Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
sie.
    Sie aßen wieder, hauptsächlich, weil es notwendig war. Sie hockten zusammengekauert auf einem kleinen Flecken feuchter Erde, der trockener war als alles um sie herum. Ellenroh schlief, eingehüllt in zwei Decken, wurde von Kälte und Fieber geschüttelt, murmelte von Zeit zu Zeit etwas und warf sich in ihren Träumen hin und her. Wren wunderte sich über die Willenskraft Ihrer Großmutter. Während sie gegen ihre Krankheit ankämpfte, hatte sie ihren Griff um den Ruhkstab nicht ein einziges Mal gelockert. Sie preßte ihn noch immer an sich, als könne sie die Stadt und die Menschen, die in der Magie des Loden eingeschlossen waren, mit ihrem Körper beschützen. Gavilan hatte mehr als einmal angeboten, sie von ihrer Aufgabe, den Stab zu tragen, zu befreien, aber sie hatte sich standhaft geweigert, ihn aufzugeben. Es war eine Last, die sie auf sich genommen hatte, und niemand würde sie überzeugen können, sie abzulegen. Wren dachte darüber nach, was es ihre Großmutter gekostet haben mußte, so stark zu werden - den Verlust ihrer Eltern, ihres Mannes, ihrer Tochter, ihrer Freunde. Mit dem Auftauchen der Dämonen und der Aufgabe der Stadt Arborlon war ihr ganzes Leben umgeworfen worden. Alles, an das sie sich aus ihrer Kindheit auf Morrowindl erinnerte, war fort. Nichts blieb von den Versprechen der Zukunft, außer der Möglichkeit, daß die Elfen und ihre Stadt, durch ihren Entschluß und ihr Vertrauen, vielleicht in einer besseren Welt wiedererstehen würden.
    In einer Welt der Unterdrückung durch die Föderation und der Angst vor den Schattenwesen, in einer Welt, in der der Gebrauch der Magie, wie in Morrowindl, irgendwie mißlungen war.
    Wrens Lächeln kam zögernd und blieb bitter und ironisch.
    Sie erkannte plötzlich die Ähnlichkeiten zwischen den beiden, der Insel und dem Festland, Morrowindl und den Vier Ländern. Sie waren verschieden und doch an derselben Art von Wahnsinn erkrankt. Beide Welten wurden von Kreaturen geplagt, die sich von Zerstörung nährten. Beide waren von einer Krankheit befallen, die die Erde und ihre Lebewesen falsch werden ließ. Was war Morrowindl anderes als die Vier Länder, nur in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfalls? Sie fragte sich plötzlich, ob die beiden irgendwie miteinander verbunden waren, ob die Dämonen und die Schattenwesen irgendeinen gemeinsamen Ursprung hatten. Sie machte sich erneut Gedanken über das Geheimnis, was vor Jahren auf Morrowindl geschehen war und was die Elfen ihr vorenthielten.
    Und sie fragte sich erneut: Was tue ich hier? Warum hat Allanon mich gesandt, die Elfen zurück in die Vier Länder zu bringen? Was können sie tun, was einen Unterschied ausmachen wird, und wie sollen wir jemals entdecken, was das genau ist?
    Sie beendete ihre Mahlzeit und setzte sich eine Weile zu ihrer Großmutter, wobei sie deren Gesicht im schwächer werdenden Licht betrachtete und versuchte, in den gramzerfurchten Zügen irgendeinen neuen Hinweis auf ihre Mutter zu finden, auf die Vision aus jenem lange vergangenen, fernen Traum, in dem ihre Mutter sie gebeten hatte: Erinnere dich an mich. Erinnere dich an mich. Solch eine zerbrechliche Angelegenheit war ihre Erinnerung, und sie war alles, was sie von beiden Eltern hatte, alles, was ihr von ihrer Kindheit geblieben war. Als sie so dasaß, den Kopf ihrer Großmutter in ihren Schoß gebettet, wollte sie eigentlich Garth bitten, ihr etwas mehr über das zu erzählen, was gewesen war, obwohl sie jetzt nicht mehr wirklich erwartete, daß es noch mehr zu erzählen gab. Sie wußte nur, daß sie sich leer und einsam fühlte und etwas brauchte, woran sie sich festhalten konnte. Aber Garth hielt Wache und war zu weit weg, als daß sie ihn hätte herbeirufen können, ohne die anderen zu stören. Innerlich war er auch zu fern, um wahren Trost spenden zu können. Statt dessen berührte sie wie schon so oft die Elfensteine in ihrem Lederbeutel, ließ die Fingerspitzen über ihre harte, glatte Oberfläche gleiten und rollte die Steine müßig unter dem Stoff ihrer Tunika hin und her. Sie waren das Vermächtnis ihrer Mutter an sie und das, worauf ihre Großmutter vertraute. Und trotz ihrer Zweifel darüber, welche Rolle sie in ihrem Leben einnehmen sollten, konnte sie sie nicht aufgeben. Nicht hier, nicht jetzt, nicht bis sie von dem Alptraum befreit war, in den sie so bereitwillig hineingereist war.
    Ich habe dies erwählt, flüsterte sie sich selbst zu, und die Worte klangen verbittert und hart. Ich bin hierher

Weitere Kostenlose Bücher