Shannara II
gelungen, sich zu befreien und wieder in Eure Welt einzudringen. Bald werden sie alle frei sein, und dann werden sie Euch für immer zu vernichten trachten.«
Der Druide trat noch einen Schritt vor.
»Tut das nicht als unglaubwürdige Schwarzseherei ab, Ihr Herren Räte. Noch kennt Ihr nicht, wie ich, das Ausmaß des Hasses, der diese Geschöpfe antreibt. Nur einer Handvoll von ihnen bin ich begegnet, einigen wenigen, denen es bereits gelungen ist, die Mauer der Verfemung zu überwinden, doch die zeigten mir in aller Deutlichkeit die ganze Gewalt des Hasses, der in jedem einzelnen von ihnen brennt. Alles vernichtend ist dieser Haß. Er verleiht ihnen Kräfte, größer als jene, die sie besaßen, als Ihr sie von der Erde verbanntet. Ich glaube nicht, daß Ihr in der Lage sein werdet, diesen Kräften standzuhalten.«
»Ihr kennt das Heer der Elfen nicht!« Pindanons Miene war finster.
»Befehlshaber.« Eventine sprach leise. Der alte Soldat drehte sich sofort um. »Wir wollen ihn doch zu Ende hören.«
Pindanon lehnte sich wieder zurück, mühsam unterdrückter Zorn stand in seinem Gesicht.
»Der Ellcrys ist Garantie für den Fortbestand Eures Volkes«, fuhr Allanon fort, ohne weiter auf Pindanon zu achten. »Wenn der Ellcrys stirbt, verliert der Bannspruch seine Wirkung. Die Zauberkraft, die ihn und die Mauer der Verfemung geschaffen hat, ist verloren. Es gibt nur eine Möglichkeit, das zu verhindern, nur eine einzige. Gemäß der Überlieferung der Elfen und gemäß den Gesetzen der Magie, die ihn zum Leben erweckten, muß der Ellcrys wiedergeboren werden. Es gibt nur einen Weg, eine solche Wiedergeburt herbeizuführen. Ihr kennt ihn. Ein Mitglied aus dem Kreise der Erwählten, die im Dienst des Baumes stehen, muß sein Samenkorn zum Quell allen Lebens bringen, zum Blutfeuer der Erde. Dort muß der Keim in das Feuer eingetaucht, und dann dort, wo der Mutterbaum wächst, an die Erde zurückgegeben werden. Nur dann wird es neues Leben für den Ellcrys geben. Nur dann wird die Mauer der Verfemung wiedererstehen, und die Dämonen werden wieder von der Erde verbannt sein.
Männer von Arborlon! Vor zwei Wochen, nachdem ich entdeckt hatte, daß der Ellcrys dem Tode nahe ist, kam ich zu Eventine Elessedil, ihm meine Hilfe anzubieten. Ich kam nicht rechtzeitig. Die Wirkung des Bannspruchs hatte bereits angefangen nachzulassen, einigen der Dämonen, die hinter der Mauer eingeschlossen waren, war der Ausbruch schon gelungen. Ehe ich es verhindern konnte, hatten sie die Erwählten ermordet, im Schlaf getötet, alle, die sie antrafen.
Dennoch sagte ich dem König, daß ich versuchen würde, den Elfen in zweierlei Hinsicht zu helfen. Zunächst wollte ich nach Paranor reisen, zur Burg der Druiden, und dort in den Geschichtsbüchern meiner Vorgänger forschen, um dem Geheimnis des Wortes 'Sichermal' auf die Spur zu kommen. Dies habe ich getan. Ich weiß jetzt, wo das Blutfeuer zu finden ist.«
Er schwieg, und sein Blick wanderte über die Gesichter der Männer, die ihm gebannt lauschten.
»Ich versprach dem König außerdem, jene zu suchen, die das Samenkorn des Ellcrys zum Blutfeuer bringen könnten, denn ich war überzeugt, daß es einen solchen Erwählten noch gab. Auch dies habe ich getan. Ich habe ihn mit mir nach Arborlon gebracht.«
Andor blickte voll gespannter Erwartung auf Allanon, während die Männer am Tisch murmelnd ihre Ungläubigkeit kundtaten. Allanon drehte sich um und winkte die kleinere der beiden verhüllten Gestalten zu sich.
»Tritt vor.«
Zaghaft erhob sich die dunkle Gestalt und ging auf Allanon zu.
»Nimm deine Kapuze ab.«
Wieder zögerte die vermummte Gestalt. Ungeduldig beugten die Versammelten sich vor - alle außer Eventine, der kerzengerade in seinem Sessel saß und mit beiden Händen die geschnitzten Armlehnen umklammerte.
»Nimm deine Kapuze ab«, wiederholte Allanon freundlich.
Diesmal gehorchte die vermummte Gestalt. Schmale braune Hände kamen unter dem Faltenwurf des Gewandes hervor und schoben die Kapuze zurück. Amberles meergrüne Augen blickten voll banger Unsicherheit auf Eventine Elessedil. Es war totenstill im Saal.
Dann sprang Arion auf, kreidebleich vor Zorn.
»Nein! Nein, Druide! Bringt sie hinaus! Bringt sie dorthin zurück, wo Ihr sie gefunden habt!«
Auch Andor sprang auf, Bestürzung im Gesicht über die Worte seines Bruders, doch sein Vater faßte ihn am Arm und zog ihn auf seinen Sessel zurück. Zornige Bemerkungen flogen hin und her, doch die Worte gingen im
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