Shannara IV
werden würde, hatten sie nichts bei sich, das ihnen auf einer längeren Reise hätte von Nutzen sein können. Sie hatten keinen Proviant, keine Decken, keine Waffen, mit Ausnahme ihrer langen Messer, nichts, womit sie ein Lager hätten errichten können, nichts, um sich vor schlechtem Wetter zu schützen, und was am allerschlimmsten war, sie hatten kein Geld. Der Besitzer des Bierhauses war ihnen einen Monat lang ihr Geld schuldig geblieben. Und das Geld, das sie sich vorher gespart hatten, war mit allen anderen Besitztümern im Feuer verlorengegangen. Sie besaßen lediglich das, was sie auf dem Leib trugen.
Das Hafenviertel bestand aus unzähligen Bootshäusern, Stegen, Reparaturwerkstätten und Lagerschuppen. Das ganze Viertel war hell beleuchtet, Hafenarbeiter und Fischer tranken und scherzten im Schein der Öllampen. Aus schmiedeeisernen Öfen und Fässern stieg Qualm auf, und die Luft war erfüllt von Fischgeruch.
»Vielleicht haben sie die Suche für heute nacht eingestellt«, bemerkte Par. »Ich meine die Sucher. Vielleicht nehmen sie sie erst morgen früh wieder auf - oder vielleicht auch nie.«
Coll warf ihm einen Blick zu und zog vielsagend eine Augenbraue hoch. »Vielleicht können Kühe auch fliegen.« Er schaute weg. »Wir hätten darauf bestehen sollen, daß man uns für unsere Arbeit sofort bezahlt. Dann wären wir jetzt nicht in der Klemme.«
Par zuckte die Schultern. »Das würde uns jetzt auch nichts nützen.«
»Nichts nützen? Wir hätten wenigstens etwas Geld.«
»Aber auch nur dann, wenn wir es während der Vorstellung bei uns getragen hätten. Hältst du das etwa für wahrscheinlich?«
Coll hob die Schultern und verzog das Gesicht. »Dieser Bierhausbesitzer schuldet uns was.«
Sie gingen schweigend bis zum Südende des Hafens. Wortlos sahen sie einander an. Es war kühler geworden, und ihre leichte Kleidung bot keinen Schutz gegen die Kälte. Sie zitterten und vergruben die Hände tief in den Taschen, die Arme dicht an ihre Körper gepreßt. Lästige Insekten umschwirrten sie.
Coll seufzte. »Hast du eine Ahnung, was wir jetzt machen sollen, Par? Hast du dir schon was überlegt?«
Par nahm die Hände aus den Taschen und rieb sie kräftig aneinander. »Ja, das habe ich. Aber dazu brauchen wir ein Boot.«
»Du willst also nach Süden - auf dem Mermidon?«
»Bis ans Ende.«
Coll lächelte, weil er fälschlicherweise annahm, daß sie sich auf dem Weg nach Hause befanden. Par hielt es für besser, ihn in dem Glauben zu lassen.
»Warte hier«, sagte Coll plötzlich und verschwand, noch bevor Par irgend etwas einwenden konnte.
Par stand allein in der Dunkelheit am Ende des Hafens. Es kam ihm vor, als warte er mindestens eine Stunde, aber in Wirklichkeit wartete er höchstens halb so lange. Er setzte sich auf eine Bank vor einer Fischerhütte und zog die Beine bis zum Kinn hoch, um sich vor der Nachtluft zu schützen. Alle möglichen Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Er war wütend, am meisten auf den Fremden, der sie zuerst wie durch Zauberhand befreit hatte, um sie dann zu verlassen. Er streckte die Beine aus und schlug einen Fuß über den anderen. Er wußte, daß er jetzt nichts mehr ändern konnte. Coll und er würden einfach noch einmal von vorne anfangen müssen. Aufgeben kam für ihn überhaupt nicht in Frage. Dazu waren die Geschichten einfach zu wichtig, und er hielt es für seine Pflicht, dafür zu sorgen, daß sie nicht vergessen wurden. Er war überzeugt, daß er diese Gabe eigens zu diesem Zweck besaß. Es spielte überhaupt keine Rolle, wie die Föderation darüber dachte - daß Zauberei verboten war und daß sie dem Land und den Menschen Schaden zufügte. Was wußte die Föderation schon von Zauberei? Den Mitgliedern des Koalitionsrates fehlte es an jeglicher praktischen Erfahrung. Sie hatten einfach beschlossen, daß etwas getan werden mußte, um diejenigen zufriedenzustellen, die behaupteten, die Vier Länder litten an Krankheiten und Menschen würden wie in Jair Ohmsfords Zeiten in dunkle Wesen verwandelt, in eine Art niederer Lebewesen, Wesen, die ihre Kraft aus der Dunkelheit und aus Zauberkräften schöpften, die seit der Zeit der Druiden verloren schienen. Diese Wesen hatten sogar einen Namen. Man nannte sie Schattenwesen.
Plötzlich drängte sich Par wieder der unangenehme Gedanke an die Träume auf und an das Dunkle in ihnen, das ihn gerufen hatte.
Er bemerkte, daß die Stimmen der Fischer und Hafenarbeiter, das Surren der Insekten, ja selbst das Rascheln
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