Shane - Das erste Jahr (German Edition)
Shane’s Blatt. Er überflog es und machte „Hmm.“ Dann beugte er sich etwas zu ihr herunter. „Brauchst du eine Aufgabe, Shane, bis die anderen fertig sind?“
„Nein, danke.“ Bloß nicht!
Der Schmauss drehte sich um und marschierte wieder nach vorn. Dabei kratzte er sich mit der rechten ständig am Hinterkopf.
Shane verzog das Gesicht.
Der Lehrer setzte sich an seinen Tisch. Er fing an, etwas aufzuschreiben. Wieder kratzte er sich am Kopf. Shane hielt den Kopf leicht geneigt und beobachtete den Lehrer. In den letzten Tagen war ihr es öfter aufgefallen, dass er sich am Kopf kratzte, immer an derselben Stelle.
Womöglich hatte er einen Tick.
Über Ticks hatte sie ebenfalls in der „Bio“ gelesen. Der Schmauss hatte also zwei Ticks, einmal den, ständig an seinem Auge rumzufummeln, und nun noch den, sich ständig am Kopf zu kratzen.
Shane kniff die Augen zusammen.
Es sah so aus, als hätte der Kratztick den Augentick eingeholt. Shane verzog wieder das Gesicht. Eklig.
Lieber schaute sie weiter aus dem Fenster.
16.11 Uhr.
Sie lief einen anderen Weg als sonst. Nachdem sie aus der Bibliothek gekommen war, war sie gleich nach links abgebogen und geradeaus auf die zweite Mauer zugelaufen. Nun ging sie durch den Bogen.
Ihr Rucksack war schwer. S ie hatte das Buch genommen, welches die Frau mit der Brille ihr gegeben hatte, sie spürte, dass es sehr schwer werden würde, noch mehr Bücher über die Stadt auszuleihen, die mit der Brille hatte Shane die ganze Zeit beobachtet und dabei die dünnen Augenbrauen nach oben gezogen.
Mann, ich hab einen Ausweis, ich kann mir ausleihen, was ich will!
Shane steckte die Hände in die Taschen. Als sie das Buch aus dem Regal gezogen hatte und sich umgedreht hatte, hatte sie den Gang bemerkt. Sie war sich sicher gewesen, dass der Raum mit dem letzten Regal zu Ende war, schließlich zogen sich die Bücherschränke in ewig langen Reihen hindurch.
Doch es schien noch weiter zu gehen, der Gang schien noch weiter in die Bibliothek hineinzuführen.
„Hast du alles?“, hatte die Frau ungeduldig gefragt.
Nun stand Shane stand an der anderen Seite der Mauer und schaute in den Himmel. Dicke schwarze Wolken. Sie lief weiter.
„Hey! Komm gefälligst her, Junge!“
„Lass mich in Ruhe!“
Der Junge rannte die Treppe herunter und drehte sich um.
„Schwing deinen Arsch sofort her, oder ich werde ihn dir aus der Hose prügeln!“
„Du sollst mich in Ruhe lassen!“
Der Vater stand oberhalb der Stufen und hob die ausgestreckte Hand. „Ich warne dich, mach mich nicht wütend!“
Rambo drehte sich wieder um. Es waren nur wenige Meter bis zur Tür, doch seine Angst schien ihn zu lähmen. Er hörte, wie der Vater loslief.
„Nein!“, schrie Rambo. „Lass mich in Ruhe!“
In einem Tempo, welches er nicht erwartet hatte, war sein Vater die Stufen hinuntergekommen. Er war ihm jetzt so nahe, dass Rambo seinen eklig süßen Atem riechen konnte. Er zitterte, schaffte es jedoch, sich wegzudrehen und loszulaufen.
Der Vater hatte sich ebenfalls in Bewegung gesetzt, er stürzte sich gierig auf den Jungen, als sein Blick auf den Filzpantoffel an der Wand fiel.
Keuschend zog er im Vorbeirennen den Schuhlöffel heraus und hielt ihn über sich wie eine Axt.
Rambo klammerte sich am Türgriff fest, rüttelte ihn hin und her und sah sich panisch um.
Er sah seinen Vater auf sich zu rennen, die Augen rot und verquollen und den Mund verzerrt.
Endlich öffnete sich die Tür und Rambo rannte durch den Rahmen.
Der Vater war direkt hinter ihm, holte noch weiter aus und hätte ihn sicherlich getroffen, wenn nicht auf einmal die Tür zugeknallt wäre. Sie traf den Vater mit solch einer Wucht, dass der nach hinten flog, ähnlich wie sein Sohn einmal, und auf die Treppe knallte. Er blieb bewusstlos liegen.
Rambo war weiter gerannt, die Treppen hinunter, durch den Vorgarten, über den Gehweg und schließlich stehen geblieben. Er drehte den Kopf.
Shane.
„Na toll.“
Shane stand auf dem Gehweg, betrachtete die Bäume, die sich wie ein Streifen an der Straße entlang zogen. Jetzt, im Winter konnte man es kaum erkennen, doch das Gras entlang dem Gehweg und die Büsche und Bäume säumten die gesamte Straße wie eine Allee. Der grüne Streifen. So stand es in der Zeitung.
Nun setzte sie sich in Bewegung und ging auf Rambo zu. Mit den Augen fuhr sie an ihm rauf und runter um zu sehen, ob er verletzt sei. Es sah nicht so aus.
Schließlich standen sie sich
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