Shannara VII
ihr Lager auf. Sie nahmen stumm ihre Mahlzeit zu sich und sahen zu, wie es dunkler wurde und die Sterne zu leuchten begannen. Als Mitternacht anbrach, standen sie auf, gingen zum Rand des Tals und schauten in seinen von Felsen gesäumten Kessel. Der Hadeshorn schimmerte im Sternenlicht, er wirkte ruhig und unberührt. Vom Tal drang kein Laut herauf. Nichts bewegte sich auf der glatten Oberfläche.
»Ich werde in dieser Nacht fortgehen«, sagte der alte Mann schließlich.
Der Junge nickte, sagte aber nichts.
»Ich werde hier sein, wenn du mich brauchst.« Er hielt inne. »Das wird eine ganze Weile nicht der Fall sein, vermute ich. Aber wenn es soweit ist, mußt du herkommen.«
Der Junge sah ihn unsicher an.
Bremen seufzte; er bemerkte, wie verwirrt Allanon war. »Ich muß dir jetzt etwas erzählen, was ich niemals jemand anderem erzählt habe, auch nicht Jerle Shannara. Setz dich zu mir und höre mir zu.«
Sie setzten sich auf die Bank aus zerklüftetem Fels. Ihre Gestalten hoben sich als Silhouette gegen den Hintergrund der Sterne ab. Der alte Mann schwieg einen Augenblick, während er die Worte in seinem Kopf vorbereitete. Die Linien in seinem Gesicht vertieften sich.
»Jerle Shannara hat bei seinem Versuch, den Dämonenlord zu vernichten, versagt«, sagte er schließlich. »Als er zögerte, das Schwert zu benutzen, als er sich erlaubte, von Selbstzweifeln und Anklagen abgelenkt zu werden, ließ er Brona entwischen. Ich wußte von diesem Versagen, weil ich - auch wenn ich von dem Benutzen meiner Druidenmagie zu geschwächt war, um weitergehen zu können - dem König mit meinem geistigen Auge gefolgt war und so Zeuge dieser Auseinandersetzung wurde. Ich sah, wie er im letzten Moment zögerte, dann versuchte, den Talisman wie eine gewöhnliche Waffe zu benutzen und wie er meine wiederholte Warnung vergaß, auf die Kraft der Magie alleine zu vertrauen. Ich sah, wie sich die dunklen Schatten aus dem Nebel erhoben, als der Umhang des Dämonenlords unter dem letzten Schwerthieb zusammenfiel, und ich wußte, was es bedeutete. Der Dämonenlord und die Schädelträger sind durch die Magie aus ihrer körperlichen Daseinsform vertrieben worden, sie sind wieder dazu verdammt, als dunkle Geister zu existieren. Sie flohen zurück in den Äther - aber sie sind nicht vernichtet.«
Er schüttelte den Kopf. »Es gab keinen Grund, das dem König zu erzählen. Es wäre durchaus nichts gewonnen worden. Jerle Shannara war ein mutiger und findiger Held. Er hat seine eigenen Bedenken und Ängste überwunden, um die Druidenmagie gegen den wohl furchterregendsten Feind in der Geschichte der Vier Länder anzuwenden. Er tat dies unter den unglücklichsten Bedingungen und den grausamsten Umständen, und bis auf eine Sache hat er alles erfüllt, was von ihm erwartet wurde. Es genügte, daß er den Dämonenlord besiegt und aus den Vier Ländern vertrieben hatte. Es genügte, daß die Magie des Schwertes von Shannara die Macht des rebellischen Druiden so vollständig schwächte, daß es Jahrhunderte dauern wird, bevor er wieder Gestalt annehmen kann. In der Zwischenzeit ist genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten, wenn es soweit ist. Jerle Shannara tat, was er konnte, und ich habe mich entschieden, es dabei zu belassen.«
Seine alternden Augen hingen an Allanon. »Aber du mußt von diesem Versagen wissen, denn du bist derjenige, der gegen die Folgen gerüstet sein muß. Brona lebt und wird eines Tages zurückkehren. Ich werde nicht da sein, um mich ihm entgegenstellen zu können. Du wirst es an meiner Stelle tun müssen - oder wenn nicht du, dann einer wie du, einer, den du wählen wirst, so wie ich dich erwählt habe.«
Beide schwiegen und sahen sich lange Zeit nur an.
Dann schüttelte Bremen hilflos den Kopf. »Wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich ihn wählen.« Es war ihm unbehaglich, davon zu sprechen, als würde er nach einer Entschuldigung suchen, seine Meinung doch noch zu ändern, auch wenn er wußte, daß es nicht möglich war. »Ich wünschte, ich könnte noch länger bei dir bleiben, Allanon. Aber ich bin alt, und ich spüre beinahe jeden Tag, wie ich schwächer werde. Der Druidenschlaf genügt nicht mehr. Ich muß eine andere Form annehmen, wenn ich dir in dem bevorstehenden Kampf noch von Nutzen sein will. Verstehst du, was ich sage?«
Der Junge schaute ihn mit dunklen, eindringlichen Augen an. »Ich verstehe es.« Er hielt inne, und das Licht in seinen Augen veränderte sich. »Ich werde dich vermissen,
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