Shannara V
sie nahe genug waren, um…
Sie wandte sich schnell um und schaute. Dort war nichts. Zumindest nicht innerhalb ihres begrenzten Sichtkreises.
Sie wandte sich wieder um. Sie wußte plötzlich, daß die Wesen warteten, um zu sehen, was sie tun würde, daß sie auskundschaften wollten, wie gefährlich sie sein könnte. Wenn sie lange genug sitzen bliebe, würden sie ungeduldig werden und beschließen, sie zu testen. Sie fragte sich, wieviel Zeit sie hatte. Sie fragte sich, was nötig wäre, um sie zu entmutigen. Wenn die Monster hier schon bei ihnen waren, nur drei Nächte vom Strand entfernt, dann würden sie von jetzt ab jede Nacht auf ihrem Weg landeinwärts da sein, sie beobachten und warten. Und es würden weitere kommen. Es mußte so sein.
Wrens Blut pulste genauso schnell durch sie hindurch wie ihre Gedanken. Gemeinsam waren Garth und sie den meisten Wesen gewachsen. Aber sie konnten es sich nicht leisten, gegen alles zu kämpfen, was ihnen begegnete.
Die Schatten hatten begonnen, sich wieder zu bewegen. Sie waren ruhelos. Sie hörte Murmeln, nicht eigentlich Worte, aber etwas Ähnliches. Sie konnte rund um sich herum Bewegung spüren, etwas anderes als die Schatten, Wesen, die sie nicht sehen konnte. Die Bewohner des Dschungels hatten sie entdeckt und versammelten sich. Sie hörte ein Grollen, leise und drohend. Neben ihr bewegte sich Garth im Schlaf und wandte sich ab.
Wrens Gesicht fühlte sich heiß an.
Tu etwas, flüsterte sie sich selbst zu. Du mußt etwas tun.
Sie wußte, ohne hinzusehen, daß die Schatten jetzt auch hinter ihr waren.
Sie fühlte ein Brennen an ihrer Brust.
Fast ohne es zu wissen, griff sie in ihre Tunika und nahm den Lederbeutel mit den Elfensteinen heraus. Schnell, ohne wirklich darüber nachzudenken, was sie tat, schüttete sie die Steine in ihre Hand und schloß schnell die Finger darüber. Sie konnte spüren, daß die Schatten sie beobachteten.
Nur eine Andeutung dessen, was sie vermögen, sagte sie sich. Das sollte genügen.
Sie streckte ihre Hand vor und öffnete leicht die Finger. Das blaue Licht der Elfensteine glänzte. Es sammelte sich und sein kaltes Feuer strebte in dünnen Streifen vorwärts, um die Dunkelheit zu durchdringen.
Sofort waren die Schatten verschwunden. Sie verschwanden so schnell und so vollständig, als wären sie nie dagewesen. Die Geräusche verstummten im Gebüsch. Die Welt um sie wurde leer, und sie und Garth waren alles, was darin zurückgeblieben war.
Sie schloß ihre Finger wieder und zog die Hand zurück. Die Schatten, was auch immer sie waren, wußten etwas von Elfenmagie.
Ihr Instinkt hatte ihr gesagt, daß es so sein würde.
Sie wurde von einer plötzlichen Bitterkeit erfüllt. Die Elfensteine waren kein Teil ihres Lebens. Darauf hatte sie bestanden. O nein - sie gehörten nicht zu ihrem Leben. Sie gehörten jemand anders, nicht ihr. Wie schnell sie sich das gesagt hatte. Und wie schnell sie auf sie zurückgriff, wenn sie sich bedroht fühlte!
Sie ließ die Steine in ihren Behälter zurückgleiten und schob ihn wieder in ihre Tunika. Die Nacht war friedlich und still, der Dunst war bar jeder Bewegung. Die Wesen, die auf Morrowindl lebten, waren jetzt auf der Suche nach leichterer Beute.
Es war nach Mitternacht, als sie Garth weckte. Es war nichts mehr erschienen, um sie zu bedrohen. Sie erzählte Garth nicht, was geschehen war. Sie wickelte sich in ihren Umhang und lehnte sich an ihn.
Das war lange, bevor sie einschlief.
In der Morgendämmerung machten sie sich erneut auf den Weg. Der Vog lag dicht über den Hängen des Killeshan, und das Licht war dünn und grau. Feuchtigkeit erfüllte die Luft. Sie sickerte durch den Boden, auf dem sie gingen, durchdrang die Kleidung, die sie trugen, und ließ sie erschauern. Nach einiger Zeit begann die Sonne durch den Dunst zu scheinen, und ein Teil der Kälte wurde vertrieben. Ihre Reise ging langsam und mühevoll voran, das Land war uneben und zerklüftet, eine Reihe von Senken und Graten war unter dem wuchernden Dschungel verschwunden. Die Stille der letzten Nacht blieb bestehen, eine düstere Stille, die das Paar aussonderte und Fäden des Unbehagens um sie herum spann.
Am Rande ihres Sichtkreises blieben die Schatten spürbar. Sie waren dort, verstohlen, vorsichtig, eine Versammlung eiliger und formloser Geister, die dort waren, bis man nach ihnen schaute, und dann verschwanden. Garth schien ihre Gegenwart nicht zu bemerken, aber Wren wußte, daß dieser Eindruck täuschte. Wenn sie von
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