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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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wand sich zwischen Bagage und Rüstungen hindurch, noch immer in seinen durchnäßten Jagdumhang gehüllt.
    Er hätte in dieser Nacht wohl sogar ohne jede Verkleidung durch das Heerlager gehen können. Zur Dunkelheit und dem inzwischen nachlassenden Regen kam noch ein tief hängender, wallender Nebel, der über das Grasland herangekrochen war und alles so dicht einhüllte, daß man kaum zwei Meter weit sehen konnte. Ohne es zu wollen, dachte Flick wieder an Shea. Die Suche nach seinem Bruder war der eigentliche Anlaß für ihn gewesen, sich ins Lager zu schleichen. Er hatte über Shea nichts erfahren, allerdings damit auch kaum gerechnet. Er war durchaus darauf vorbereitet gewesen, entdeckt und gefangengenommen zu werden, kaum, daß er sich ins Lager geschlichen hatte, aber noch immer war er frei. Wenn er jetzt zu entkommen und Allanon zu finden vermochte, wenn es ihnen gelingen sollte, den Elfenkönig zu befreien und…
    Flick blieb plötzlich stehen und duckte sich neben einem mit Segeltuch abgedeckten Bagagestapel. Selbst wenn er auf irgendeine Weise den Druiden ausfindig machte, was konnten sie für Eventine tun? Es erforderte Zeit, Balinor in der ummauerten Stadt Tyrsis zu erreichen, und viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Was würde aus Shea werden, während sie sich bemühten, Eventine zu befreien - wer war für das Südland wichtiger als Flicks Bruder, seitdem das Schwert von Shannara verlorengegangen war? Aber vielleicht wußte Eventine etwas über Shea? Vielleicht wußte er, wo Shea sich befand - vielleicht sogar, wohin man das mächtige Schwert gebracht hatte?
    Flicks erschöpftes Gehirn begann die Möglichkeiten zu überdenken. Er mußte Shea finden; nichts war im Grunde wichtiger für ihn. Es gab niemanden mehr, der ihm helfen konnte, seitdem Menion sich auf den Weg gemacht hatte, die Städte von Callahorn zu warnen. Selbst Allanon schien seine gewaltigen Reserven ohne Erfolg ausgeschöpft zu haben. Aber Eventine mochte wissen, wo Shea war, und Flick allein war in der Lage, in diesem Punkt etwas zu unternehmen.
    Fröstelnd wischte er sich den Regen vom Gesicht und starrte in den Nebel. Wie konnte er auch nur daran denken, dort noch einmal hinzugehen? Er stand am Rande der Panik und Erschöpfung, selbst wenn er kein weiteres Risiko mehr auf sich nahm. Aber die Nacht war ideal geeignet - dunkel, neblig, undurchdringlich. Eine solche Gelegenheit mochte sich in der kurzen, noch verfügbaren Zeit nicht mehr einstellen, und niemand konnte sie nutzen außer ihm. Wahnsinn - Wahnsinn! dachte er verzweifelt. Wenn er noch einmal hinging, wenn er versuchte, Eventine auf eigene Faust zu befreien… würde man ihn töten.
    Aber plötzlich entschied er, daß dies genau das war, was er tun würde. Shea war der einzige, der ihm wirklich am Herzen lag, und der Elfenkönig schien allein Kenntnis davon zu haben, was mit seinem vermißten Bruder geschehen war. Flick war alleine so weit gekommen, hatte vierundzwanzig qualvolle Stunden lang versucht, sich zu verbergen, am Leben zu bleiben in einem Lager voller Feinde, die ihn nicht zu bemerken schienen. Es war ihm sogar gelungen, in das Zelt der Troll-Kommandeure vorzudringen, nah genug an den großen König des Elfenvolks heranzukommen, um ihm eine kurze Nachricht zu übermitteln. Vielleicht war dies alles das Ergebnis blinden Zufalls gewesen, ein flüchtiges Wunder, aber konnte er jetzt die Flucht ergreifen, obwohl er so wenig vorzuweisen hatte? Er lächelte schwach über sein eigenes dumpfes Gefühl für das Heroische. Eine unwiderstehliche Herausforderung gewann Macht über ihn, nachdem er sich bislang immer erfolgreich dagegen gewehrt hatte. Wahrscheinlich würde sie seinen Untergang herbeiführen. Frierend, erschöpft, dem seelischen und körperlichen Zusammenbruch nahe, gedachte er trotzdem diesen letzten Einsatz zu wagen, einfach, weil die Umstände ihn zu dieser Zeit an diesen Ort geführt hatten. Ihn allein. Menion Leah würde grinsen, wenn er das sehen könnte, dachte Flick grimmig und wünschte sich gleichzeitig, der wilde Hochländer möge hier sein, um ihm etwas von seinem unbekümmerten Mut abzugeben. Aber Menion war nicht hier, und die Zeit verrann schnell.
    Dann war er, fast ohne es selbst zu merken, durch das Lager zurückgegangen und kauerte atemlos vor dem großen Maturen-Zelt. Regen und Schweiß rannen in kleinen Bächen über sein erhitztes Gesicht in die tropfnasse Kleidung, während er regungslos auf das Zelt starrte. Von neuem überfielen ihn die

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