Shannara VII
notwendig gehalten hatte. Denn eine bewusste Handlung war es, glaubte er. Es musste mit Walker zu tun haben, schließlich hatte alles, was sie tat, mit dem Druiden zu tun. War sie gerade mit ihm verbunden, genauso wie Bek auf Shatterstone? Sie hatte während mehrerer Stunden nicht gesprochen und nicht reagiert.
Eine Zeit lang betrachtete er sie, dann verlor er das Interesse. Er beobachtete stattdessen den Weg und hoffte, jemand aus ihrer Gruppe würde auftauchen. Sie konnten nicht alle tot sein, redete er sich ein. Nicht alle. Nicht Quentin. Schließlich besaß er das Schwert von Leah. Verbitterung machte sich in ihm breit, und er seufzte tief. Wem wollte er eigentlich etwas vormachen? Er hatte die Feuerstrahlen und die Kriecher gesehen, und er wusste, man bräuchte eine ganze Armee von Elfenjägern, um aus den Ruinen zu fliehen. Sogar die Magie eines Druiden würde vielleicht nicht ausreichen.
Er lehnte sich an den Hickorybaum und spürte die flache Klinge des Schwertes von Shannara, die gegen seinen Rücken drückte. Das Schwert hatte er ganz vergessen. Im Durcheinander der Flucht hatte er nicht einmal daran gedacht, es als Waffe einzusetzen - aber was war das schon für eine Waffe? Seine Magie erschien ihm in diesem Fall wenig sinnvoll. Und die Wahrheit? Wie kämpfte man mit der Wahrheit gegen Feuer und Eisen? Als normale Waffe wäre es vielleicht zu gebrauchen, aber nicht bei dem, was sich ihnen in den Ruinen entgegengestellt hatte. Er schüttelte den Kopf. Die mächtigste Magie der Welt, hatte Walker ihm gesagt, und er konnte sie nicht einsetzen. Die Magie seiner Stimme war eine bei weitem bessere Waffe. Wenn er nur wüsste, was er jetzt tun sollte…
Diesen Gedanken ließ er unbeendet, denn ihm fielen all die Zweifel und Bedenken ein. Selbst der Einsatz seiner Stimme war gefährlich, wenn diese Gefahr auch noch nicht klar hervortrat. Die Magie war zu mächtig und zu unberechenbar. Er vertraute ihr nicht. Sie war verlockend und verführerisch, und er spürte etwas Trügerisches in ihrem Ruf. Was solche Euphorie und solches Verlangen hervorrief, musste Folgen haben…
Es wurde kalt, und er wünschte sich, er hätte seinen Mantel noch, doch den hatte er im Kampf verloren. Er blickte Ryer Ord Star an, dann zog er ihr den Mantel enger vor der Brust zusammen. Sie zitterte, obwohl sie das wahrscheinlich nicht merkte, und er legte ihr den Arm um die Schulter, um sie zu wärmen. Was würden sie tun, wenn Tamis keinen Überlebenden fand? Wenn die Fährtenleserin nun selbst nicht zurückkehrte? Bek schloss die Augen und verdrängte diese Befürchtungen. Solche Grübeleien halfen ihm jetzt auch nicht weiter. An diesen Dingen konnte er nichts ändern. Er konnte lediglich das Beste aus der Situation machen, so hoffnungslos sie auch aussah.
Offenbar hatte er eine Weile gedöst, denn als Nächstes erinnerte er sich daran, wie er aufwachte, weil sich ihnen jemand näherte. Es waren aber eigentlich gar nicht so sehr die Geräusche, die ihn weckten, sondern das Gefühl der Anwesenheit von jemand anderem. Er hob den Kopf von Ryer Ord Stars Schulter und spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Nichts bewegte sich; trotzdem war da etwas, noch zu weit entfernt, um es zu erkennen, aber es kam auf ihn zu.
Allerdings nicht aus den Ruinen, sondern aus Richtung des Luftschiffes.
Bek richtete sich auf, löste sich von der Seherin, erhob sich und lauschte. Die Nacht war still, abgesehen vom leisen Plätschern des Regens auf dem Laubdach. Bek griff nach dem Schwert von Shannara, zog dann jedoch die Hand zurück. Er trat zur Seite, tiefer in den Schatten. Er spürte die Gegenwart des anderen, als wäre der von einer Aura aus Hitze oder Licht umgeben.
Eine Gestalt in einer Robe tauchte vor ihm auf wie aus dem Nichts, war auf gespenstische Weise plötzlich da. Die Gestalt war klein und schlank und körperlich nicht sehr beeindruckend. Sie trat verhüllt auf die beiden zu, ein Geheimnis, das darauf wartete, gelüftet zu werden. Bek betrachtete die Gestalt fasziniert und konnte sich nicht entscheiden, was er tun sollte.
Innerhalb der Robe hob sich ein Arm und wurde zu Ryer Ord Star ausgestreckt. »Sag mir, was passiert ist«, verlangte eine Frauenstimme sanft, aber doch energisch. »Warum bist du hier? Du hattest Anweisung…«
Erst jetzt bemerkte sie Bek. Er musste sie erschreckt haben, denn sie erstarrte und zog den Arm abrupt zurück. Ihre Haltung veränderte sich, und ihm erschien es, als ob seine unerwartete
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