Shannara VIII
zwischen den Pontons und den Masten hin und her. Sie erhaschte einen Blick auf seinen peitschendünnen Körper und sein hageres Gesicht, als er ins Sternenlicht trat, und überrascht zuckte sie zusammen. Den kannte sie doch? Sie glaubte schon. Erneut schaute sie zu Hunter Predd hoch und gab ihm ein Zeichen, hier auf sie zu warten.
Daraufhin stieg sie wieder ein Stück nach unten, ließ sich leise auf das Deck fallen und versteckte sich im Schatten eines Gestells für Waffen. Die Wachen schauten nicht einmal in ihre Richtung. Sie beobachtete den Mann in der Mitte eine Weile und wartete ab, bis er in ihre Nähe kam und ihr den Rücken zuwandte. Erst dann richtete sie sich auf und ging direkt auf ihn zu. Sie hatte ihn schon fast erreicht, ehe er ihre Anwesenheit spürte und sich umdrehte.
Doch schon hatte sie ihm den Dolch an die Kehle gesetzt, stand neben ihm und sah ihn sich an.
»Da schau einer an, Donell Brae«, sagte sie leise und fasste ihn mit der freien Hand fest am Arm. »Keinen Mucks, bitte. Und immer schön still bleiben.«
Sein zerfurchtes, wettergegerbtes Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Ich hab ihnen gesagt, es wäre eine schlechte Idee, dich auf deinem eigenen Schiff zu lassen, ob nun als Gefangene oder nicht.«
»Sie hätten besser auf dich hören sollen. Aber jetzt hörst du mir zu: Der Große Rote und ich haben uns die Jerle Shannara wieder zurückgeholt. Nur Hawk haben wir verloren, und ich suche jemanden, mit dem ich deswegen abrechnen kann. Ist sie hier?«
Er blinzelte. »Die Hexe? Sie ist an Land unterwegs und sucht nach dem Druiden.« Er warf ihr einen Blick aus den blassblauen Augen zu, die sie recht gut kannte. »Halte dich von ihr fern, Kleine Rote. Sie ist ziemliches Gift.«
Rue Meridian drückte die Klinge tiefer in seine Kehle, und er grunzte. »Was richtiges Gift ist, weiß sie noch nicht. Wer ist sonst an Bord? Hat Aden Kett das Kommando?«
Donell Brae nickte.
»Schlechte Wahl für euch beide.«
»Es ist nicht immer eine Frage der Wahl, Kleine Rote.«
»Stimmt auch wieder. Aber du stehst jetzt vor einer. Tu, was ich dir sage, und du bleibst am Leben.« Sie drückte den Dolch erneut in seinen Hals. »Ich habe dich immer ganz gern gemocht, Donell. Natürlich will ich unsere Freundschaft nicht auf unangenehme Weise beenden.«
Er schluckte. »Was willst du denn?«
»Wer ist außer dir an Bord?«
»So, wie du mir den Dolch an die Kehle drückst, schneide ich mich beim Reden.«
Sie setzte ihm den Dolch aufs Brustbein. »Lass die Hände, wo sie sind. Trägst du Waffen bei dir?«
Er senkte abermals den Kopf und schüttelte ihn. »Waffen konnte ich noch nie ausstehen. Ich bin Pilot, kein Soldat. Das Kämpfen überlasse ich anderen.«
Tatsächlich war er einer der besten Piloten der Föderation, die sie je kennen gelernt hatte. Über der prekkendorranischen Ebene waren sie gemeinsam geflogen. Er war zusammen mit Aden Kett in den Dienst eingetreten, und beide hatten damals als einfache Soldaten bei der Föderation angefangen. Jetzt war er Pilot und Kett Kommandant dieses Luftschiffs. Ihre Mannschaft hatte auf der Fliegende Klage Dienst getan, als Rue Meridian sich mit ihrem Bruder von der Föderation verabschiedet hatte. Das Oberkommando der Föderation hatte Brae und Kett die Schwarze Moclips vermutlich als Belohnung für ihre hervorragenden Leistungen übergeben. Damit hatte man eine gute Wahl getroffen. Aden Ketts Mannschaft gehörte zu den besten Leuten am Himmel.
Sie führte Donell Brae hinüber zu dem Mast, an dem Hunter Predd wartete. Der Flugreiter war heruntergeklettert, weil er sich so besser verbergen und gleichzeitig der Kleinen Roten den Rücken freihalten konnte. Die Wachposten an Heck und Bug hatten offensichtlich nichts bemerkt.
»Also, noch mal - wer ist an Bord?«, drängte sie den Piloten leise.
Er blickte stur vor sich hin. »Der Kommandant, ich und elf Leute von der Mannschaft. Dreizehn insgesamt. Anfangs waren wir fünfzehn, doch zwei wurden als Wache auf der Jerle Shannara gelassen. Wie ich annehme, sind sie tot, oder?«
Sie ging nicht weiter darauf ein. »Und nirgendwo Mwellrets in der Nähe?«
Er schüttelte den Kopf. »Die sind an Land gegangen und jagen den Jungen und denjenigen, der ihn befreit hat, wer auch immer das war.«
Ein Schauder durchlief sie. Dann blickte sie zu der dunklen Gestalt von Hunter Predd, der nahe genug war, um ihre Worte zu hören. »Unterhalten wir uns doch ein bisschen mit Aden Kett, Donell. Keine falschen
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