Coming Home
1
E s war ein grauer, kalter Wintermorgen, und obwohl es erst Halbsieben und draußen noch dunkel war, ahnte Megan bereits, dass dieser Tag nichts Gutes bringen würde. Mit ihrer gewohnten Tasse Kaffee saß sie in der Küche am Tisch, als sie das leise Geräusch der Schlafzimmertür hörte. Sie zuckte zusammen, wusste genau, was ihr jetzt wieder bevorstehen würde.
Am Abend zuvor war sie mit ihrer Nachbarin und Freundin Julie zum Essen ausgegangen, und hatte über der guten Stimmung und der angeregten Unterhaltung völlig die Uhrzeit aus dem Auge verloren. Erst nach Mitternacht war sie nach Hause gekommen, und leise in ihr Bett geschlichen. Ihr Mann Brad hatte wie jeden Abend schnarchend vor dem laufenden Fernseher auf der Couch gelegen, und sie war froh darüber gewesen, hatte ihr dieser Umstand doch unliebsame Diskussionen mitten in der Nacht erspart.
Doch als er jetzt zu ihr in die Küche kam, das Kinn angriffslustig nach vorne gestreckt, war ihr klar, dass es sich nur um einen kleinen Aufschub gehandelt hatte, und er ihr nun, wie immer, eine Szene machen würde.
»War ja mal wieder spät gestern Abend«, begann er dann auch sogleich, und sein Tonfall war wie gewohnt anklagend und aggressiv.
»Wir haben vor lauter Quatschen ein bisschen die Zeit vergessen«, erklärte Megan ruhig.
»Du erwartest doch nicht, dass ich dir das glaube? Ihr werdet doch sicher nicht bis Mitternacht alleine in der Kneipe gesessen haben. Da waren doch garantiert noch irgendwelche Kerle bei euch.«
Es folgten die üblichen Vorwürfe und grundlosen Verdächtigungen, die er in seiner krankhaften Eifersucht jedes Mal vorbrachte, wenn sie es wagte, sich ohne ihn außer Haus zu verabreden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sie nur noch in der Wohnung gesessen und sich um den Haushalt gekümmert. Brad gefiel es überhaupt nicht, dass sie es sich nicht nehmen ließ, ab und zu mit Julie auszugehen, das einzige Vergnügen, das ihr überhaupt noch geblieben war, seit sie mit ihm verheiratet war.
»Wie siehst du überhaupt wieder aus? Musst du dich für die Arbeit so auftakeln?«, fuhr er jetzt fort, »Du willst doch nur, dass dir die Kerle hinterherglotzen.«
»Ich bin ganz normal angezogen, ich kann wohl schlecht im Kartoffelsack in die Firma gehen«, gab sie trocken zurück, »Außerdem habe ich heute ein Gespräch mit dem Chef.«
Ohne darauf einzugehen, setzte Brad seine Angriffe fort, und resigniert fragte sie sich, warum sie sich diese Litanei eigentlich jedes Mal anhörte. Automatisch schaltete sie ab, hörte ihm gar nicht mehr richtig zu. Ihre Gedanken schweiften zehn Jahre zurück, zurück zu dem Tag, an dem sie Brad kennen gelernt hatte.
Damals war sie sechzehn gewesen, jung, dumm und unerfahren. Es hatte ihr imponiert, dass der acht Jahre ältere Brad sie hofierte, er war gutaussehend, charmant und äußerst hartnäckig gewesen. Entgegen allen Einwänden ihrer Eltern hatte sie sich von ihm um den Finger wickeln lassen, und es hatte nicht lange gedauert, bis sie schwanger geworden war.
Für ihre Eltern war es beschlossene Sache gewesen, dass sie heiraten mussten, und obwohl Brad sich anfänglich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte, hatte er irgendwann nachgegeben. Im Nachhinein wünschte Megan, er hätte es nicht getan, denn nur kurze Zeit später hatte Brad sein wahres Gesicht gezeigt. Die Tinte auf der Urkunde war noch nicht richtig trocken gewesen, als er seinen Job verloren hatte, und seitdem hatte er keinerlei Anstrengungen mehr unternommen, sich nach etwas Neuem umzusehen.
»Es reicht doch, wenn du arbeitest«, war sein lapidarer Kommentar gewesen, immer wenn sie ihn darauf angesprochen hatte.
Als sie kurz nach der Hochzeit auch noch herausgefunden hatte, dass er nicht unbeträchtliche Schulden hatte, waren ihre Träume vom Hausfrauen- und Mutterdasein wie eine Seifenblase zerplatzt.
Wenige Monate später war Lisa zur Welt gekommen, und mit schwerem Herzen hatte sie sie tagsüber Brads Obhut überlassen, um für den Lebensunterhalt ihrer kleinen Familie zu sorgen. Doch anstatt froh darüber zu sein, war Brad immer unausstehlicher geworden, er verfolgte sie mit seiner krankhaften Eifersucht und ließ keine Gelegenheit aus, um ihr Vorwürfe zu machen. Lisa war der einzige Grund, warum sie überhaupt noch bei ihm war, die inzwischen Zehnjährige hing sehr an ihrem Vater. Wenigstens in dieser Hinsicht erfüllte Brad seine Pflicht; während er im Haushalt keinen Finger rührte, so kümmerte er sich zumindest einigermaßen
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