, als würden Flaschen an einer Häuserwand zerspringen. Shane zog unwillkürlich den Kopf ein. Die Schreie wurden lauter.
    Shane wagte es nicht, sich umzublicken.
    Sie rannte schneller. Atemlos bog sie in die kleine Gasse ein, die kaum beleuchtet war, sah die zweite Mauer und rannte auf sie zu. Als sie sie durchquert hatte, lehnte sie sich keuchend dagegen. Aus der Ferne hörte sie Sirenen. Shane setzte sich in Bewegung.
    16.25.Uhr. Neben ihr fuhren Polizeiwägen durch die Mauer. Shane blickte ihnen nach.
      Die Eltern blickten auf. „Hi Shane!“
    Die Mutter schaute auf die Uhr. „Du kommst spät heute.“
    „Wir haben länger gemacht.“ Shane hängte den Mantel über das Treppengeländer.
    „Du sollst deinen Mantel an die Garderobe hängen, bitte!“
    „Ja Mama.“
    „So, nun setz dich! Was gibt es neues aus dem Zirkus?“
    „Mama, kaufst du mir ein Übungsheft?“
     
    Sie hatte sich über den Stadtplan gebeugt, als die Tür geöffnet wurde.
    Shane zuckte zusammen.
    „Hab ich dich erschreckt?“, fragte die Mutter.
    „Nein, ich übe nur lesen.“ Sie legte schnell ihr Buch über das Papier.
    „Hast du denn solche Schwierigkeiten?“
    Shane zuckte die Schultern.
    Die Mutter drehte den Kopf. „Du sollst doch den Mantel nicht mit auf’s Zimmer nehmen!“
    „Entschuldigung.“
    Gertie griff nach der Jacke, die auf dem Bett lag. „Morgen kauf ich dir dein Übungsbuch, ja?“
    „Ja. Danke.“  Sie blickte die Mutter an. Die verdrehte die Augen. „Ja, ich gehe ja schon!“
    Shane schob das Lesebuch beiseite. Sie runzelte wieder die Stirn. Dann zog sie aus ihrer Mappe ein leeres Blatt und legte es über den Stadtplan. Mit dem Bleistift zog sie die Linien nach, die sie kannte.
    Die Stadtmauern. Die langen Straßen, die daran entlang führten. Den Weg, der ins Innere führte, der Weg, den sie zum Weihnachtsmarkt gegangen waren.
    Die Straßen, über die sie heute gelaufen war.
    Shane schluckte. Langsam setzte sie den Stift aufs Papier, an die Stelle, die sie an jenem Abend entdeckt hatte.
    Sie zeichnete die Gasse ein.
    Shane hob den Stift. Sie runzelte wieder die Brauen. Dann legte sie den Stift beiseite und nahm den Bogen in die Hände.
    Shane hielt das Papier hoch. Sie fuhr mit den Augen die Linien nach, Linien, die sie gezeichnet hatte, Wege, die sie gegangen war. Shane legte das Papier wieder auf den Tisch, vor sich, ihre Augen starrten immer noch wie gebannt darauf.
    Es war ein Mandala!
     
    Am späteren Abend klopfte es an der Tür.
    „Was ist denn?“
    Mark trat ein. „Stör ich?“
    Shane lächelte. „Oh. Ich hab gar nicht gewusst, dass du da bist!“
    Mark sah sich in ihrem Zimmer um. Er deutete auf den Schrank. „Ausstellung fertig?“
    Shane lächelte noch immer.
    Mark setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Schreibtisch.
    „Was hast du da gemacht?“, fragte Shane.
    „Mich geprügelt.“
    „Mit wem?“
    „Kennst du nicht.“
    „Sag es mir trotzdem.“
    „Mit Jimmy, Miss Marple.“
    „Wer ist das?“
    „Eine kleine alte Lady mit einer nervtötenden Neugier.“
    „Ich weiß, wer das ist, Columbo.“
    Mark zog die Brauen hoch. „Oh, wir machen Fortschritte!“
    Shane stützte den Kopf auf. „Hast du Ärger in der Stadt?“
    „Hast du dich mit M und M vertragen?“
    Shane schwieg.
    „Über manche Dinge redet man nicht gern, Shane.“
    „Ja, schon klar.“
    „Also …“, der große Bruder rückte näher an den Tisch heran. „Gertie sagt, du kannst nicht lesen.“
    „Was?“ Das wird ja immer besser!
    „Schon gut, schon gut, ich bin ja jetzt da, um dir zu helfen.“
    Shane schaute skeptisch. „Du willst mir helfen?“
    Mark nickte. „Hm!“
    Shane überlegte kurz. Dann fing sie an zu grinsen. „Ah! Das ist deine Strafe für die Prügelei!“
    Mark schaute sie genervt an. „Können wir jetzt anfangen?“
    Shane überlegte wieder. Gern würde sie ihn fragen, was für Ärger er in der Stadt habe. Er musste sie wirklich für total dämlich halten, wenn er dachte, dass sie nichts mitbekommen würde. Sie überlegte, ihn zu fragen, als ihr einfiel, welche Frage sie dann zu hören bekommen würde, also ließ sie es.
    Sie seufzte und beugte sich über das Buch. „G…e…r…da ko…m…m…t. Kommt.“
    Mark schaute sie zweifelnd an.
    „Kommt … aaa…uuu...s.“
    „Oh Gott Shane, das ist ja grauenhaft!“
    Shane hob den Kopf.
    „Lernst du überhaupt was in der Schule?“
    „Ja,

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