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Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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König.«
    Alle Augen waren jetzt auf Eventine gerichtet. Einen Moment lang schien er nicht gehört zu haben. Reglos starrte er auf die glänzende Tischplatte, und auf seinen Zügen lag ein Ausdruck von Traurigkeit und Resignation. Langsam glitten seine Hände über das schimmernde Holz, schlossen sich dann fest ineinander.
    Er stand auf.
    »Dann ist es beschlossen. Amberle soll vor den Ellcrys treten. Damit ist die Sitzung beendet.«
    Arion Elessedil sprang auf, warf einen vernichtenden Blick auf Andor und stakte ohne ein Wort aus dem Saal.
     
    Im verhüllenden Schatten seiner Kapuze sah Wil Ohmsford den Schmerz und die Ungläubigkeit, die sich in Andor Elessedils Augen spiegelten, als dieser seinem Bruder nachblickte. Eine Kluft hatte sich zwischen den beiden Brüdern geöffnet, die sich so schnell nicht wieder schließen würde. Plötzlich traf der Blick des Elfenprinzen den seinen, und verlegen senkte er die Lider.
    Allanon nahm wieder das Wort, teilte den Zurückgebliebenen mit, daß Amberle ein bis zwei Tage brauche, um sich von den Strapazen der langen Reise zu erholen, bevor sie vor den Ellcrys treten könne. Sobald das geschehen war, würden sie wieder zusammenkommen.
    Wil stand auf, den Umhang noch immer fest um sich gezogen, da Allanon ihn ermahnt hatte, sich nicht zu erkennen zu geben. Rasch leerte sich der Saal, und Wil trat nun hinüber zu Amberle. Er sah, wie Andor Elessedil sich noch einmal nach ihnen umdrehte, zögerte, dann den anderen nach draußen folgte. Allanon hatte Eventine beiseitegenommen und sprach mit gesenkter Stimme auf ihn ein. Es erweckte den Eindruck, als gäbe es zwischen ihnen eine Meinungsverschiedenheit. Mit einem widerwilligen Nicken schritt schließlich auch der Elfenkönig aus dem Saal. Wil und Amberle blieben mit dem Druiden allein zurück.
    Allanon winkte ihnen.
    »Folgt mir.«
    Rasch führte er sie aus dem Ratssaal den Gang hinunter, bis sie wieder im kühlen Dunkel der Vorhalle standen. Dort hielt der Druide inne, lauschte, wandte sich dann ihnen zu.
    »Amberle.« Er wartete, bis ihre Augen ihn ansahen. »Ich möchte, daß du heute abend den Ellcrys aufsuchst.«
    Überraschung und Verwirrung spiegelten sich auf dem Gesicht des Elfenmädchens.
    »Warum?« fragte sie erstaunt und schüttelte dann hastig den Kopf. »Nein. Nein, das geht mir zu schnell! Ich brauche Zeit, um mich auf dieses Zusammentreffen vorzubereiten. Außerdem habt Ihr soeben meinem Vater und den anderen erklärt, ich würde erst in ein oder zwei Tagen zu dem Baum gehen.«
    Allanon nickte ungeduldig. »Eine kleine, aber notwendige Täuschung. Darf ich fragen, welcher Art die Vorbereitungen sind, die du noch treffen willst? Es handelt sich doch hier nicht um eine Erprobung deiner Fähigkeiten oder deiner Ausdauer; Vorbereitung hilft dir hier nicht. Entweder bist du noch eine Erwählte im Dienste des Baumes, oder du bist es nicht mehr.«
    »Ich bin müde, Druide!« Sie war jetzt zornig. »Ich bin müde und ich will schlafen. Ich kann jetzt nicht zu dem Baum gehen.«
    »Du mußt.« Er schwieg einen Augenblick. »Ich weiß, daß du müde bist; ich weiß, daß du Schlaf brauchst. Doch das muß warten. Zuerst mußt du zu dem Baum gehen - jetzt!«
    Sie erstarrte bei seinen Worten, und in ihren Augen flackerte der Ausdruck eines gehetzten Tieres. Dann begann sie zu weinen. Es war, als wolle all das, was geschehen war - das unerwartete Auftauchen des Druiden in ihrem Häuschen, die Nachricht vom Sterben des Ellcrys und vom Tod der Erwählten, die Erkenntnis, die beängstigende Flucht nach Norden, die Konfrontation mit dem Hohen Rat und ihrem Großvater und jetzt dies - als wolle dies alles sie mit einem Schlag überwältigen. All ihre Schutzmauern schienen einzustürzen. Klein und hilflos stand sie vor ihnen und schluchzte herzzerreißend. Als Allanon sie trösten wollte, fuhr sie scheu zurück, wandte sich von ihnen beiden ab. Wil Ohmsford starrte ihr hilflos nach.
    Schließlich hörte sie auf zu weinen. Als sie sprach, das Gesicht noch immer abgewandt, war ihre Stimme nur ein Flüstern.
    »Ist es wirklich notwendig, Allanon - wirklich und wahrhaftig notwendig -, daß ich noch heute abend zu dem Baum gehe?«
    Der Druide nickte. »Ja, Elfenmädchen.«
    Es folgte ein langes Schweigen.
    »Dann werde ich es tun.«
    Ruhig und gefaßt kehrte sie zu ihnen zurück. Ohne ein Wort führte Allanon die beiden jungen Leute in die Stadt hinaus.

Der Druide
von Shannara

Kapitel 19
    Blaß-silbernes Mondlicht strömte vom Himmel

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