Shannara V
Sternen erfüllt, deren Licht auf der Oberfläche des Ozeans schimmerte und einen glitzernden Teppich aus Silber zurückließ. Wren verlor sich eine Weile in dieser Schönheit, wärmte sich in der Abendkühle und vergaß für kurze Zeit ihre dunklen Gedanken. Als sie wieder zu sich selbst fand, wünschte sie, sie wüßte genauer, was vor ihr lag. Ihre einst sehr sichere, planvolle Existenz war erstaunlich phantastisch geworden.
Sie ging zurück zum Feuer und zu Garth. Der große Mann breitete die Schlafdecken aus, die sie vom Tal herauf gebracht hatten. Sie würden beim Feuer schlafen und es unterhalten, bis die drei Tage verstrichen waren oder bis jemand kam. Die Pferde waren hinter ihnen am Ende des Tals zwischen den Bäumen angepflockt. Solange es nicht regnete, würden sie lieber im Freien schlafen.
Garth bot an, die erste Wache zu übernehmen, und Wren war einverstanden. Sie wickelte sich am Rande der Feuerwärme in ihre Decken und legte sich hin. Sie beobachtete, wie die Flammen vor der Dunkelheit tanzten, verlor sich in ihre hypnotisierenden Bewegungen und ließ sich treiben. Sie dachte erneut an ihre Mutter, an deren Gesicht und ihre Stimme im Traum und fragte sich, ob irgend etwas davon real war.
Erinnere dich an mich.
Warum konnte sie es nicht?
Sie grübelte noch immer darüber nach, als sie schließlich einschlief.
Sie erwachte von Garths Hand auf ihrer Schulter. Er hatte sie über die Jahre Hunderte von Malen geweckt, und sie hatte gelernt, allein von seiner Berührung her sagen zu können, was er empfand. Seine jetzige Berührung sagte ihr, daß er besorgt war.
Sie rollte sich sofort auf die Füße, und der Schlaf war vergessen. Es war noch früh, soviel konnte sie nach einem schnellen Blick auf den nächtlichen Himmel sagen. Das Feuer brannte noch immer neben ihnen, sein Schein war unvermindert hell. Garth sah vom Feuer fort in die Nacht, zum Tal zurück, dem Geräusch entgegen, das sich näherte. Wren konnte es kommen hören - ein Kratzen, ein Klicken, das Geräusch von Klauen auf dem Fels. Was auch immer dort draußen war, es versuchte nicht, sein Kommen zu verbergen.
Garth wandte sich zu ihr um und signalisierte, daß bis vor wenigen Augenblicken alles völlig ruhig gewesen war. Ihr Besucher mußte zunächst auf Katzenpfoten herangeschlichen sein und dann seine Meinung geändert haben. Wren stellte nicht in Frage, was ihr gesagt wurde. Garth hörte mit seiner Nase und seinen Händen und vor allem mit seinen Instinkten. Obwohl er taub war, hörte er besser als sie. Ein Rock?, überlegte sie kurz und erinnerte sich seiner klauenähnlichen Füße. Garth schüttelte den Kopf. Dann war es vielleicht, was auch immer gemäß dem Versprechen der Addershag kommen sollte? Garth antwortete nicht. Er brauchte es nicht. Was sich näherte, war etwas anderes, etwas Gefährliches…
Ihre Augen trafen sich, und plötzlich wußte sie es.
Es war ihr Schatten, der schließlich kam, um sich ihnen zu zeigen.
Das Kratzen wurde lauter, anhaltender, als würde sich das, was sich da näherte, vorwärts ziehen. Wren und Garth traten einige Schritte vom Feuer zurück und versuchten ein wenig von dem Licht zwischen sich und ihren Besucher und ein wenig Dunkelheit hinter sich zu bringen.
Wren tastete nach dem langen Messer an ihrer Taille. Keine allzu gute Waffe. Garth ergriff seinen gehärteten, viereckigen Knüppel. Sie wünschte, sie hätte daran gedacht, den ihren mitzunehmen, aber sie hatte ihn bei den Pferden gelassen.
Und dann schob sich ein mißgestaltetes Gesicht ins Licht, das aus der Dunkelheit herankroch, als befreie es sich aus etwas. Ein muskulöser Körper folgte. Wren spürte Kälte, die sich in ihrer Magengrube ausbreitete. Was vor ihr stand, war nicht wirklich. Es sah aus wie ein riesiger Wolf mit gesträubten, grauen Haaren, einer dunklen Schnauze und Augen, die im Licht des Feuers glitzerten. Aber es war auch auf groteske Art menschlich. Es hatte die Arme eines Menschen, mit Händen und Fingern, obwohl auch dort überall Haare wuchsen und die Finger in Klauen endeten und mißgebildet und dick voller Schwielen waren. Der Kopf hatte etwas von einem Menschen und war auch so geformt - als habe ihn jemand mit einer Wolfsmaske zusammengefügt und wie Ton bearbeitet, um ihn passend zu machen.
Das Lebewesen hatte sich zum Feuer hin bewegt und dann wieder davon weg. Seine harten Augen fixierten sie.
Das also war ihr Schatten. Wren atmete tief ein. Das also war das Lebewesen, das sie durch das ganze
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