SHANNICE STARR (German Edition)
»sondern auch ein lausiger Schütze. Selbst aus einem halben Meter Entfernung ist es dir nicht gelungen, mich zu töten. Aber glaube mir, ich werde nicht so nachlässig sein …«
Er hob den Revolver und legte auf Denford Castle an. Catacca und Heart standen bewegungslos im Raum.
»Fallen lassen!«, rief Shannice ihm zu. »Ich meine es ernst! Ich zögere keinen Wimpernschlag, dir eine Kugel zwischen die Augen zu setzen!«
Plötzlich und unerwartet riss Strother Heart seinen Colt hoch und richtete ihn auf M’gomba.
»Du bist der Dreckskerl, mit dem alles angefangen hat!«, schloss der Sheriff messerscharf. »Hast die Bergbausiedlung aufgemischt und Benson abgestochen!« Für Heart schien mit einem Mal klar zu sein, dass nicht Shannice für die Ermordung des Einsiedlers verantwortlich war.
Zwei Schüsse peitschten los und ließen Holz splittern!
»Letzte Chance, die Schießeisen wegzuwerfen oder ins Gras zu beißen!« Von den Einschusslöchern in der Zimmerdecke rieselten Späne. Vom Korridor her wurden hastige Schritte laut. Vier Mormonen eilten in den Raum, um ihrem Anführer beizustehen.
Heart und Catacca ließen die Waffen zu Boden poltern. M’gomba zögerte noch, entspannte aber schließlich den Hahn seines Revolvers und steckte ihn ins Holster.
»Schafft den Sheriff und seinen schwarzen Freund fort und fesselt sie!«, befahl Shannice.
»Das wirst du bedauern, Miststück!«, fluchte Heart. Er ließ sich von den Mormonen ergreifen, leistete aber keinen Widerstand. Düster drohte er: »Meine Stunde schlägt bald.«
»Beten Sie«, erwiderte Shannice, »dass es nicht Ihre letzte ist …«
Maulend wurde Strother Heart abgeführt, Catacca ihm hinterher gestoßen. Shannice senkte ihr Gewehr und ging auf M’gomba zu. Sie spürte, dass von dem Schwarzen keine unmittelbare Gefahr ausging.
»Was also ist mit dir?«, fragte Shannice ihn. »Wie lautet deine Geschichte?«
»Ich bringe den Nigger um!«, kreischte Castle aus dem Hintergrund und machte einige hölzerne Schritte vorwärts. Sein Hand war vorgereckt, als wollte er M’gomba damit erwürgen.
»Schluss damit!«, wies Shannice ihn zurecht und hielt ihn am langen Arm zurück. »Es ist genug gemordet worden! Ich will endlich wissen, was vorgeht!«
Sie wandte sich M’gomba zu. Der Schwarze stand teilnahmslos da. Das meiste Blut auf seinem Gesicht war geronnen, aber immer noch tropfte frisches aus seiner Augenhöhle nach.
»Rede, schwarzer Mann. Du hast unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.«
Die Situation war absurd – aber M’gomba begann zu erzählen …
Natchitoches, Louisiana, 1869
Der Bürgerkrieg lag erst wenige Jahre zurück; das Land war verbrannt und von den Schlachten gezeichnet. Die Eisenbahnverbindungen nach Norden und Westen waren immer noch nicht wiederhergestellt; einzig der Weg zur See war offen, um weiterhin Handel zu treiben. Doch der Krieg hatte die Bedingungen für den Handel immens erschwert. Der Süden mit seinen weiten Plantagen und den endlosen Rinderherden war auf die Sklavenarbeit angewiesen, die Nordstaatler hingegen hatten die Haltung schwarzer Leibeigener verboten und die langjährige, blutige Auseinandersetzung gewonnen.
»Es hat sich nichts geändert.« Batwama saß mit seiner Familie und einigen Freunden an einem Tisch in der kleinen Hütte gleich bei den Baumwollfeldern. »Auf dem Papier haben wir unsere Freiheit zurück. Doch das Land ist groß. Und die Befreier können nicht überall sein.«
»Die Zeit ist auf unserer Seite«, sagte Kotowe, der mit seiner Familie nicht weit entfernt wohnte. »Wir arbeiten jetzt für uns und nicht mehr für unsere Herren.«
Batwama seufzte schwer. Sein Kopf war gesenkt, sein Blick starr auf den Tisch gerichtet.
»Man wird uns in hundert Jahren noch verfolgen«, meinte er traurig. »Für die Weißen sind wir wertlos. Unsere Hautfarbe haftet wie das Brandzeichen eines Aussätzigen an uns.«
»Es geht uns doch gut«, mischte sich Batwamas Frau Nogote ein. Sie schenkte ihrem Sohn M’gomba ein Lächeln und warf auch einen Blick hinüber zu der Wiege, in der der erst zweijährige Bakari lag und schlief. »Die Konföderierten sind besiegt, wichtige Ämter mit Männern aus dem Norden besetzt.«
»Carpetbaggers«, warf Jegepe ein. Er saß am Kopfende des Tisches und bewohnte zusammen mit Kotowe dessen Hütte. »Glücksritter, die hier bei uns Macht und Einfluss erlangen wollen, der ihnen in ihrer Heimat versagt ist. Wir sind denen doch vollkommen egal.«
»Was sind
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