Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
hielt sich mit eigensinnigem Trotz, lange nachdem der feurige Sonnenball hinter dem Horizont verschwunden war. Die Dunkelheit verweigerte auch nur das winzigste Maß an Erleichterung, keinen kühlenden Windhauch, kein Absinken der Temperatur. Die Schwüle des Tages wurzelte störrisch im Boden und wollte sich nicht vertreiben lassen. Wie ein Drache atmete sie Feuer aus ihrem unterirdischen Versteck. Insekten summten und flatterten in gezackten Bögen umher. Die Bäume ließen ihre Blätter hängen wie von der Hitze erschöpfte Riesen. Der Mond kroch über den südlichen Horizont, eine silbrig schimmernde Sichel im Dunst. Die einzigen Geräusche, die die Stille brachen, waren jene, die aus den Kehlen gejagter Kreaturen drangen, bevor ihre Jäger sie für immer zum Schweigen brachten.
    Selbst in den heißesten aller Nächte hörte das Spiel von Leben und Tod nicht auf.
    Wren Ohmsford und der große Fahrende Garth ließen ihre Pferde in den ausgetretenen Pfad einbiegen, der in die Stadt Grimpen Ward führte. Sie hatten eine Woche gebraucht, um von Tirfing hierher zu reisen. Sie hatten nur den Fahrenden bekannte Pässe über den Irrybis gewählt, waren den Wegen des Wilderun nach Norden und Westen gefolgt, hatten den trügerischen Shroudslip wohlweislich gemieden und waren endlich über den Whistle Ridge hinunter in den verruchten Sumpf des verrufensten Kaffs des Westlandes gelangt.
    Wenn man nirgendwo mehr hinflüchten und untertauchen konnte, so sagte man, dann gab es noch immer Grimpen Ward. Diebe, Halsabschneider und Halunken aller Art fanden in dieser Gesetzlosenstadt Zuflucht. Umgeben von den Mauern des Irrybis- und des Rock-Spur-Gebirges, verschluckt von dem undurchdringlichen Dschungel des Wilderun, bot Grimpen Ward Aussteigern aller Art ein Refugium.
    Doch es war gleichzeitig auch eine tödliche Falle, der nur wenige entkamen, eine Schlangengrube, wo jeder jedem als Beute diente, da es niemand anderen gab. Sie verschlangen sich gegenseitig mit skrupelloser Gleichgültigkeit und entartetem Vergnügen, aus einem wilden Bedürfnis heraus und aus Langeweile. Von jenen, die nach Grimpen Ward kamen, um ihr Leben zu retten, wurden die meisten enttäuscht.
    Zwischen den Bäumen kam die Stadt in Sicht, und Garth und Wren wurden langsamer. Licht schien durch das Fensterglas schwarz verdreckter Häuser, die Fensterläden hingen schief in den Angeln, Mauern und Dächer waren so arg von Zeit und Vernachlässigung mitgenommen, daß sie aussahen, als wollten sie jeden Moment einstürzen. Türen standen in der fruchtlosen Hoffnung, etwas von der im Inneren gefangenen Hitze zu vertreiben, halb offen. Gelächter brach schneidend in die Stille des Waldes, grob, gezwungen, verzweifelt. Gläser klangen, und manche zersprangen dabei. Hin und wieder ertönte ein Schrei, einsam und körperlos.
    Wren schaute Garth an und signalisierte: Wir verstecken die Pferde hier. Garth nickte. Sie lenkten ihre Reittiere zwischen die Bäume und ritten ein Stück von der Straße fort, bis sie eine geeignete Lichtung fanden, und banden die Pferde in einem Birkenhain an.
    »Leise«, flüsterte Wren und bewegte dabei ihre Finger.
    Sie bahnten sich den Weg zurück zur Straße und gingen weiter hinunter. Staub wirbelte unter ihren Stiefeln auf und legte sich als dunkle Schicht über ihre Gesichter. Sie waren den ganzen Tag geritten, eine langwierige Reise durch die unerträgliche Hitze, bei der sie die Pferde nicht antreiben konnten, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. Der Wilderun war ein Morast mitsommerlicher Feuchtigkeit und Fäulnis, das Holz des Waldes verdörrte zu Stroh, der Boden war weich und gab trügerisch nach, die Flüsse und Trinkwasserteiche waren ausgetrocknet oder vergiftet, und die Luft wie in einem Hochofen ließ alles verdorren und vertrocknen. Wie unerträglich die Hitze auch in anderen Teilen der Vier Länder sein mochte, hier war sie immer doppelt so schlimm. Der Wilderun war ein stagnierender, ungastlicher Pfuhl, der seit langem als ein Ort betrachtet wurde, an dem die Ausgestoßenen der Vier Länder willkommen waren.
    Banden von Fahrenden kamen häufig zum Feilschen und Tauschen nach Grimpen Ward. Die Fahrenden waren selbst Außenseiter der Gesellschaft und an die Merkwürdigkeiten und die Betrügereien der Menschen gewöhnt, überall sonst gebrandmarkte Geächtete und Unruhestifter, fühlten sie sich hier ganz zu Hause. Und doch reisten sie in engen Familienverbänden und verließen sich auf die Kraft der großen Zahl, der

Weitere Kostenlose Bücher