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Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Elessedil saß allein in der Abgeschiedenheit seines Studierzimmers, vor sich eine von Gael aufgestellte Liste aller jener Angelegenheiten, die am folgenden Morgen erledigt werden sollten. Müdigkeit zeichnete sein Gesicht, und seine Augen blinzelten matt in das Licht der Öllampe, die vor ihm auf dem Schreibtisch stand. Es war still in diesem Zimmer, in dem der hochbetagte König der Elfen in die Tiefe seiner Gedanken eintauchte.
    Er warf einen Blick zu Manx hinüber, der in tiefem Schlummer vor einem Bücherregal lag. Die ergrauenden Flanken des Wolfshundes hoben und senkten sich in gleichmäßigem Rhythmus, während er mit einem seltsamen dünnen Winseln den Atem durch die Nase stieß. Eventine lächelte. Getreuer alter Hund, dachte er, dich flieht der Schlaf nicht, dir wird er Nacht um Nacht geschenkt, tief und traumlos und ohne Sorgen. Er schüttelte den Kopf. Viel hätte er darum gegeben, nur eine einzige Nacht ungestörten Schlafs genießen zu können. Er fand kaum noch Ruhe. Alpträume bedrängten seinen Schlaf-Alpträume, die Verzerrungen der bedrückenden Realität seiner wachen Stunden waren. Sie quälten und peinigten ihn, schlichen sich boshaft in seinen Schlaf und ließen ihn keine Ruhe finden. Jede Nacht kehrten sie wieder und geisterten beängstigend durch seinen Schlaf, so daß er sich wieder und wieder selbst wachrüttelte, bis endlich die Morgendämmerung dem Kampf ein Ende machte.
    Er rieb sich die Augen und drückte die Hände auf die geschlossenen Lider, um das Licht nicht durchzulassen. Bald würde er schlafen müssen, denn er brauchte den Schlaf dringend. Er wußte dennoch, daß er kaum Ruhe finden würde.
    Als er die Hände wieder vom Gesicht nahm, erblickte er Allanon vor sich. Für einen Augenblick lang traute er seinen Augen nicht, glaubte, die Phantasie spiele ihm einen Streich. Doch als er mit scharfem Blick die Augen zusammenkniff, und das Bild noch immer stehenblieb, sprang er auf.
    »Allanon! Ich dachte, ich litte unter Wahnvorstellungen!«
    Der Druide trat näher zu ihm, und sie reichten einander die Hände. Ein schwaches Flackern von Unsicherheit zitterte in den Augen des Elfenkönigs.
    »Habt Ihr sie gefunden?«
    Allanon nickte. »Sie ist hier.«
    Eventine wußte nicht, was er darauf sagen sollte. Die beiden Männer blickten einander wortlos an. Manx hob den Kopf und gähnte.
    »Ich hätte nicht geglaubt, daß sie je zurückkehren würde«, sagte der König schließlich. Er zögerte. »Wohin habt Ihr sie gebracht?«
    »An einen Ort, wo sie beschützt werden kann«, erwiderte Allanon. Er ließ die Hand des Königs los. »Wir haben nicht viel Zeit. Ich möchte, daß Ihr Eure Söhne und diejenigen Eurer Berater zusammenruft, denen Ihr größtes Vertrauen entgegenbringt - jene, denen Ihr die Wahrheit über die Gefahr, die den Elfen droht, mitgeteilt habt. Laßt ihnen ausrichten, sie mögen sich in einer Stunde im Saal des Hohen Rats der Elfen versammeln. Laßt ihnen ausrichten, daß ich mit ihnen sprechen möchte. Sagt sonst keinem Menschen etwas. Sorgt dafür, daß Eure Garde draußen wacht. In einer Stunde. Wir sehen uns dann.«
    Er machte kehrt und steuerte wieder auf die offene Fenstertür zu, durch die er eingetreten war.
    »Amberle…?« rief Eventine ihm nach.
    »In einer Stunde«, wiederholte der Druide. Der Vorhang teilte sich, und Allanon war in der Nacht verschwunden.
     
    Der Ratssaal war ein großer, sechseckiger Raum, aus Stein und Eichenbalken errichtet. Die schweren dunklen Balken der gewölbten Decke liefen in der Mitte des Sechsecks sternförmig zusammen. Eine hohe Flügeltür aus massivem Holz führte in den Saal, der von tiefhängenden, an schwarzen Eisenketten befestigten Öllampen beleuchtet wurde. An einer Wand befand sich das Podium, auf dem der König Platz zu nehmen pflegte. Mehrere Stufen führten zu einem wuchtigen, kunstvoll geschnitzten Eichenthron, zu beiden Seiten von Fahnenstangen flankiert, an denen die Banner der Königshäuser des Elfenreichs herabhingen. An den übrigen Wänden reihten sich in Stufen aufgebaut lange Sitzbänke, von denen man auf ein weites Rund glänzend polierten Steinbodens hinunterblickte, das wie eine Arena von einem niedrigen Eisengitter umschlossen war. Genau in der Mitte des Raumes stand ein großer ovaler Tisch mit einundzwanzig Stühlen, wo die Mitglieder des Hohen Rats der Elfen ihren Platz innehatten.
    Nur sechs der Stühle waren an diesem Abend besetzt. Auf einem hatte Andor Elessedil Platz genommen. Er sprach kaum mit

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