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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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dreiundvierzig Prozent der Bevölkerung.«
    »Heute gibt es präzise Tests.«
    »Wozu wäre das gut?« Seine Stimme erhob sich, brach ab und erstarb. »Ich rettete sie. Brachte sie in ein gutes Zuhause. Das war genug.«
    »Nicht für Sharon. Sie endete nackt, aß Majonäse aus dem Glas. Wieder ein Plan schiefgegangen?«
    Er schloss die Augen, zog eine Grimasse, wurde von Sekunde zu Sekunde älter. »Es war für sie beide am besten.«
    »Das habe ich schon einmal gehört.«
    »Sherry war ein beängstigendes Kind. Ich hatte die Anzeichen von Gewalttätigkeit bei ihr bemerkt von dem Augenblick an, als sie laufen lernte. Es machte mir Angst. Ich dachte nach über den schlechten Samen - die Johnsons stammten von Generationen von Übeltätern ab. Schließlich wurde es klar, dass Hope mit beiden zugleich nicht fertigwerden konnte. Sharon wurde verfolgt und verprügelt. Es eskalierte stetig. Etwas musste geschehen. Als Sherry sie zu ertränken versuchte, wusste ich, dass es Zeit war. Aber Leland durfte nichts davon erfahren. Er hatte sie vollkommen vergessen, sie seit dem Transfer nicht mehr erwähnt. Aber ich wusste: Jede Veränderung der Pläne wäre in seinen Augen ein Beweis, dass meine Art, mit der Situation umzugehen, nicht zum Erfolg führte. Und dann würde er verlangen, dass es so gemacht würde, wie er es wollte.«
    »Was haben Sie ihm gesagt?«
    »Dass Sharon durch einen unglücklichen Zufall ertrunken sei. Das passte ihm sehr.«
    Seine Lippen fingen an zu zittern. Er legte eine manikürte Hand auf den Mund, um den Verlust seiner Selbstbeherrschung zu verbergen.
    »Warum wurde Sharon verbannt?«, fragte ich. »Warum nicht Sherry?«
    »Weil Sherry diejenige war, auf die man aufpassen musste - sie war instabil, eine geladene Kanone. Sie dort draußen unbeobachtet zu lassen war zu gefährlich - für beide.«
    »Das ist nicht der einzige Grund«, sagte ich.
    »Nein. Hope wollte es so. Sie fühlte sich Sherry näher und fand, Sherry brauche sie mehr.«
    »Bestrafung des Opfers«, sagte ich. »Vom herrschaftlichen Haus zu einem Dreckplatz. Zwei geistig Zurückgebliebene als Aufpasser.«
    »Es waren gute Leute«, sagte er. Er fing an zu husten und schüttelte den Kopf hin und her, japste nach Luft. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er musste sich am Tisch festhalten.
    Schließlich konnte er sprechen, aber so leise, dass ich mich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen: »Gute Leute. Sie hatten schon für mich gearbeitet. Ich wusste, dass man ihnen vertrauen konnte. Das Arrangement sollte auch nur vorübergehend sein - um Zeit für Sharon zu gewinnen, bis ich etwas Besseres für sie hatte.«
    »Um ihre Identität auszulöschen.«
    »Um ihretwillen !« Sein Flüstern war scharf und beharrlich. Er legte ein Seidentaschentuch an die Lippen, spuckte etwas hinein.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er. Dann: »Sie hatte das Gesicht ihrer Mutter.«
    »Sherry auch.«
    »Nein, nein. Sherry hatte dieselben Züge. Aber nicht das Gesicht.«
    Wir sagten lange Zeit nichts. Dann plötzlich, als zwänge er sich aus seiner sentimentalen Erstarrung heraus, richtete er sich auf und schnipste mit dem Finger. Der Diener brachte ihm ein Glas Eiswasser und war fort.
    Er trank, räusperte sich, berührte seinen Adamsapfel, schluckte heftig. Zwang sich zu einem Lächeln, aber sah ausgepumpt, besiegt aus. Ein Mann, der in der ersten Klasse durchs Leben gesegelt war und nun merkte, dass die Fahrt nirgendwohin geführt hatte.
    Ich war mit einem Hass auf ihn angekommen und bereit gewesen, ihn weiter zu schüren. Aber mir war jetzt, als müsste ich den Arm um ihn legen.
    Dann dachte ich an die Toten, an die vielen Leichen und sagte: »Aus etwas Vorübergehendem wurde ein Dauerzustand.«
    Er nickte. »Ich suchte immer noch nach einer anderen Möglichkeit, einem anderen Arrangement. Inzwischen bewährten sich Shirlee und Jasper als Gutsbesitzer - erstaunlich. Dann entdeckte Helen die kleine Sharon, machte sie zu ihrem Schützling, fing an, sie zu erziehen, wunderbar zu formen. Ich kam zu dem Ergebnis, dass es nichts Besseres für sie geben konnte. Ich setzte mich mit Helen in Verbindung; wir trafen eine Übereinkunft.«
    »Helen wurde bezahlt?«
    »Nicht mit Geld - sie und ihr Mann waren zu stolz dafür. Aber es gab andere Dinge, die ich für sie tun konnte. Stipendien für ihre Kinder, Aufgabe eines Plans, das Land in Willow Glen an eine Baugesellschaft zu verkaufen. Seit über dreißig Jahren kauft Magna alle landwirtschaftlichen Überschüsse von

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