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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Windstimme.
    Das will ich! schrie sie in der Stille ihres Bewußtseins.
    Sie verlangsamte ihren Schritt und schaute von dem Weg auf, dem ihre Füße gefolgt waren, von der Leere des Bodens. Der Harrow hatte ein anderes Aussehen bekommen, ringsum war Helligkeit und Wärme. Gesichter waren überall um sie herum, seltsam lebendig vor dem Dunst und voller Verständnis für ihre Bedürfnisse. Die Gesichter waren vertraut, da waren Freunde und Mitglieder ihrer Familie, all jene, die sie geliebt und unterstützt hatten, Lebende und Tote, alle wurden sie aus ihrer Vorstellung lebendig. Sie war überrascht, als sie auftauchten, aber auch erfreut. Sie sprach mit ihnen zögernd und neugierig ein oder zwei Worte. Sie schauten in ihre Richtung und antworteten mit einem Flüstern.
    Laß los.
    Laß los.
    Die Worte klangen in ihrem Geist nach wie ein Schimmer von Hoffnung. Sie verlangsamte ihren Schritt und blieb schließlich stehen. Sie wußte nicht mehr, wo sie war, und kümmerte sich auch nicht mehr darum. Sie war so müde. Ihr Leben war durcheinandergeraten. Sie konnte nicht einmal mehr tun, als hätte sie irgendeine Kontrolle darüber. Es ritt sie wie ein Reiter ein Pferd, aber ohne Pause oder Rast ziellos und endlos in die Nacht.
    Laß los.
    Sie blinzelte und lächelte dann. Verstehen durchflutete sie. Natürlich. So einfach war es. Laß die Magie los. Laß los, und die Erschöpfung und die Verwirrung und das Gefühl des Verlustes, das alles wird vorbei sein. Sie mußte nur loslassen, dann würde sie eine Chance haben, erneut zu beginnen, ihr Leben wieder in Besitz zu nehmen und zurückzukehren zu dem, wer und was sie gewesen war. Warum hatte sie das nicht eher erkannt?
    Etwas zupfte warnend an ihr, ein Teil ihres Innersten, der durch die Stimme des Windes überdeckt worden war. Neugierig versuchte sie, es sich zurückzurufen, aber federleichte Berührungen auf ihrer Haut lenkten sie ab. Die Elfensteine brannten auf der Innenfläche ihrer Hand, aber sie achtete nicht darauf. Die Berührungen wurden eindringlicher und fordernder. Sie hob den Blick, um ihren Ursprung zu entdecken. Die Gesichter waren jetzt überall um sie herum, kreisten am Rande der Dunkelheit und des Nebels und nahmen Gestalt an. Sie kannte sie doch! Warum konnte sie sich bloß nicht erinnern?
    Laß los.
    Zur Antwort streckte sie die Hand aus, die die Elfensteine umklammert hielt. Sie war sich dieser Bewegung kaum bewußt, doch eine Spur blauen Lichts drang durch die Ritzen ihrer Finger und vertrieb die Dunkelheit. Sofort waren die Gesichter fort. Sie blinzelte verwirrt. Was tat sie? Warum war sie stehengeblieben? Sie schaute sich erschreckt um, sah die Dunkelheit und den Nebel des Harrow und erkannte, daß sie sich darin verirrt hatte.
    Die Drakuls waren da und beobachteten sie. Sie konnte ihre Gegenwart spüren. Sie schluckte gegen ihre Angst an. Was hatte sie eben gedacht?
    Sie ging weiter und versuchte herauszufinden, was geschehen war. Sie war sich schwach der Tatsache bewußt, daß sie eine Zeitlang den Bezug zu allem verloren hatte und ziellos umhergelaufen sein mußte. Sie erinnerte sich an Bruchstücke ihrer Gedanken. Sie waren wie Fragmente von Träumen beim Aufwachen. Sie hatte gerade etwas tun wollen, dachte sie besorgt. Aber was?
    Die Minuten verstrichen. Weit voraus, hörte sie verloren im Heulen des Windes ihren Namen rufen. Es war dort, drang einen Augenblick lang zu ihr herüber und war dann fort. Sie bewegte sich darauf zu und fragte sich, ob sie noch immer in die richtige Richtung lief. Wenn sie dies nicht bald entscheiden konnte, würde sie die Elfensteine benutzen müssen. Schon der Gedanke daran quälte sie.
    Sie wollte sie nie wieder benutzen. Alles, was sie vor ihrem inneren Auge sehen konnte, war, wie das Feuer über das Monster hereingebrochen war, das einst Eowen gewesen war, und es zu Asche verwandelt hatte.
    Wieder begann sie zu weinen, und wieder hielt sie schnell inne. Das hatte überhaupt keinen Sinn. Bäume ohne Laub und vom Feuer kahlgefressenes Lavagestein breiteten sich vor ihr aus. Der Harrow war eine endlose, unveränderliche Weite und schien sich in die Ewigkeit zu erstrecken. Sie war verloren, glaubte sie, denn sie war irgendwie verwirrt. Sie blieb stehen und sah sich ermattet um. Erschöpfung durchflutete sie, und sie schloß gequält und verzweifelt die Augen.
    Der Wind flüsterte. Laß los.
    Ja, erwiderte sie still, das will ich.
    Der Zauber dieser Worte legte sich um sie wie ein wärmender Umhang, hüllte sie ein und

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