Shannara II
gearbeitet«, bemerkte Wil.
»In erster Linie mit den Kindern, denn die Kinder sind offener für das, was ich lehre, und haben Zeit zu lernen. Ich erhielt meinen Unterricht im Umgang mit der Erde, als ich noch ein Kind war; so ist das bei uns Elfen. Ich verstand es besser als die meisten, das Gelernte umzusetzen - ich vermute, das ist einer der Gründe, warum ich erwählt wurde. Der Ellcrys hat Gespür für so etwas. Er besitzt die Fähigkeit - «
Es war, als ertappe sich Amberle mitten in einem Gedanken, den sie nicht weiterverfolgen wollte. Abrupt brach sie ab und zuckte die Schultern.
»Jedenfalls verstand ich es mit den Kindern von Havenstead sehr gut, und die Leute im Dorf waren nett zu mir. Havenstead war mein Zuhause, und ich wollte nicht fort.«
Sie senkte den Blick auf das Feuer zwischen ihnen. Wil schwieg, legte nur ein paar frische Zweige auf. Nach einer Weile sah Amberle wieder zu ihm auf.
»So, jetzt weißt du ein wenig über die Beziehung der Elfen zur Erde. Sie ist ein Teil deines Erbes, deshalb solltest du versuchen, sie zu verstehen.«
»Ich glaube, ich verstehe sie schon«, erwiderte Wil nachdenklich. »Zumindest teilweise. Zwar wurde ich nicht nach Elfenart unterwiesen, aber ich habe bei den Stors die Heilkunst erlernt. Ihr Interesse am menschlichen Leben hat viel Ähnlichkeit mit dem Interesse der Elfen am Wohlbefinden der Erde. Ein Heilkundiger muß tun, was in seiner Macht steht, um das Leben und die Gesundheit der Menschen zu erhalten, die er behandelt. Das ist eine Verpflichtung, die ich eingegangen bin, als ich mich entschloß, ein Heilkundiger zu werden.«
Das Elfenmädchen musterte ihn mit neugierigem Blick.
»Irgendwie finde ich es darum um so sonderbarer, daß Allanon dich überreden konnte, mich zu begleiten. Du bist ein Heilkundiger, der sich der Erhaltung des Lebens verpflichtet hat. Was willst du tun, wenn du in eine Situation gerätst, in der du anderen Schaden antun, sie vielleicht sogar töten mußt, um mich zu schützen?«
Wil starrte sie wortlos an. Er hatte die Möglichkeit, daß es sich so zutragen könnte, nie in Erwägung gezogen. Als er ihr jetzt ins Gesicht blickte, verspürte er ein unbehagliches Gefühl des Zweifels.
»Ich weiß nicht, was ich dann tun werde«, bekannte er voll Unsicherheit.
Danach schwiegen sie beide lange. Über das Feuer hinweg sahen sie einander an und waren nicht fähig, die Befangenheit des Augenblicks zu verdrängen. Dann aber stand Amberle unvermittelt auf, ging zu Wil hinüber und setzte sich neben ihn. Impulsiv ergriff sie seine Hand.
»Die Frage war nicht fair, Wil Ohmsford. Es tut mir leid, daß ich sie gestellt habe. Du hast dich bereit gefunden, mich auf dieser Reise zu begleiten, weil du glaubtest, du könntest mir helfen. Es ist unrecht von mir, daran zu zweifeln, daß du es tun würdest.«
»Die Frage war berechtigt«, widersprach Wil, »aber ich weiß eben keine Antwort darauf.«
»Das ist auch gar nicht nötig«, meinte sie. »Gerade ich mußte eigentlich wissen, daß es Entscheidungen gibt, die nicht im voraus getroffen werden können. Wir können nicht immer voraussehen, wie die Dinge sich entwickeln werden, und wir können daher auch nicht vorausplanen, wie wir handeln werden. Damit müssen wir uns abfinden. Die Frage war wirklich nicht in Ordnung. Ebensogut könntest du mich fragen, was ich tun werde, wenn der Ellcrys mir eröffnet, daß ich noch immer eine Erwählte bin.«
Wil lächelte schwach. »Vorsichtig! Ich bin in Versuchung, dir genau diese Frage zu stellen.«
Augenblicklich ließ sie seine Hand los und stand auf.
»Tu es nicht. Die Antwort, die ich dir gäbe, würde dir nicht behagen.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Du glaubst, ich stehe vor einer einfachen Entscheidung. Aber du irrst dich.«
Sie kehrte auf die andere Seite des Feuers zurück und breitete ihren Umhang auf dem Boden aus. Bevor sie sich in ihn einwickelte, drehte sie sich noch einmal nach ihm um.
»Glaub mir, Wil Ohmsford, wenn diese Entscheidungen wirklich notwendig werden sollten, dann wirst du es leichter haben als ich.«
Sie senkte den Kopf in die Falten ihres Umhangs und war Augenblicke später eingeschlafen. Wil starrte grüblerisch ins Feuer. Er konnte es nicht erklären, aber er glaubte ihr.
Kapitel 14
Als sie am folgenden Morgen erwachten, war Artaq nicht mehr da. Im ersten Moment glaubten sie, er sei vielleicht in der Nacht davongewandert, aber sie fanden ihn weder im Wald rund um ihr Lager noch jenseits auf der offenen
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