Shannara V
hielt den Atem an, als sich das Wasser um sie schloß, atmete dann wieder aus, als sie ihn nicht länger halten konnte, und spürte, wie das Wasser in sie hereinströmte. Sie schrie lautlos auf, ihrer Stimme nicht mächtig. Sie konnte das Gewicht der Elfensteine um ihren Hals spüren. Sie konnte spüren, wie sie zu brennen begannen.
Dann wurde sie von etwas ergriffen, das zu ziehen begann, etwas, das sich zuerst an ihrer Tunika festklammerte und dann an ihrem Körper hinabglitt. Zuerst eine Hand, dann ein Arm - es waren die Griffe eines anderen Menschen. Langsam begann sie wieder aufzusteigen.
Sie kam an die Oberfläche, spuckend und würgend und nach Luft ringend, und hustete das Wasser aus ihren Lungen heraus. Ihr Retter war hinter ihr und zog sie in Sicherheit. Sie legte sich geschwächt zurück und wehrte sich nicht, noch immer wie betäubt von dem Schlag und der Erkenntnis, daß sie fast ertrunken wäre. Sie blinzelte das Wasser aus ihren Augen fort und schaute über den Rowen zurück. Er breitete sich als unruhiges, silbriges Schimmern aus, jetzt leer bis auf die Trümmer, und die Schlange war verschwunden. Sie konnte Stimmen rufen hören - die von Eowen, die der Eule und eine oder zwei andere. Sie hörte, daß ihr eigener Name gerufen wurde. Faun klammerte sich nicht mehr an ihr fest. Was war mit Faun geschehen?
Dann kam auf beiden Seiten das Ufer in Sicht, ihr Retter hörte auf zu schwimmen und stand auf, wobei er sie mit hochzog und sie umdrehte. Es war Gavilan.
»Geht es dir gut, Wren?« fragte er atemlos und erschöpft von der Anstrengung, sie zu schleppen. »Schau mich an.«
Das tat sie, und der Ärger, den sie ihm gegenüber zuvor empfunden hatte, verblaßte, als sie sein Gesicht sah. Sorge und eine Spur Angst spiegelten sich dort wider.
Sie ergriff seine Hand. »Es ist in Ordnung. Alles ist gut.«
Sie atmete die willkommene Luft tief ein. »Danke, Gavilan.«
Er sah überraschend verlegen aus. »Ich habe zwar gesagt, ich sei hier, um dir zu helfen, wenn du Hilfe brauchst, aber ich hatte nicht erwartet, daß du so bald auf mein Angebot zurückkommen würdest.«
Er half ihr, zu der Stelle zu gelangen, wo Ellenroh darauf wartete, sie in ihre Arme zu nehmen. Sie drückte Wren besorgt und flüsterte etwas kaum Hörbares, Worte, die man nicht hören mußte, um sie zu verstehen. Garth war auch da und die Eule, durchnäßt und in bemitleidenswertem Zustand, aber unverletzt. Sie sah, daß der größte Teil ihres Proviantes am Ufer aufgehäuft lag, durchweicht, aber gerettet. Eowen saß zerzaust und erschöpft unter einem Baum und wurde von Dal umsorgt.
»Faun!« rief sie und hörte sofort ein Schnattern. Sie schaute über den Rowen und sah mehrere Dutzend Meter weit entfernt den Baumschreier, wie er sich an ein Stück Holz klammerte. Sie eilte zurück ins Wasser, bis sie fast bis zum Hals darinnen stand, und erst dann gab ihr pelziger Begleiter seine Fahrt auf, schwamm schnell auf sie zu und kletterte auf ihre Schulter, während sie ihn ans Ufer zog. »Nun, nun, Kleiner, du bist jetzt auch in Sicherheit, nicht wahr?«
Kurz darauf stolperte Triss auf den Strand. Eine Seite seines sonnengebräunten Gesichts war bis auf den Knochen zerkratzt, und seine Kleidung war zerfetzt und blutig. Er blieb nur lange genug sitzen, daß die Eule ihn untersuchen konnte, erhob sich dann wieder und ging mit den anderen zurück zum Fluß hinab. Eng beieinander stehend schauten sie über das leere Wasser.
Von Cort oder Stresa war keine Spur zu entdecken.
»Ich habe den Stachel nicht mehr gesehen, seit die Schlange zum letzten Mal auf das Floß eingeschlagen hat«, sagte Gavilan leise, fast entschuldigend. »Es tut mir leid, Wren. Wirklich.«
Sie nickte schweigend. Sie fühlte sich unfähig zu sprechen, denn der Schmerz war zu groß, und stand steif und wie betäubt da, während sie weiter vergeblich nach dem Stachelkater Ausschau hielt.
Zweimal habe ich ihn jetzt verlassen, dachte sie.
Triss bückte sich, um die Riemen an dem Schwert zu befestigen, das er dem Stapel mit den geretteten Sachen entnommen hatte. »Cort ist mit der Schlange untergegangen. Ich glaube nicht, daß er sich noch hat befreien können.«
Wren hörte ihn kaum, denn ihre Gedanken waren finster und brütend. Ich hätte nach ihm sehen sollen, als das Floß sank. Ich hätte versuchen müssen, ihm zu helfen.
Aber sie wußte, obwohl sie anders dachte, daß sie nichts hätte tun können.
»Wir müssen weitergehen«, sagte die Eule leise. »Hier können
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